Die 36. Große Strafkammer des Landgerichts Berlin – Wirtschaftsstrafkammer – hat heute fünf Angeklagte im Alter von 44 bis 57 Jahren u.a. wegen des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern zu jeweils mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Zum Teil wurden die Angeklagten auch der tateinheitlich begangenen gewerbs- und bandenmäßigen Urkundenfälschung sowie der Beschäftigung von Ausländern ohne Aufenthaltstitel und zu ungünstigen Arbeitsbedingungen – bzw. der Beihilfe zu diesen Delikten – für schuldig befunden. Gegen den 50-jährigen Stanislav Z. verhängte die Kammer eine Ge-samtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten; er habe sich zusätzlich wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 128 Fällen strafbar gemacht. Der Angeklagte sei der Hauptverantwortliche für ein illegales Leiharbeitersystem gewesen, mit dem die Angeklagten in den Jahren 2018 bis 2021 zum Teil Gewinne in Millionenhöhe gemacht hätten. Allein gegenüber dem Angeklagten Stanislav Z. wurde die Einziehung von sieben Millionen Euro angeordnet, die dieser durch die Taten erlangt haben soll.
Die Angeklagten hätten Menschen aus Nicht-EU-Staaten wie z. B. der Ukraine angeworben, sie mit gefälschten EU-Ausweisdokumenten ausgestattet und sie anschließend illegal in Deutschland beschäftigt. Die Arbeiter seien an zum Teil große Unternehmen im Niedriglohnsektor wie der Lagerhaltung und Kommissionierung überlassen worden. Sie seien in den baltischen Staaten, vor allem in Estland, angemeldet worden, obwohl sie dort nie gearbeitet hätten. Durch die geringeren Sozialversicherungsbeiträge dort hätten Umsatz und Gewinne in Deutschland maximiert werden können, so der Vorsitzende der Kammer heute in seiner mündlichen Urteilsbegründung. Allein im Tatzeitraum sei ein Umsatz von 30 Millionen Euro erreicht worden, mehr als 1000 Menschen seien in ganz Deutschland beschäftigt worden. Durch schlechte Arbeitsbedingungen (kein Urlaubsanspruch, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Abzüge für Transport- und Unterkunftskosten) und strikte Strafzahlungen seien die Leiharbeiter diszipliniert worden. Ein Geflecht aus verschiedenen Überlassungs- und Verwaltungsunternehmen im In- und Ausland habe der Verschleierung der kriminellen Machenschaften der Bande gedient. Dem deutschen Steuerzahler sei durch die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen in Deutschland ein Schaden in Höhe von sechs Millionen Euro entstanden.
Gegen einen weiteren Angeklagten, einen 63-jährigen Steuerberater, wurde heute wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt eine Bewährungsstrafe verhängt. Drei weitere, ursprünglich mitangeklagte Männer wurden bereits am 24. Mai 2023 für ihre Beteiligung an den Taten zu Freiheitsstrafen verurteilt, deren Vollstreckung in zwei Fällen zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Dem Verfahren lagen umfangreiche Ermittlungen der Bundespolizei, des Zolls und der Steuerfahndung zu Grunde. Die Hauptverhandlung hatte am 8. Februar 2023 begonnen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden. Die schriftlichen Urteilsgründe werden erst in einigen Monaten vorliegen.
Aktenzeichen: 536 KLs 12/22
Lisa Jani
Sprecherin der Berliner Strafgerichte