Häusliche Gewalt

Hinter deutschen Wänden

Manchmal sieht man es erst auf den zweiten Blick

Gewalt gegen Frauen und Kinder ist die häufigste Form von Gewalt weltweit und zieht sich durch alle sozialen Schichten. Sie findet meist zu Hause statt, gerade dort also, wo Schutz und Geborgenheit gesucht werden. Die Täter sind häufig Personen, denen die Betroffenen einmal vertraut haben.

Was ist häusliche Gewalt

Häusliche Gewalt wird definiert als jede Verletzung der körperlichen oder seelischen Integrität einer Person, die unter Ausnutzung eines Machtverhältnisses durch die strukturell stärkere Person zugefügt wird. Im Allgemeinen wird darunter die Gewaltanwendung in Ehe- und (Ex-)Partnerbeziehungen verstanden. Ganz überwiegend handelt es sich dabei um Gewalthandlungen von Männern an Frauen. Auch Männer sind betroffen, aber nicht im gleichen Ausmaß.
Häusliche Gewalt umfasst psychische Gewalt wie Drohungen und Erniedrigung, finanzielle und soziale Gewalt wie Isolation sowie körperliche und/oder sexuelle Gewalt bis hin zu Tötungsdelikten. Gewalt im sozialen Nahbereich ist meist kein einmaliges Ereignis, sie wiederholt sich. Häufigkeit und Intensität eskalieren oftmals mit der Zeit.

Ausmaß der häuslichen Gewalt

Die Dunkelziffer ist hoch. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist weltweit ein Drittel aller Frauen einmal im Leben dieser Form der Menschenrechtsverletzung ausgesetzt. Die WHO geht von 800.000 jährlichen Todesfällen weltweit durch häusliche Gewalt aus. Die Grundrechtsagentur (FRA) hat 2014 die Studie Gewalt gegen Frauen-Eine EU-weite Erhebung veröffentlicht. Hiernach gab ebenfalls circa jede dritte Frau an, mindestens einmal körperliche und/oder sexuelle Gewalt seit ihrem 15. Lebensjahr erlebt zu haben. Für die Erhebung der FRA wurden zum Thema Gewalt gegen Frauen in den 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) circa Interviews mit 42 000 Frauen geführt.
Die Studie Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen des BMFSFJ belegt, dass Gewalt gegen Frauen kein Problem sozialer Brennpunkte ist, sondern in allen gesellschaftlichen Schichten stattfindet.

Die kriminalstatistische Auswertung des Bundeskriminalamts (BKA) zur Partnerschaftsgewalt für 2020 zeigt an, dass insgesamt 148.031 Menschen Opfer von Partnerschaftsgewalt waren, davon 119.164 Opfer weiblich. Das sind über 80 % Frauen.
Seit 2011 ermöglicht die Polizeiliche Kriminalstatistik des Landes Berlin Aussagen zu Opfern, welche zur tatverdächtigen Person in einem ehelichen, partnerschaftlichen, familiären bzw. Angehörigenverhältnis stehen. In Berlin wurden im Jahr 2020 insgesamt 16.327 Opfer bei der Polizei registriert. Der Anteil der weiblichen Opfer von partnerschaftlicher/ innerfamiliärer Gewalt lag bei 71,5 %.

Wie wirkt sich häusliche Gewalt aus

Gewalt verletzt und zerstört das Selbstwertgefühl, die sozialen Beziehungen sowie die Lebens- und Arbeitsperspektiven der Betroffenen. Die Frauen erleiden zum Teil schwerste Körperverletzungen. Es kommt zu Vergewaltigungen und versuchten oder vollendeten Tötungen. In vielen Fällen ist für die Betroffenen die Möglichkeit, effektiv zu arbeiten, stark eingeschränkt.
Je länger und je häufiger die Opfer der Gewalt ausgesetzt waren und je früher sie stattfand, desto komplexer können die psychischen und physischen Langzeitfolgen für sie sein. Kinder sind immer Mitbetroffene der Gewalt, sei es indirekt als Zeuge oder als Opfer. Kinder, die in ihrer Familie Gewalt als Konfliktlösungsmuster kennengelernt, Gewalt selbst erfahren oder beobachtet haben, neigen später dazu, selbst Opfer von Partnergewalt zu werden oder selbst gewalttätig zu sein.

Kinder und häusliche Gewalt

Die Kinder sind immer mit betroffen, entweder, weil das Miterleben der Gewalt gegen die Mutter schädliche Auswirkungen hat und/oder weil sie in diesem Kontext oft selbst misshandelt werden. Die Folgen für die Kinder sind vielseitig: Kinder entwickeln Ängste, leiden unter Schlafstörungen, haben Konzentrationsstörungen. Es kommt zu Leistungsabfall in der Schule, erhöhter Aggressivität, Zurückgezogenheit, Niedergeschlagenheit, den Kindern fehlen konstruktive Konfliktlösungsmöglichkeiten. Oft wird häusliche Gewalt von Generation zu Generation weiter getragen.
Um den Kreislauf von (häuslicher) Gewalt zu durchbrechen und die Erziehungskompetenz der Eltern zu stärken, sind effektive Interventions- und Präventionsmaßnahmen erforderlich. Hier setzt die Berliner Interventionszentrale gegen häusliche Gewalt mit dem Präventionsprojekt an Grundschulen an.
Zur Unterstützung der spezifischen Situation von Kindern als Mitbetroffene von Gewalt gibt es in den Frauenhäusern und bei dem Träger Frauenzimmer e.V. einen eigenen Bereich für die Kinder.

