Der für Staatsschutzsachen zuständige 1. Strafsenat des Kammergerichts hat heute den 45-jährigen Raad A. und dessen 22-jährigen Sohn Abbas R. u.a. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland und wegen Kriegsverbrechen gegen Personen verurteilt. Gegen den Vater Raad A. wurde auf Antrag des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt, weil er in diesem Zusammenhang tateinheitlich eines Mordes für schuldig befunden wurde. Sein Sohn Abbas R. wurde darüber hinaus wegen Beihilfe zum Mord zu einer Jugendstrafe von insgesamt fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt, weil er zur Tatzeit zwar schon strafmündig, aber noch unter 18 Jahre gewesen sei.
Nach den Feststellungen des Senats haben sich die beiden Angeklagten im Sommer 2014 in ihrer Heimatstadt Mossul der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) angeschlossen und im Oktober desselben Jahres an der öffentlichen Hinrichtung eines IS-Gefangenen, eines hohen irakischen Staatsbediensteten, teilgenommen. Während der Angeklagte R. den Gefangenen propagandawirksam vor laufender Kamera bespuckt und beschimpft habe, habe der Angeklagte A. den Gefangenen bewacht, bis jener von einem anderen IS-Mitglied mit Schüssen getötet worden sei. Diese Handlungen wertete der Strafsenat – neben der jeweiligen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung – bezüglich des Angeklagten A. als Beteiligung am Mord in Mittäterschaft sowie als Kriegsverbrechen gegen Personen durch Tötung nach dem Völkerstrafgesetzbuch, bezüglich des Angeklagten R. als Kriegsverbrechen gegen Personen durch in schwerwiegender Weise entwürdigende und erniedrigende Behandlung in Tateinheit mit Beihilfe zum Kriegsverbrechen gegen Personen durch Tötung und Beihilfe zum Mord. Soweit den Angeklagten darüber hinaus ein weiterer Fall der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen worden war, war das Verfahren auf die verbliebenen Vorwürfe beschränkt worden.
Der Vorsitzende Richter des Strafsenats sagte heute in seiner mündlichen Urteilsbegründung, die Angeklagten hätten sich zwar nicht gänzlich mit den radikal-religiösen Anschauungen des IS identifiziert, gleichwohl hätten sie die Terroristen im Juni 2014 als Befreier von der damaligen schiitischen Regierung in Mossul empfunden und sich aus Opportunitätsgründen der Organisation angeschlossen, bevor sie im Frühjahr 2015 gemeinsam mit ihrer übrigen Familie nach Europa geflüchtet seien.
Der Generalbundesanwalt hatte in seinem Schlussvortrag abweichend von dem Urteil für den Angeklagten Abbas R. eine Jugendstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten gefordert; die Verteidigung hatte jeweils auf Freispruch plädiert. Die Angeklagten hatten die gegen sie gerichteten Tatvorwürfe bestritten. Entsprechend umfassend gestaltete sich die Beweisaufnahme. Es wurden allein zwanzig Zeugen aus dem Irak gehört. Die Hauptverhandlung erstreckte sich über 164 Verhandlungstage; sie hatte am 22. November 2018 begonnen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden.
Az.: 1 – 3/18
siehe auch PM Nr. 43/2018 vom 13. November 2018
Lisa Jani
Sprecherin der Berliner Strafgerichte