Berliner Gedenktafel für Mtoro bin Mwenyi Bakari
Pressemitteilung vom 26.04.2024
Die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erinnert seit dem 25. April mit einer Berliner Gedenktafel in der Fidicinstraße 5, 10965 Berlin-Kreuzberg an den Autor und Dozenten Mtoro bin Mwenyi Bakari (um 1869–1927). Er wird als selbstbewusste Persönlichkeit geehrt, die trotz aller Widrigkeiten mit einer festen Haltung ein Zeichen gegen den durch die Kolonialpolitik verstärkten Rassismus in Deutschland und für die Gleichberechtigung von Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und Religion gesetzt hat. Die von dem Historiker Dr. Ludger Wimmelbücker mit Unterstützung des Vereins Aktives Museum und Berlin Postkolonial initiierte Gedenktafel befindet sich an dem Berliner Wohnort, von dem aus Mtoro Bakari 1905 nach Ostafrika reiste.
Mtoro Bakari wurde um 1869 nahe der Küstenstadt Bagamoyo (Tansania) geboren. Er kam im Juni 1900 nach Berlin, wo er am Seminar für orientalische Sprachen bis 1905 Kiswahili unterrichtete. Zwischen 1909 und 1913 setzte er seine Tätigkeit als Sprachlehrer am Kolonialinstitut in Hamburg fort.
Als gebildeter Muslim und Muttersprachler trug Mtoro Bakari wesentlich zur wissenschaftlichen Arbeit seiner deutschen Kollegen bei, die die Sprache und Kultur der Swahili erforschten. Außerhalb der Institutionen, in denen er beschäftigt war, hielt er Vorträge und debattierte mit christlichen Missionaren über religiöse Fragen. Bekannt wurde er vor allem als Autor der „Sitten und Gebräuche der Suaheli“, die zu einem großen Teil auf seinen Texten basieren und 1981 in Form einer kommentierten englischen Übersetzung erschienen.
Aus heutiger Sicht waren das Seminar für orientalische Sprachen und das Hamburgische Kolonialinstitut Einrichtungen, die durch die Ausbildung von Kolonialbeamten und anderen Deutschen die Durchsetzung der deutschen Kolonialherrschaft förderten, und damit auch die Entwicklung einer auf rassistischen Prinzipien basierenden kolonialen Gesellschaftsordnung. Allerdings glaubte Bakari auch nach seiner Ankunft in Berlin im Jahr 1900 an die Möglichkeit, dass die deutsche Kolonialverwaltung und Maßnahmen wie der Bau von Straßen, Brunnen und Brücken zur Verbesserung der Lebensbedingungen in seiner Heimat beitragen könnten. Der Ausgangspunkt seines gegen die Kolonialherrschaft gerichteten Widerstands war die individuelle Erfahrung mit dem von den beiden genannten Institutionen ausgehenden Rassismus. Mtoro Bakari widersetzte sich den Diskriminierungen konsequent und standhaft, ungeachtet der erheblichen Nachteile, die ihm daraus entstanden. Als Folge davon verlor er sowohl in Berlin
als auch in Hamburg seine Dozentenstelle.
Von einer akademischen Laufbahn ausgeschlossen befand sich Mtoro Bakari seit 1914 in einer prekären Situation. Weitere Diskriminierungserfahrungen folgten. Die Anerkennung der deutschen Staatsbürgerschaft wurde ihm offenbar bis zu seinem Tod im November 1927 versagt. Rückblickend belegt die Lebensgeschichte von Mtoro Bakari die Kontinuität eines strukturellen Rassismus über die deutsche Kolonialherrschaft hinaus und erinnert an die Verpflichtung, die Würde jedes einzelnen Menschen zu achten.
Die Berliner Gedenktafeln sind ein Programm des Landes Berlin, eingebunden in das Förderprogramm Historische Stadtmarkierungen der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die weißen Porzellantafeln werden von der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin hergestellt. Die Organisation der Tafel lag bei dem Verein Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin, der sich seit 2013 bei der Umsetzung des Berliner Gedenktafelprogramms engagiert.
Pressestelle
Daniel Bartsch
komm. Pressesprecher
Christopher Suss
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit