Berlins Stadttauben – Infokampagne der Berliner Landestierschutzbeauftragten #RespektTaube

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  • Booklet Respekt Taube

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RESPEKT!

Jib mir nen like,
ick bin doch niedlich.
Zusammenleben?
Könnwa friedlich!

„Ick leb in deiner riesen City und bin doch nich dafür jemacht. Dit is'n hartet Pflaster hier, jib bitte uff mir acht!“

Ebenso wie andere Tiere gehören Stadttauben zu Berlin. Im Vergleich zu Wildtauben kommen sie in teils sehr großen Zahlen vor, weshalb ihnen häufig eine große Anpassungsfähigkeit zugeschrieben wird. Auch wenn das für die verwilderten Haustiere ein Vorteil zu sein scheint, geht damit nicht zwangsläufig ein besseres Leben einher. Im Gegenteil – verwilderten Haustieren wird oft eine sogenannte Maladaption, also eine schlechte Anpassung nachgesagt. Das bedeutet, dass sie trotz oder gerade wegen der einst angezüchteten Eigenschaften Nachteile im Vergleich zur Wildtieren haben (1). Die Einzeltiere betrachtet zeigt sich zum Beispiel, dass sie ihr Gefieder nicht ausreichend pflegen können (2), ungeeignete Brutplätze wählen oder nicht in der Lage sind, artgerechtes Futter zu finden. Oft kommt es zu extrem hohen Populationsdichten, die das Leid der Tiere weiter verstärken. Durch den angezüchteten Brutzwang pflanzen sich die Tiere auch bei zu geringem Nahrungsangebot fort, aber die Jungtiere verhungern – ein immenses Tierleid! Das Leben auf der Straße birgt viele Gefahren. Zum Beispiel verheddern sich die Tauben auf der stundenlangen Suche nach Futter des öfteren in Schnüren, verletzten sich an Vergrämungsvorrichtungen wie scharfen Spikes und verirren sich hinter Abwehrnetzen (3).

Siehe hierzu u.a.:
(1) Gering, E., Incorvaia, D., Henriksen, R., Conner, J., Getty, T., & Wright, D. (2019). Getting back to nature: feralization in animals and plants. Trends in Ecology & Evolution, 34(12), 1137-1151.
(2) Clayton, D. H., Lee, P. L., Tompkins, D. M., & Brodie III, E. D. (1999). Reciprocal natural selection on host-parasite phenotypes. The American Naturalist, 154(3), 261-270.
(3) Zu Abwehrnetzen vgl: VG Berlin, Urteil vom 25.02.2022 (Az. 17 K 174/21).

„Du denkst, ick mach dir krank? Dit is pauschal so jar nich wahr. Ick bin, wie jeder andre Vogel auch, für dich keene besondere Jefahr!“

Stadttauben stellen grundsätzlich keine größere Gesundheitsgefahr für Menschen dar als andere Tiere. Was die Vogelgrippe betrifft, ist es sogar so, dass Tauben im Vergleich zu anderen Vögeln wie Hühnern, Puten oder Wildvögeln, kaum empfänglich für das Virus sind (4).
Natürlich können auch Tauben krank werden, weshalb beim Kontakt mit den Tieren die üblichen Hygienemaßnahmen eingehalten werden sollten. Besonders Menschen mit einem geschwächten Immunsystem sollten vorsichtshalber die Nähe zu erkrankten Tauben meiden. Generell gilt: Fassen Sie kranke und tote Tiere oder deren Exkremente nicht ohne Handschuhe an.
Bei durch Taubenkot verschmutzten Flächen ist Vorsicht geboten. Die im getrockneten Kot befindlichen Erreger werden insbesondere durch Luftaufwirbelungen stark verbreitet und können gesundheitsgefährdend sein. Menschen, die beruflich mit Taubenkot in Kontakt kommen, z.B. bei Reinigungstätigkeiten, müssen mit mikrobiellen Belastungen in unterschiedlichen Ausmaßen rechnen und entsprechende Schutzkleidung, inkl. Atemmaske tragen (5).

