Der für Staatsschutzsachen zuständige 6. Strafsenat des Kammergerichts hat heute die mittlerweile 31-jährige deutsche Staatsangehörige Mandy B. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Verletzung der Erziehungs- und Fürsorgepflicht in zwei Fällen sowie Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Angeklagte verbleibt in Untersuchungshaft.
Nach den Feststellungen des Senats reiste die Angeklagte im Oktober 2016 gemeinsam mit ihren beiden damals zwei bzw. einjährigen Söhnen nach Syrien aus und schloss sich dort der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) an. Die Ausreise habe sie zusammen mit ihrem nach islamischen Recht angetrauten Ehemann geplant. Ihr Ehemann, der der Angeklagten später gemeinsam mit seiner Zweitfrau gefolgt sei, habe sich in Syrien der Vereinigung als IS-Kämpfer angeschlossen. Die Angeklagte habe sodann die Rolle der Ehefrau eines IS-Kämpfers eingenommen. Sie habe den Haushalt geführt und ihren Ehemann in seiner radikal-islamischen Einstellung bestärkt und ermutigt. Ihre Söhne habe sie im Sinne der IS-Ideologie erzogen. Im September 2018 habe sie eine Tochter geboren. Die Angeklagte habe außerdem die Verbringung der Kinder ins Ausland nicht gegenüber der Kindergeldstelle angezeigt. Die Auszahlung von Kindergeld sei daher zu Unrecht erfolgt. Dies sei rechtlich als Steuerhinterziehung zu werten.
Seit Dezember 2018 sei die Angeklagte in Syrien in Flüchtlingslagern untergebracht gewesen. Im Oktober 2021 sei die Angeklagten nach Deutschland zurückgeführt worden. Seit dem 7. Oktober 2021 befindet sich die Angeklagte in Untersuchungshaft.
Bei der Strafzumessung hat der Senat die Taten gegenüber ihren Kindern als besonders schwerwiegend gewertet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere nach den Ausführungen eines jugendpsychologischen Sachverständigen, sei aber derzeit nicht von einer Traumatisierung der Kinder auszugehen. Zugunsten der Angeklagten wertete der Senat, dass die Angeklagte geständig und nicht vorbestraft sei. Dem Geständnis der Angeklagten ist eine Verständigung der Verfahrensbeteiligten vorausgegangen. Auch der Aufenthalt der Angeklagten in Flüchtlingslagern und die dort herrschenden erschwerten Lebensbedingungen habe der Senat bei der Bemessung der Strafe berücksichtigt.
Einem Antrag der Verteidigung, die in den Flüchtlingslagern verbrachte Zeit auf die Freiheitsstrafe anzurechnen, ist der Senat nicht gefolgt. Hierfür lägen die rechtlichen Voraussetzungen nicht vor. Zudem sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht davon auszugehen, dass der Bundesrepublik Deutschland eine verzögerte Rückführung zur Last gelegt werden könne, so der Vorsitzende.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Az.: 6 – 1/22
Inga Wahlen
Stellvertretende Sprecherin der Berliner Strafgerichte