Die 35. Große Strafkammer des Landgerichts Berlin – Schwurgerichtskammer – hat heute einen 27-jährigen Mann vom Vorwurf des Totschlags des Pfarrers der katholischen französischsprachigen Gemeinde in Berlin-Charlottenburg wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen. Zwar hat der Angeklagte nach Überzeugung der Kammer den Gemeindepfarrer am 22. Februar 2018 im Gemeindebüro des Pfarrhauses in der Schillerstraße durch Schläge mit Holzfiguren und einem Blumenkübel auf den Kopf getötet. Er sei jedoch bei der Begehung der Tat aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht einsichts- und steuerungsfähig und damit im Sinne des § 20 Strafgesetzbuch nicht schuldfähig gewesen. Die Kammer hat sich damit dem Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen angeschlossen. Wer ohne Schuld handelt, kann nach dem deutschen Strafgesetzbuch nicht bestraft werden.
Die Kammer hat gleichwohl die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 Strafgesetzbuch angeordnet. Bei der dafür erforderlichen Abwägung, ob die strengen Voraussetzungen der Vorschrift vorliegen, hat der Vorsitzende auch auf die „enorme Aggression“ und den „absoluten Vernichtungswillen“ des Angeklagten bei der Tat abgestellt. Ohne Zweifel sei dem Angeklagten eine negative Prognose auszustellen. Es bestehe ein hohes Rückfallrisiko. Trotz zwischenzeitlicher Behandlung gehe weiter eine Gefahr von dem Angeklagten aus, so dass die Unterbringung gerechtfertigt sei.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden.
Die einschlägigen Vorschriften des Strafgesetzbuches lauten:
§ 20
Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
§ 63
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. (…)
Aktenzeichen: 535 Ks 7/18
Lisa Jani
Sprecherin der Berliner Strafgerichte