Der Kammerchor Bethanien probt dort, wo Rio Reiser noch ganz leise vor sich hinpfeift: Deshalb heißt er eigentlich auch Rios Hammerchor. Seit vier Jahren treffen sich dienstags Soprane, die am liebsten neben Tenören, und Tenöre, die am liebsten zwischen Altistinnen und Bässen stehen, in der Musikschule Friedrichshain-Kreuzberg im Bethanien.
Das alte Gemäuer, das den Mariannenplatz umzäunt, bietet die akustische Herberge für Schuberts Messen, Mozarts Requiem, Kooperationsprojekte mit dem Tonkollektiv HTW Chor oder auch studiosi cantandi Berlin und das eine oder andere Weihnachtsoratorium. 2020 geht es vom Gemäuer mit einer Kiezoper sogar ins Gelände.
Nach den Proben fließen häufig Tränen: Weil die Zwiebel, die zum Kochen benötigt wird, auf der Netzhaut zwirbelt. Wer lieber trinkt als kocht, kann auch noch ein wenig Klavier spielen oder den Tisch decken. Danach wird gemeinsam gegessen und zum Schluss aus dem letzten Loch gepfiffen. Ach nee, das war ja Rio.