Die 10. Große Strafkammer des Landgerichts Berlin hat heute den 46-jährigen Cem K. in einem Indizienprozess wegen Beihilfe zur Brandstiftung auf zwei staatliche Einrichtungen in Berlin zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dem Angeklagten wurde als Bewährungsauflage aufgegeben, 360 Stunden gemeinnützige Arbeiten abzuleisten.
Nach den Feststellungen der Kammer war der Angeklagte ab dem Jahr 2009 Teil einer militanten, staatsfeindlichen Gruppierung, die unter den Namen „Revolutionäre Linke“ und „Revolutionäre Aktionszellen“ fungierte. Die Gruppe habe in den Jahren 2009, 2010 und 2011 vor allem in Berlin mehrere nächtliche Brandanschläge auf Gebäude der öffentlichen Verwaltung und des Wirtschaftslebens verübt sowie vereinzelt Drohschreiben an Politiker verschickt. Dem Angeklagten war ursprünglich von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen worden, an drei dieser Anschläge aktiv beteiligt gewesen zu sein, und zwar an dem Anschlag im Februar 2010 auf das Haus der Wirtschaft in Berlin-Charlottenburg und an den Anschlägen am 27. April 2011 auf das Holztor der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Berlin-Mitte sowie kurz darauf auf die Eingangstür des Amtsgerichts Wedding.
Eine aktive Rolle als Mittäter sei dem Angeklagten jedoch nicht nachzuweisen, sagte der Vorsitzende heute in seiner mündlichen Urteilsbegründung. Auch gebe es keinerlei Beweise für seine sonstige Beteiligung an dem Anschlag vom Februar 2010. Diesbezüglich wurde der Angeklagte daher freigesprochen. Hingegen kam die Kammer zu der Überzeugung, dass der Angeklagte in Bezug auf die Anschläge vom 27. April 2021 die Aufgabe übernommen habe, anschließend ein Bekennerschreiben an mehrere Presseorgane zu verschicken. Diese Selbstbezichtigungsschreiben seien Teil des Programms der Gruppe gewesen, mit denen sie auf ihre politischen Ziele aufmerksam gemacht habe. Die Zusicherung des Angeklagten im Vorfeld der Anschläge, ein solches Schreiben zu verschicken, wertete die Kammer als (einheitliche) psychische Beihilfe zur Brandstiftung. Ohne ein solches Bekennerschreiben wären die Aktionen der Gruppe sonst unbemerkt und damit sinnlos geblieben. Es hätten zwar keine unmittelbaren Beweise gegen den Angeklagten vorgelegen, z.B. seien weder Spuren gefunden worden noch habe es unmittelbare Tatzeugen gegeben. Allerdings hätten die Indizien, die u.a. durch verdeckte Ermittlungsmaßnahmen gewonnen worden seien, die Kammer von der Schuld des Angeklagten hinsichtlich seiner Beihilfehandlung überzeugt, so der Vorsitzende.
Bei der Strafzumessung spielte vor allem der Umstand, dass die Tat mehrere Jahre zurückliegt, eine entscheidende Rolle. Nur deshalb habe sich die Strafe in einem Bereich bewegt, in dem das Gesetz eine Aussetzung zur Bewährung zulasse. Ferner erklärte die Kammer einen Monat der Strafe als vollstreckt, weil es in den Jahren vor der Hauptverhandlung sowohl bei den beteiligten Staatsanwaltschaften als auch beim Landgericht zu rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerungen gekommen sei.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden. Die schriftlichen Urteilsgründe werden erst in einigen Wochen vorliegen.
Aktenzeichen: 510 KLs 22/18
Lisa Jani
Sprecherin der Berliner Strafgerichte