Siehe hierzu u.a.:
(4) Sánchez-González, R., Ramis, A., Nofrarías, M., Wali, N., Valle, R., Pérez, M., … & Majó, N. (2021). Infectivity and pathobiology of H7N1 and H5N8 high pathogenicity avian influenza viruses for pigeons (Columba livia var. domestica). Avian Pathology, 50(1), 98-106.
(5) Albrecht A, Schies U, Kämpfer P, Scholbeck R. Gesundheitsgefährdung durch Taubenkot. TIEFBAU, Heft 5/2001 und 3/2002 überarbeitete Fassung vom Februar 2003. Abruf-Nr. 779.

„Früher flog ick für euch Briefe bei Sonne und Jewitter. Zum Glück bin ick den Job nu los, dank Post, Signal und Twitter.“

Die weiße Taube mit einem grünen Zweig im Schnabel gilt seit jeher als Überbringerin von Frieden, die Brieftaube als Übermittlerin wichtiger Nachrichten. Die Geschichte von Mensch und Taube ist viele tausend Jahre alt und hat Höhen und Tiefen erlebt. Es wird vermutet, dass die Taube bereits um 5 000 v. Chr. in Ägypten und Mesopotamien domestiziert wurde. Als Friedenstaube, beim militärischen Einsatz und mit der Zucht auf verschiedene Merkmale und Ausprägungen wurden der Taube besondere Aufgaben auferlegt. Sie lieferte den Menschen Fleisch, Eier und Federn. Es wurde im Laufe der Zeit durch Zuchtmaßnahmen aus der zwei Mal im Jahr brütenden Felsentaube eine Haustaube, die rund ums Jahr (bis zu 6 Mal/Jahr) Eier legt – auch im Winter und bei akutem Nahrungsmangel. Heute ärgern sich viele Menschen über die Tauben in der Stadt; die Friedenssymbolik scheint vergessen. Aber unabhängig davon, ob man den Tauben wohlgesonnen ist oder nicht, darf man ihr keine Schmerzen und Leiden zufügen.
Tierschutz ist als Staatsziel in unserem Grundgesetz verankert.
Tierquälerei wird nicht geduldet!

„Einst brachte ick den Frieden, jetzt ist der Ruhm passé. Ick lebe wild, doch bin ick's ooch? Dein Plattenara von der Spree.“

Felsentauben, deren Verbreitungsgebiet sich von Westeuropa über Südasien und Nordafrika erstreckt und die in den hohen Wänden von Steilküsten perfekte Brutplätze finden, sind die Vorfahren der verwilderten Haustauben, die in unseren Städten leben. In Berlin besiedeln die verwilderten Tiere deshalb heute Fassaden von Altbauten, verwinkelte Dächer und Brücken. Oftmals befinden sich die auserwählten Nistplätze an für die Berliner:innen ungünstigen oder für die Tauben gefährlichen Stellen. Hinzu kommt, dass Stadttauben wahrlich keine Meister im Nestbau sind. Fallen Küken aus Nestern oder verirren sich die flüggen Jungvögel auf der Suche nach dem Weg nach draußen, kann es sehr schnell lebensgefährlich für die Jungtiere werden. Auch bei Baumaßnahmen muss unbedingt darauf geachtet werden, dass keine Nester von brütenden Tauben oder anderen Vögeln verschlossen werden.
Ebenso wie andere Tiere in unserer Stadt haben auch die Stadttauben Respekt und einen Platz zum Leben verdient.