Hilfe und Unterstützung

In Berlin gibt es ein engmaschiges Netz von Hilfeangeboten wie Frauenhäuser, Beratungsstellen und Zufluchtswohnungen. Auch Polizei und Justiz sind für das Thema sensibilisiert. Betroffene häuslicher Gewalt, aber auch Familienangehörige oder Kolleginnen und Kollegen können sich unter der Rufnummer 030-611 03 00 bei der BIG-Hotline täglich in der Zeit von 8 – 23 Uhr telefonische Hilfe, Beratung und Unterstützung holen. Die HOTLINE vermittelt den betroffenen Frauen und Kindern auch freie Plätze in den Frauenhäusern. Auch für Kinder, die in der Regel Zeugen und damit Opfer der Gewalt sind, gibt es beim Kindernotdienst eine eigene Notrufnummer: 61 00 61.
Daneben bietet das bundesweite Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen unter der kostenfreien Rufnummer 08000116016 rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr Betroffenen die Möglichkeit, sich zu jeder Zeit anonym, kompetent, sicher und barrierefrei beraten zu lassen.

Der in Kooperation mit BIG erstellte “Berliner Wegweiser für von häuslicher Gewalt betroffene Migrantinnen” gibt einen Überblick über die Beratungsangebote.

Über die Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser kann tagesaktuell die Aufnahmekapazität der Frauenhäuser und Schutzwohnungen bundesweit öffentlich eingesehen werden, wobei die Webseite noch keinen vollständigen Überblick über alle Frauenhäuser und Schutzwohnungen bundesweit bietet. Sie bietet zudem die Möglichkeit, gezielt nach Kriterien wie Barrierefreiheit oder auch der Anzahl der Kinder zu suchen. Die Seite ist in Englischer und Leichter Sprache übersetzt, weitere Sprachen folgen. Unter der Rubrik Öffentlichkeitsmaterial sind ein Erklärvideo zur Handhabung der Seite und Druckvorlagen zum Aushängen der Informationen über das Angebot eingestellt. Die von der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser – ZIF erstellte Webseite bietet auch einen Notausstieg an.

Das Berliner Modell zur Eltern-Kind-Beratung nach häuslicher Gewalt im gerichtlichen Umgangsverfahren (SkF e.V. Berlin) arbeitet in Kooperation mit dem Familiengericht Kreuzberg, bietet ein Anti-Gewalt-Programm und zielt auf das Erarbeiten einer Umgangsvereinbarung, die dem Kindeswohl dient.

Gesetzliche Regelungen

Gesetzliche Regelungen wie das Gesetz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Zuweisung der Ehewohnung bei Trennung (Gewaltschutzgesetz) ermöglichen Schutzanordnungen, z. B. Betretensverbot der Wohnung, Bannmeile, Kontaktverbot zum Arbeitsplatz oder der Kita, Wohnungszuweisung für die Opfer. Das Berliner Polizeigesetz (“Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz -ASOG”) ermöglicht in der akuten Gefährdungssituation eine Wegweisung des Täters. Das Stalkingesetz stellt das unbefugte und beharrliche Nachstellen und Belästigen anderer Menschen auch im beruflichen Umfeld unter Strafe.

Den Bericht Datenlage und Statistik zu häuslicher Gewalt in Berlin der Jahre 2018 und 2019 können Sie per E-Mail bei uns anfordern. Gerne übersenden wir Ihnen den Bericht als Datei.

Datenlage und Statistik zu häuslicher Gewalt in Berlin

  • Fortschreibung Datenerhebung und Statistik häusliche Gewalt 2017

    Berliner Zahlen zum Ausmaß von häuslicher Gewalt in 2017 – Die Datei ist nicht barrierefrei.

    PDF-Dokument (652.4 kB)

  • Datenlage und Statistik zu häuslicher Gewalt in Berlin 2016

    Berliner Zahlen zum Ausmaß von häuslicher Gewalt in 2016

    PDF-Dokument (674.3 kB)

  • Fortschreibung Datenerhebung und Statistik häusliche Gewalt 2015

    Berliner Zahlen zum Ausmaß von häuslicher Gewalt in 2015

    PDF-Dokument (542.3 kB)

  • Fortschreibung Datenerhebung und Statistik häusliche Gewalt 2014

    Berliner Zahlen zum Ausmaß von häuslicher Gewalt in 2014

    PDF-Dokument (542.3 kB)

  • Fortschreibung Datenerhebung und Statistik häusliche Gewalt 2013

    Berliner Zahlen zum Ausmaß von häuslicher Gewalt in 2013

    PDF-Dokument (458.6 kB)

  • Fortschreibung Datenerhebung und Statistik häusliche Gewalt 2012

    Berliner Zahlen zum Ausmaß von häuslicher Gewalt in 2012

    PDF-Dokument (619.5 kB)

Vertiefende Informationen

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Fachkommission häusliche Gewalt

Die im Jahr 2009 gegründete Fachkommission häusliche Gewalt ist ein interdisziplinär besetztes Gremium, in dem Verwaltungen, Strafverfolgungsbehörden und Anti-Gewalt-Projekte zusammenarbeiten Weitere Informationen

Frau sitzt mit geschlossenen Augen auf Treppenstufen mit einer Hand am Kopf

Migrantinnen und Gewalt

Migrantinnen, die von Gewalt betroffen sind, sind häufig mit besonderen Problemen konfrontiert. Ihr Schutz ist ein wichtiger Schwerpunkt in der Arbeit des Berliner Senats. Weitere Informationen

Beratung

Beratung und Unterstützung

In Berlin gibt es ein engmaschiges, vom Berliner Senat finanziertes Netz von Hilfeangeboten wie Frauenhäuser, Beratungsstellen und Zufluchtswohnungen. Weitere Informationen

Link-Tipps/ Literaturtipps/ Materialtipps