Im Bundesland Hessen unterstützen zahlreiche Katzenverbände (1. Deutscher Edelkatzenzüchter-Verband e.V., Int. Cat Fédération, Deutsche/Berliner Pro Kat, Gemeinschaft der Katzenfreunde e.V., u.a.) mit einer gemeinsamen Erklärung zur Umsetzung des § 11 b TierSchG einen Erlass vom 21.6.2002 wonach in der Liste der betroffenen Zuchtrassen u. a. Einzeltiere bei Rex- oder Sphinx-Katzen, bei denen die Tasthaare fehlen oder in ihrer Funktion beeinträchtigt sind, sowie reinweiße Katzen, erfasst werden. Für diese Tiere wird ein klares Zuchtverbot ausgesprochen.
Qualzucht bei Katzen
Scottish Fold
Im Gegensatz zu Hängeohren bei vielen Haustieren wie Hunden oder Kaninchen, die bei extremer Ausprägung zu tierschutzrelevanten Problemen führen, liegt bei der Scottish Fold, mit ihren nach unten gefalteten Ohren, eine schwere Erbkrankheit vor, die Osteochondrodysplasie. Dieser Erbschaden führt zu vielfältigen Defekten am Skelett, die direkt auf die für die gefalteten Ohren verantwortlichen Erbanlagen zurückgeführt werden können. Die Erkrankung äußert sich insbesondere Lahmheiten, Schwierigkeiten beim Springen, einen steifen, stelzenartigen Gang, Deformationen und Verkürzungen der distalen Gliedmaßen, Schwellungen im Bereich des Tarsus bzw. Metatarsus sowie kurze, verdickte, unbewegliche Schwänze (Malik et al., 1999). Es erkranken nicht nur homozygote Tiere, sondern ebenso heterozygote Tiere, also mischerbige Katzen, wenn auch mit milderen Symptomen (Hubler et al., 2004). Diese Aussage wird auch durch das Qualzuchtgutachten untermauert. Es müsse bei der Zucht auf Kippohren immer damit gerechnet werden, dass auch bei einem Teil der heterozygoten Fd fd-Nachzucht Knorpel- und Knochenschäden auftreten, die zu dauerhaften Schmerzen, Leiden und Schäden führen (Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes).
Ein Schaden liegt bereits vor, wenn der Zustand eines Tieres dauerhaft und auch nur geringfügig negativ verändert ist. Der Schaden kann auf körperlicher oder psychischer Grundlage erfolgen. Gleichzeitiges Leiden und Schmerzempfinden muss nicht gegeben sein. So sind Folgeschäden, die aufgrund von Zuchtmerkmalen auftreten bereits als Schaden nach § 11b anzusehen (Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes). Organe, Organsysteme und Körperteile eines Individuums haben bestimmte, genetisch festgelegte, für die Lebens- und Fortpflanzungsfähigkeit notwendige Funktionen zu erfüllen. Der artgemäße Gebrauch ist dann nicht mehr möglich, wenn eine dieser Funktionen durch züchterische Einflussnahme nicht mehr ausreichend erfüllt oder ausgeführt werden kann. Dies gilt besonders für erbliche Beeinträchtigungen an Sinnesorganen. Auch negative Veränderungen an Organen oder Körperteilen, die mit Zuchtmerkmalen in Zusammenhang stehen, nicht aber mit den durch Zuchtziele beeinflussten Organen oder Körperteilen identisch sind und mit Schmerzen, Leiden oder Schäden einhergehen, fallen unter § 11b (Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes).
Im Qualzuchtgutachten wird ein Zuchtverbot für Katzen mit Fd-Gen determinierten „Kippohren“ empfohlen. Grundsätzlich gilt dies für Tiere, die Träger von Genen bzw. eindeutig erblich bedingten Merkmalen sind, welche für den Züchter direkt erkennbar oder diagnostisch zugänglich sind und die bei der Nachzucht zu mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbundenen Merkmalen führen können. Dabei ist unerheblich, ob mit solchen Genen oder Merkmalen direkt oder indirekt gezüchtet wird (Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes).
Literatur
Bundestierärztekammer. Scottish Fold – Urteil.
Sachverständigengruppe Tierschutz und Heimtierzucht (2005). Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes.
Hubler, M., Volkert, M., Kaser-Hotz, B. and Arnold, S. (2004). Palliative irradiation of Scottish Fold osteochondrodysplasia. In: Veterinary Radiology & Ultrasound. Bd. 45, Nr. 6, 2004, S. 582–585
Malik, R., Allan, GS., Howlett, CR., Thompson, DE., James, G., McWhirter, C. and Kendall, K. (1999). Osteochondrodysplasie in Scottish Fold cats. Aust Vet J 1999; 77:85-92
STS-Merkblatt: Tierschutz und Katzenzucht, Verfasser: Dr. Thomas Bartels, Institut für Genetik, Ernährung und Haltung von Haustieren, Abteilung Tierhaltung und Tierschutz, Bremgartenstrasse 109a, CH-3012 Bern, Hrsg: Schweizer Tierschutz STS, Dornacherstrasse 101, 4008 Basel
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