Am 28.2.22 erschien der Beitrag der Working Group II zum sechsten Sachbestandsberichts des Weltklimarates (IPCC). Stärker als bisher heben die Forschenden die Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Klima, Ökosysteme inkl. Biodiversität und menschlicher Gesellschaften hervor. Sie verstärkten dabei die interdisziplinäre Zusammenarbeit durch vermehrte Integration der Natur- und Sozialwissenschaften. 1 Der Fokus des Berichtes liegt auf den Risiken, die durch die Interaktionen von menschlichen Gesellschaften, Umweltzerstörung und Klimawandel entstehen. Gleichzeitig thematisiert der Bericht die verbleibenden Möglichkeiten, den Klimawandel zu begrenzen und wie die Anpassung von Ökosystemen und menschlichen Systeme an den bereits unvermeidbaren Wandel gestärkt werden kann. 2 Die dringende Notwendigkeit, die schädlichen Konsequenzen für den Planeten und Generationen von Lebewesen zu verringern, stammt von dem auch in diesem Bericht wiederholt betontem Fakt
der immer stärker werdenden, verkoppelten und oft unumkehrbaren Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme, biologische Vielfalt und menschliche Gesellschaften. 3
In der Pressekonferenz zur Vorstellung des Berichtes bezeichnete der UN-Generalsekretär António Guterres ihn als „[…] ein Atlas des menschlichen Leids und eine vernichtende Anklage gegen die verfehlte Klimapolitik“. 4 Er wählte deutliche Worte, um die Dringlichkeit und Gefahren, die mit der Klimakrise einhergehen, zu konkretisieren: „Fast die Hälfte der Menschheit lebt in der Gefahrenzone – jetzt. Für viele Ökosysteme gibt es kein zurück mehr – jetzt. Die unkontrollierte Verschmutzung durch Kohlenstoff führt die Schwächsten der Welt auf einen Zwangsmarsch ins Verderben – jetzt. Die Fakten sind unbestreitbar. Dieser Verzicht auf Führung ist kriminell“. 5
Wie fortgeschritten die Klimakrise ist, zeigt sich auch an dem verstärkten Fokus des letzten Berichts auf Anpassungsmaßnahmen und auf Guterres‘ Bekanntgabe, dass er sich dafür einsetzt, „dass 50 % der gesamten Klimafinanzierung in die Anpassung fließen“. 6 Dem aktuell vorliegenden Bericht zufolge hat die wachsende öffentliche und politische Sensibilisierung dazu geführt, dass in mindestens 170 Ländern Anpassungsmaßnahmen in die Klimapolitik aufgenommen wurden. 7 Jedoch sind diese in meisten beobachteten Fällen ungenügend und der bestehende Abstand zwischen notwendigen und umgesetzten Anpassungsmaßnahmen wird voraussichtlich größer werden. 8 Zudem sind die bereits bestehenden und die stetig steigenden Verluste und Schäden ungleich verteilt und treffen die weltweit ärmsten und meist gefährdeten Bevölkerungsgruppen. 9
Ein wichtiger Bereich von Anpassung ist Ernährung, Nahrungssicherheit und Landwirtschaft. Dem „Special Report on Climate Change and Land“ des Weltklimarates zufolge wird über 70 % des Erdbodens durch menschlichen Gebrauch (Nahrung, Tierfutter, Rohfasern, Holz und Energie) direkt beeinflusst und ca. 70 % des Süßwasserverbrauches geht alleine auf die Landwirtschaft zurück. 10 Um die Resilienz von Biodiversität und Ökosystemen zu erhalten, ist es jedoch notwendig, dass 30 % bis 50 % des Landes, Süßwassers und Ozeane effektiv konserviert werden. 11
Die Umweltdegradation und die hohen Treibhausgasemissionen, die besonders auf die Produktion tierischer Lebensmittel zurückzuführen sind, bedeuten, dass das vom Weltklimarat verfolge Ziel, die Erderwärmung unter 1,5° C zu beschränken, nur mit einer tiefgreifenden Ernährungsumstellung möglich ist. Die vorwiegend pflanzliche „Planetary Health Diet“, die von der EAT-Lancet Kommission vorgestellt wurde ist ein konkretes Beispiel einer Umstellung, die sowohl Gesundheits- als auch Umweltkosten mindern und zu einer Entschärfung der Klimakrise beitragen könnte. 12
Dazu fordert die Berliner Landestierschutzbeauftragte, dass die Berliner Ernährungsstrategie den Fokus nicht nur auf regionale, ökologische und saisonale Nahrungsmittel setzt, sondern mit einer Umstellung auf eine 100 % pflanzenbasierte Kost in der Gemeinschaftsverpflegung eine der Dringlichkeit der Klimakrise entsprechenden Gegenmaßnahme ergreift. Bildungsprogramme in Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbildung sollten vermehrt gesunde und nachhaltige Ernährung beinhalten und die Umwelt- und Gesundheitsfolgen von Ernährung und anderen Konsumpräferenzen sollten in allen Stadien der Bildungskarriere angemessen thematisiert werden. Die Subvention von tierischen Produkten sollte eingestellt und stattdessen pflanzliche Produkte stärker subventioniert werden. Der aktuelle Bericht des Weltklimarates unterstreicht wiederholt die Dringlichkeit, die Folgen von der Produktion von tierischen Nahrungs- und Konsumgütern nicht nur als ein Tierschutzproblem zu betrachten, sondern auch als
eine der Hauptursachen des Klimakollapses. Durch eine zeitige Übernahme der in naher Zukunft unumgänglichen Ernährungsumstellung könnte/sollte das Land Berlin ein Zeichen der Verantwortlichkeit und Weitsichtigkeit setzen.
Bericht des Weltklimarates zu Schäden und Anpassungsmöglichkeiten an die Klimakrise
Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin
Dr. Kathrin Herrmann
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