Die 26. Große Strafkammer – Wirtschaftsstrafkammer – des Landgerichts Berlin hat heute den Angeklagten Robert S., ehemaliger Vorstand einer Berliner Aktiengesellschaft (AG) und eines Deutschen Interessenverbandes jeweils im Bereich der Medizinprodukte, u.a. wegen Insolvenzverschleppung, Bankrotts in zwei Fällen, Betruges in sieben Fällen und Untreue in 467 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Ferner wurde die Einziehung von fast zwei Millionen Euro angeordnet, die der Angeklagte aus den Taten erlangt haben soll.
Nach den Feststellungen des Gerichts hat der inzwischen 63-Jährige es ab 2016 entgegen seiner Verpflichtungen als Vorstand der AG trotz eingetretener Zahlungsunfähigkeit versäumt, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens für die AG zu beantragen. Schon 2013 habe er zudem begonnen, Jahresabschlüsse zu fälschen, um den Eindruck zu erwecken, das Unternehmen habe höhere Umsatzerlöse erzielt. Mit Hilfe dieser geschönten Zahlen habe er dann in insgesamt sieben Fällen einzelne Anleger betrügerisch zum Kauf von Aktien bewegt. Dabei sei der Angeklagte mit außerordentlicher Dreistigkeit vorgegangen, so die Vorsitzende Richterin in ihrer heutigen Urteilsbegründung. Den Anlegern seien dadurch Schäden von jeweils bis zu fast anderthalb Millionen Euro entstanden. Schließlich habe der Angeklagte zwischen März 2017 und Januar 2019 veranlasst, dass Geldbeträge, die eigentlich der AG zugestanden hätten, zugunsten des von ihm geleiteten Interessenverbandes verbucht worden seien. Auf diese Art habe er fast vier Millionen Euro beiseitegeschafft, die dann nicht den Gläubigern der AG zur Verfügung gestanden hätten. Das auf das Konto des Vereins umgeleitete Geld habe der Angeklagte dann zum Teil für sich verwendet, um damit seine hohen Lebenshaltungskosten zu bestreiten. In 467 weiteren Fällen habe er zwischen Januar 2014 und August 2017 unter Missbrauch seiner Kontovollmachten Gesellschaftsvermögen der AG direkt für private Zwecke (Reisen, Bälle u.a.) abgezwackt.
Der Verurteilung liegt eine Verständigung im Sinne des § 257c StPO zu Grunde. Das bedeutet, dass die Verfahrensbeteiligten – Gericht, Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Angeklagter – in der Hauptverhandlung übereingekommen waren, dass der Angeklagte im Falle eines Geständnisses mit einer Gesamtfreiheitsstrafe zwischen vier Jahren und sechs Monaten und fünf Jahren und sechs Monaten zu rechnen hat. Der Angeklagte hatte daraufhin ein umfassendes Geständnis abgelegt. Daneben waren einige Anklagepunkte aus prozessökonomischen Gründen eingestellt worden. Sie wären aus Sicht der Kammer und der Staatsanwaltschaft im Rahmen der Bildung einer Gesamtstrafe nicht wesentlich ins Gewicht gefallen.
Die Fortdauer der Untersuchungshaft wurde angeordnet. Bei dem Angeklagten bestehe weiterhin Fluchtgefahr, so die Vorsitzende der Kammer heute.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden.
Aktenzeichen: 526 KLs 13/20
Lisa Jani
Sprecherin der Berliner Strafgerichte