Der Präsident des Kammergerichts Dr. Bernd Pickel hat sich gestern am späten Nachmittag in der öffentlichen Sitzung des Rechtsausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses zu den bisher vorliegenden Erkenntnissen über den Trojaner-Angriff auf das Kammergericht und zu den Plänen zur Wiederherstellung des Computernetzes ausführlich geäußert. Die wesentlichen Inhalte möchten wir noch einmal zusammenfassen:
Es sind auch weiterhin keine Hinweise auf Verschlüsselungsaktivitäten oder auf einen Verlust bzw. Abfluss von Daten gefunden worden. Im Vorfeld des Angriffs gab es keine Hinweise darauf, dass die bisherige Computerausstattung des Kammergerichts Angriffe mit einer Schadsoftware wie „Emotet“ möglich machen bzw. begünstigen könnte. Das Kammergericht war mit einer professionellen Antivirensoftware ausgestattet, die dem letzten technischen Stand entsprach. Die Prüfung durch den Hersteller ergab, dass es aktuell und korrekt betrieben wird. Alle erforderlichen Software-Updates und Supports wurden regelmäßig durchgeführt.
In Absprache mit der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung und mit dem ITDZ hat das Kammergericht in der Vergangenheit mit seiner Computerabteilung ITOG dem Modernisierungsprozess der SBC-Umgebung der Amtsgerichte und des Landgerichts Vorrang eingeräumt, um zunächst die mit einer viel größeren Anzahl von Gerichtsverfahren befassten Amtsgerichte und das Landgericht im Interesse der gesamten ordentlichen Gerichtsbarkeit technisch auf den neuesten Stand zu bringen. Das Kammergericht stand deshalb bewusst und in Absprache mit allen beteiligten Stellen am Ende dieses Modernisierungsprozesses, der aber auch beim schon beim Kammergericht begonnen hatte.
Die forensischen Untersuchungen zu dem Angriff der Schadsoftware „Emotet“ werden in Kürze abgeschlossen sein. Über die diesbezüglichen Erkenntnisse werden wir nach Abschluss aller Untersuchungen unterrichten, soweit es der Schutz unseres Computersystems vor neuen Angriffen gestattet, Einzelheiten dazu mitzuteilen.
Zur Verbesserung des provisorischen Dienstbetriebes haben wir die Zahl der sogenannten „Notfall-PCs“ inzwischen auf 60 verdoppelt, mit denen insbesondere die Geschäftsstellen und die Richterschaft Zugriff auf das Fachverfahren AULAK für die Zivilgerichtsbarkeit haben und zusätzlich über einen Internetzugang recherchieren können. In dieser Woche haben wir ferner die ersten Abteilungen des Kammergerichts mit neuen E-Mail-Adressen ausgestattet.
Zusätzlich wird ab morgen im Kammergericht ein sogenannter „Schleusen-“ bzw. Transfer-PC aufgebaut, mit dem die Mitarbeitenden erstmals seit dem Trojaner-Angriff wieder auf eine sicherheitstechnisch unbedenkliche Weise Daten in die gesicherte IT-Umgebung importieren und damit arbeiten können. Die gleiche Technik wird auch den Angehörigen des Landgerichts Berlin und der Berliner Amtsgerichte zur Verfügung gestellt werden, nachdem gestern auf Anordnung des Präsidenten des Kammergerichts für das SBC-Netz die USB-Ports für Sticks und andere externe Speichermedien unverzüglich gesperrt werden mussten. Dies war im Sinne der Empfehlungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zur Erhöhung der Sicherheitsstandards auch für die übrigen Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit erforderlich geworden.
Die Arbeitsfähigkeit des Kammergerichts und seiner IT-gestützten Verfahren werden so wiederhergestellt bzw. eingerichtet werden, wie es den Sicherheitsanforderungen unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem erfolgten Angriff auf das Computersystem entspricht. Dazu wird das Kammergericht künftig – wie die übrigen Gerichte der Berliner ordentlichen Gerichtsbarkeit auch – zum ITDZ gehören. In diesem Zusammenhang wird die eigentlich erst für die Einführung der E-Akte geplante Anschaffung von Laptops mit einer VPN-Technik vorgezogen, damit Mitarbeitende mit sicherer elektronischer Technik nicht nur im Gericht, sondern natürlich auch zuhause arbeiten können.
Bei Rückfragen:
Thomas Heymann
(Tel: 030/9015-2290)