Stolpersteinverlegung in Neukölln - zur Erinnerung an den jüdischen Kaufmann Gustav Pintus

Pressemitteilung vom 13.06.2023

Am Freitag, den 23. Juni 2023, wird gegen 14:50 Uhr ein Stolperstein in der Emser Straße 138 ins Straßenpflaster von Neukölln eingelassen. Mit diesem Stein erinnern wir an den jüdischen Kaufmann Gustav Pintus. Der Stolperstein wird durch den Künstler Gunter Demnig eingebracht. Die Verlegung wird von der Patin der Steine begleitet.

Gustav Pintus wurde am 26. November 1891 im kleinen Dorf Chmielno in der Gemeinde Kartuski im heutigen Polen geboren. Über seine Kindheit und Jugend ist nichts bekannt, auch weshalb er nach Berlin übersiedelte ist unklar. Gustav war Kaufmann. Ab 1938 wurde er zur Zwangsarbeit im Tief- und Straßenbau eingezogen und musste ab 1940 im Elektrizitätswerk als Kohlenarbeiter arbeiten. In einem Brief von 1947 an seinen Vetter Arthur Abrahamsohn beschreibt Gustav, dass Ende Februar 1943 nun auch die letzten Juden plötzlich von den Arbeitsstellen abgeholt wurden. Er selbst und zwei andere Männer wurden von ihrem Vorarbeiter gewarnt, dass diese am darauffolgenden Tage von der Arbeit deportiert werden sollten. Er habe ihnen zur Flucht geraten und sie gehen gelassen.

Gustav ging, nur mit dem was er bei sich trug und ohne noch einmal in seine Wohnung zurückzukehren, zu Minna Grundmann, welche er durch Heta kannte. In welchem verwandtschaftlichen Verhältnis Heta zu Gustav Pintus stand, ist nicht bekannt. Minna Grundmann, die zwei Jahre jünger als Gustav war, lebte in Berlin Charlottenburg. Sie war Christin und vor Kriegsbeginn mit einem jüdischen Zahnarzt aus Gustavs Bekanntenkreis verlobt, welcher jedoch eines natürlichen Todes starb. Sie nahm Gustav Pintus 1943 in ihrer Wohnung auf und half ihm, sich bis Kriegsende bei ihr zu verstecken. Sie teilte ihre Lebensmittelmarken mit ihm und bei Fliegeralarm nahm Minna Gustav mit in den Bunker. Um unerkannt zu bleiben und vor den Nachbarn nicht als unverheiratet zusammenlebendes Paar aufzufallen, verkleidete sich Gustav als alte Frau mit Kopftuch. Auf Nachfragen antwortete Minna dann, dass diese alte Dame Besuch aus ihrer alten Heimat Dortmund sei.

Minna und Gustav heirateten am 13. September 1947 in Dortmund-Hörde. Zusammen eröffneten sie ein Tricotagengeschäft in Berlin-Charlottenburg. Auch die Lust am Reisen verband die beiden, sodass sie selbst im Alter noch einige Urlaube verbrachten, wovon sie eine ihrer Reisen sogar bis nach Los Angeles zog. 1968 zogen die beiden nach Bad Oeynhausen. Die letzten Jahre verbrachte Gustav, immer noch gemeinsam mit Minna Pintus, in einer Seniorenresidenz in Kassel, in der er am 30. März 1975 starb. Zwei Jahre später verstarb auch sie.

Jeder Mensch kann einen Stolperstein stiften. Stolpersteine erinnern an Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt oder ermordet wurden. 120 Euro ermöglichen die Herstellung und Verlegung eines Stolpersteines. Für den Bezirk Neukölln koordiniert das Museum Neukölln die Stolpersteinverlegungen.

Kontakt: stolpersteine@museum-neukoelln.de ,
Tel. +49 (0)30 627 277 -721/-722.
Weitere Informationen unter www.stolpersteine-berlin.de.