„Man schickte mir zum Wettkampf über Berch und Tal und See. Beim Rückfluch in Berlin jestrandet – wat für 'ne Odyssee.“

Wissenschaftliche Studien zeigen: Das Erbgut von Stadttauben ähnelt dem der lokalen Brieftauben und anderen domestizierten Tauben in der Region (6). Immer wieder berichten aufmerksame Berliner:innen von gestrandeten Brieftauben oder ausgesetzten Hochzeits- und Zuchttauben, die sich den Stadttaubenschwärmen anschließen. Oft finden diese Tiere nicht mehr nach Hause, weil sie sich auf dem Flug verletzt haben oder die ihnen abverlangte Leistung nicht bewältigen konnten.
Brieftauben können – abhängig von der Stärke und Richtung des Windes – eine Fluggeschwindigkeit von 80 bis zu 130 km/h erreichen. Das Auflassen von Tauben bei Hochzeiten oder zu Sportzwecken basiert auf einer Ausnutzung des Sozialverhaltens der standorttreuen Tiere, die mit einem ausgeprägten Orientierungssinn ausgestattet sind. Zusätzlich zu dem hohen Risiko, sich zu verletzten oder gar zu sterben, leiden die Tauben auch unter erheblichem emotionalen Stress. Denn der ohnehin gegebene Rückkehrwille wird oftmals noch dadurch intensiviert, dass die monogam lebenden Tiere voneinander getrennt werden (sog. Witwermethode). Eine weitere, für die Tiere stark belastende Praxis, ist die ist die Separation eines Elternteils von seinen Jungen.

Siehe hierzu u.a.:
(6) Giunchi, D., Mucci, N., Bigi, D., Mengoni, C., & Baldaccini, N. E. (2020). Feral pigeon populations: their gene pool and links with local domestic breeds. Zoology, 142, 125817.

„Ick bin dein kleener Federkumpel, dein Körnerpicker vonna Spree. Du und icke hier – janz friedlich, Berlin City-life, olé!“

Tauben sind nicht nur einfühlsam und flink, sie zählen durch ihre erstaunlichen visuellen, numerischen und Gedächtnisfähigkeiten auch zu den klügsten Tierarten.
An einigen Stellen in Berlin kümmern sich Tierschützer:innen um die liebevollen Tiere, geben rationiert artgerechtes Futter und tauschen ihre Eier gegen Attrappen aus. Zudem bemühen sie sich um eine notfallmäßige Versorgung von verletzten Tieren. Außerdem stehen die Tierschützer:innen den hilfesuchenden Berliner:innen in Taubenfragen oftmals mit Rat und Tat zur Seite – und das komplett ehrenamtlich.
Das Füttern von Stadttauben ist grundsätzlich nicht verboten. Wichtig ist, dass ausschließlich artgerechtes Futter angeboten wird, das von den Tieren zügig und vollständig aufgepickt wird, damit keine Verschmutzungen entstehen. So kümmern sich momentan eine Reihe von Ehrenamtlichen in Berlin um die Versorgung von Stadttaubenschwärmen, was eine zeit- und kostenintensive Aufgabe ist. Wichtig ist auch, dass die Fütterung mit einem regelmäßigen Eiaustausch durch Attrappen einhergeht, um die Populationsgröße der Tauben in Schach zu halten und so die Akzeptanz der Bevölkerung für die Tauben in unserer Stadt zu verbessern und das Tierleid zu verringern.

Um Mensch-Tier-Konflike zu minimieren, die Taubenpopulation zu kontrollieren und das Tierleid zu reduzieren, plant das Land Berlin derzeit ein flächendeckendes tierschutzgerechtes Stadttaubenmanagement, welches unter anderem betreute Taubenschläge beinhaltet.

#RespektTaube

Auch der Deutsche Tierschutzbund macht unter dem #RespektTaube auf das Leid der Stadttauben aufmerksam. Weitere Informationen zur Kampagne des Deutschen Tierschutzbundes: https://www.tierschutzbund.de/aktion/kampagnen/artenschutz/taubenschutz-kampagne/

Weitere Informationen der Berliner Landestierschutzbeauftragten über Stadttauben, inkl. Stellungnahmen finden Sie hier: https://www.berlin.de/lb/tierschutz/tauben/artikel.726849.php

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