Vorstellung der Kinderfreizeiteinrichtung "Känguruh"

Känguruh Kletterturm

„Du darfst nicht ins Känguruh gehen“, hatte das Nachbarskind gesagt und entsetzt geguckt. „Da sind Eltern verboten!“ Zum Glück gelten für Pressestellenmitarbeiter*innen, die Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen im Bezirksticker vorstellen möchten, aber nochmal andere Regeln als für andere Eltern.

Als das „Elternverbot“ angesprochen wird, lacht die Einrichtungsleiterin Christina Scholze. „Ja, so sagen das die Kinder gern. Wir sind ein ‚elternfreier Raum‘ – das ist für die Kinder und uns wichtig. Den Eltern erklären wir dieses Konzept in Elternbriefen sehr genau.“ Für die Entwicklung der Selbstständigkeit der Kinder sei dies sinnvoll. Denn die Anwesenheit der Eltern schränke die Kinder im natürlichen Spiel ein. Vor der Corona-Pandemie gab es einen Familientag in der Woche, zu dem auch Eltern und kleinere Geschwisterkinder in die Kinderfreizeiteinrichtung in der Konitzer Straße in Friedrichshain kommen konnten. Aufgrund der Infektionsschutzbestimmungen entfällt dieser bis auf Weiteres. Dafür gibt es Anfang Oktober eine Familiennacht. Diese Familienangebote geben den Eltern die Möglichkeit, zu sehen, wo die Kinder ihre Freizeit nach der Schule verbringen und was sie mitaufgebaut haben.

Das Känguruh, die letzte Kinderfreizeiteinrichtung des Bezirks ist, die noch in kommunaler Trägerschaft ist, also vom Jugendamt des Bezirks betrieben wird, eröffnete am 4. September 1997. „Inzwischen betreuen wir hier die vierte Kindergeneration“, erklärt Christina Scholze, die die Einrichtung von Beginn an leitet. „Einige der Kinder, die Ende der 90er hier gespielt haben, haben jetzt selbst Kinder, die uns besuchen.“ Viele der ehemaligen Känguruh-Kinder entwickeln sich beruflich in die soziale Richtung. Die Einrichtung bekommt immer mal wieder Praktikumsanfragen von ihnen. „Das spricht natürlich sehr für ihre Erfahrungen, die sie hier gemacht haben. Sie haben tolle Erinnerungen an ihre Zeit hier“, berichtet die Entwicklungspädagogin, nicht ohne Stolz.

Großer Garten mit Abenteuerspielplatz

Vier feste Mitarbeiter*innen sowie Honorarkräfte und Praktikant*innen bieten Kindern ab der Einschulung bis zum 15. Geburtstag im Rahmen der offenen Arbeit jeden Nachmittag zahlreiche Projekte und Freizeitangebote. Der Schwerpunkt liegt dabei im selbstständigen Spielen und Aktivwerden – in der Holzwerkstatt, im MaIraum, beim Töpfern, beim Klettern und vor allem im großen Garten. „Die Kinder sollen sich selbst ausprobieren. Sie dürfen hier alles machen, mit ein paar einfachen Regeln – und das funktioniert.“

Beeindruckend ist der riesige verwunschene Garten hinter dem Flachbau, der im vorigen Leben mal eine Krippe war. Zwischen Obstbäumen und wildem Grün gibt es auf der weitläufigen Fläche einen Abenteuerspielplatz („Alles selbstgebaut.“) mit Klettertürmen, Hängebrücken, Bühne, Seilbahn, Wasserspielplatz und Rutschen. Vor fünf Jahren kam im Hof im Rahmen einer Sanierung noch ein kleiner Turnhallenbau mit Boulderwand, Box-Ecke und weiteren Angeboten hinzu.

Kinder entscheiden über ihre Freizeitgestaltung

Schwerpunkte der Angebote und Aktivitäten sind Sport und Bewegung, Umweltbildung und künstlerisches und handwerkliches Arbeiten. Aber auch Kochen und Backen können die Kinder dort nachmittags lernen. Die Kinder können hier über ihre eigene Freizeit verfügen und entscheiden, was sie damit anfangen wollen. „Wir stellen fest, dass Kinder, schon im Grundschulalter, viel zu viele feste Termine haben, bei denen sie anwesend sein müssen.“ Das Känguruh ist das Gegenteil. Die Kinder kommen spontan, müssen sich nicht vorher anmelden und können vor Ort entscheiden, was sie machen möchten.

Die Einrichtung öffnet mittags um 12.30 Uhr. Stoßzeit ist zwischen 16 und 18 Uhr. Täglich kommen zur Zeit nach Schulschluss rund 60 Kinder ins Känguruh, um dort ihren Nachmittag zu verbringen. Es gibt viel Stammpublikum. Viele Kinder bringen ihre kleineren Geschwister mit, sobald diese eingeschult sind. Daher wird auch viel altersübergreifend gespielt. Christina Scholze und ihre Kolleg*innen kennen sie alle mit Vornamen. „Wir sprechen viel mit den Kindern, also wissen wir auch, was zu Hause los ist – oder in der Schule. Wir können sie im Spiel beobachten und sehen ihre Entwicklungen.“ Auch Elterngespräche führt das Team.

Jährliche Ferienfahrten und Wandel im Kiez

Ein weiteres Element der pädagogischen Arbeit sind seit jeher die Ferienfahrten. Das Team fährt gemeinsam mit 25 Kindern für eine Woche nach Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern. „Bei der Reise üben wir das Leben in der Gemeinschaft noch intensiver. Es geht darum sich einzubringen, Kompromisse zu finden und das Zusammenleben mit Groß und Klein zu gestalten.“

Als positive politische Entwicklung sieht die Einrichtungsleiterin das neue Berliner Jugendfördergesetz. Damit stehen Kinderfreizeiteinrichtungen, wie dem Känguruh mehr finanzielle Mittel zur Verfügung. Christina Scholze hofft, dass diese Etats nicht corona-bedingt wieder gekürzt werden.
Natürlich spielen auch die Veränderungen der Kiezstruktur eine Rolle in der Arbeit mit den Kindern. „Wir bekommen mit, dass größere Familien aus den Altbauwohnungen hier im Boxhagener Kiez verdrängt werden und in andere Bezirke ziehen müssen. Das ist schwierig für die Kinder, die hier verwurzelt sind.“ Aber auch andere gesellschaftliche Themen sind für die Kinder relevant: „Die Vermüllung, die Touristifizierung – auch das beschäftigt die Kinder hier. Das merken wir in den tJähriäglichen Gesprächen.“ Gemeinsam mit den Kindern machen sie Kiezrunden, auf denen sie Missstände notieren und weitergeben. Christina Scholze trifft sich monatlich mit den anderen sozialen Einrichtungen im Kiez zur Sozialraum-AG, in der diese Themen besprochen werden. Doch auch positiven Wandeln entdeckt das Team unweit der Kinderfreizeiteinrichtung: „Der Pumptrack auf dem RAW-Gelände und die Hochbeete für das Urban Gardening – die gefallen uns sehr!“

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Die Vorstellung der Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung Wasserturm in Kreuzberg finden Sie hier.