Berlin ist eine der artenreichsten Städte in ganz Europa. Oft ist die biologische Vielfalt an den Randbereichen der Stadt mit ihren vielfältigen Freiräumen und geringerem landwirtschaftlichem „Leistungsdruck“ sogar höher als im Umland. Neben den fast 3,7 Millionen Menschen leben hier geschätzt 20.000 Pflanzen- und Tierarten.
Von den in Deutschland vorkommenden Arten sind es in Berlin fast 2.200 von 3.300 Gefäßpflanzen, mehr als 300 von über 550 Wildbienenarten und 185 von 260 Brutvogelarten. Berühmt sind zum Beispiel auch die Berliner Nachtigallen, die mit bis zu 1.700 Brutpaaren vertreten sind. Mit mindestens 43 Winterquartieren und allein 10.000 Übernachtungsgästen in der Zitadelle Spandau, ist Berlin zudem europäische Hauptstadt der Fledermäuse. Die Population der Dachse nimmt zu und auch Feldhasen werden immer öfter im Stadtgebiet gesichtet. Der Biber hält sich in Havel und Spree auf, seit neustem hat er wieder Gesellschaft vom Fischotter. Der Teichmolch laicht in fast allen naturnahen Kleingewässern, auch in den urbanen Parkanlagen.
Dieser Trend bei manchen Arten ist das Ergebnis intensiver Bemühungen des Artenschutzes in Berlin. Allerdings gibt es auch weniger gute Nachrichten, denn leider brechen die Bestände anderer, einst sehr häufiger Arten, immer mehr zusammen. Ursachen sind unter anderem Lebensraumverlust, zu wenig Nahrung, aber auch Lichtverschmutzung, Verdrängung durch invasive Arten tragen unter anderem zur Gefährdung bei. Z. B. gehen die Populationen von Amphibienarten wie Erdkröte und Grasfrosch zurück, weil das Wasser und die Nahrung fehlen. Für die letzten Amphibienvorkommen müssen daher dringend Schutzmaßnahmen erfolgen.
Um diese Vielfalt, also Biodiversität zu sichern nutzt Berlin verschiedene Möglichkeiten sie zu schützen. Einige Arten mit besonderen Ansprüchen werden über Artenschutzprogramme gefördert. Besonders schützenwerte Areale werden in den 43 Naturschutzgebieten (NSG) und den größeren Landschaftsschutzgebieten (LSG), die derzeit immerhin 14 Prozent der Landesfläche ausmachen, geschützt und die menschliche Nutzung eingeschränkt.
Denn auch wenn es in Berlin noch eine große Vielfalt gibt ist diese nicht als selbstverständlich zu betrachten. Lebensraumverlust und Klimawandel, invasive Arten und viele weitere Aspekte sind große Herausforderungen. Vor allem Vogelarten des Offenlandes, also der Wiesen, Weiden und Brachflächen verlieren auch in Berlin zunehmend ihren „Wohnraum“. In einer Großstadt wie Berlin hängt die Biodiversität von den Qualitäten vieler urbaner Lebensräume wie Gärten, Parks und Straßenräumen ab.
In der Regel gilt: Je größer die biologische Vielfalt, desto besser die Anpassungsfähigkeit von Arten und Ökosystemen an sich verändernde Umweltbedingungen. Nur so können die Leistungen der Ökosysteme auch für uns Menschen bestehen bleiben. Naturschutz und der Schutz der Biodiversität ist überlebenswichtig für Menschen – ein Problem ist, dass diese Zusammenhänge komplex und schwer zu kommunizieren sind.
Nicht erst seit der Corona-Pandemie ist klar: Parks und Grünflächen sind unverzichtbar für die Lebensqualität in der Stadt. Die Stadtnatur beeinflusst unsere psychische, physische und soziale Gesundheit einerseits indirekt, beispielsweise durch die Verringerung von Hitzestress, das Binden von Feinstaub oder die Lärmdämmung. Andererseits wirkt das Stadtgrün auch direkt auf unsere Gesundheit. Was eigentlich selbstverständlich scheint, wird nun auch wissenschaftlich immer besser belegt: Menschen brauchen den Kontakt zur Natur. Dabei geht es nicht nur darum, dass eine gesunde Umwelt und intakte Ökosysteme unsere Lebensgrundlage sind. Aktuelle Forschungsergebnisse belegen, dass Menschen besser mit den stadttypischen Stressfaktoren umgehen können, wenn sie einen guten Zugang zu öffentlichen Grünflächen haben. Insbesondere dann, wenn diese den sozialen Austausch fördern. Es wird zudem immer mehr über die positive Wirkung eines biologisch vielfältigen Wohnumfelds für das
Immunsystem bekannt.
Zu einer guten Nachbarschaft zwischen Menschen Tieren und Grün in der Stadt ist es erforderlich auch im Stadtgebiet grüne und brachliegende Flächen mit einem hohen ökologischen Wert zu erhalten und Vögeln und Insekten reichhaltige Nahrungsangebote sowie Versteckt-, Nist- und Überwinterungsmöglichkeiten anzubieten. Bürgerinnen und Bürger können sich beispielsweise dabei engagieren ihre Beleuchtung zu verringern, insektenfreundliche Lichtfarben zu verwenden und ihre Fenster- und Glasflächen durch das Aufbringen von Folien für Vögel sichtbar zu machen.
Mit Respekt und Rücksichtnahme auf andere Lebewesen und ihre Bedürfnisse schaffen wir eine lebenswerte Stadt und können die Vielfalt – von Greifvögeln in Kirchtürmen bis zu seltenen Insekten auf Gründächern – für die Zukunft erhalten. Naturschutz in der Stadt ist für Menschen, Pflanzen und Tiere gleichermaßen wichtig.