Forschungspreis - Alternativen zu Tierversuchen

Ukrainische Geflüchtete mit Tieren

Ukrainische Geflüchtete mit Tieren wenden sich für Hilfe und weiteren Kontakt bitte an die

Weitere Hinweise finden Sie auch auf dem Merkblatt der Berliner Tierärztekammer und unter berlin.de/ukraine.

Logo Berliner Forschungspreis mit einem Mikroskop

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales lobt in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz und dem Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) an Forschungsprojekte aus Berlin und Brandenburg seit 2011 alle zwei Jahre einen Forschungspreis zur Förderung der Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden entsprechend dem 3R-Prinzip aus. Die ausgezeichneten Projekte sollen dazu beitragen, die Verwendung von Versuchstieren zu vermeiden oder zu verringern oder bei Tierversuchen die Belastung für die Tiere zu verringern. Diese Aktivitäten sollen die Vernetzung der Wissenschaftler fördern und Anschub für weitere Initiativen in der Entwicklung und Anwendung von Alternativen zum Tierversuch sein.

Aktuelle Informationen zu anstehenden Preisverleihungen werden rechtzeitig auf dieser Seite bekannt gegeben.

Preisträger Berliner Forschungspreis 2021

Die drei Preiträger halten Urkunde vor die Kamera

Von links nach rechts: Prof. Dr. Josef Köhrle, Caroline Frädrich und Dr. Kostja Renko

LAGeSo-Präsident Michael Thiel hat am 09.12.2021 den Preis des Landes Berlin zur Förderung der Erforschung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden für Tierversuche in Forschung und Lehre verliehen.

Dieser mit insgesamt 30.000 Euro dotierte Preis wird alle zwei Jahre in Zusammenarbeit mit dem Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) und der Senatsverwaltung für Justiz Verbraucherschutz und Antidiskriminierung ausgelobt.

Gefördert werden Forschungsprojekte aus Berlin oder Brandenburg, die dazu beitragen, die Verwendung von Versuchstieren zu vermeiden oder zu verringern oder bei Tierversuchen die Belastung für die Tiere zu verringern. Es ist das erklärte Ziel des Senats, Tierversuche so weit wie möglich zu vermeiden und zu ersetzen.

Prämiert wurde in diesem Jahr

  • ein Projekt der Charité ‒ Universitätsmedizin Berlin und des Bundesinstituts für Risikobewertung von Caroline Frädrich, Dr. Kostja Renko und Prof. Dr. Josef Köhrle: Etablierung einer versatilen High Throughput Screening-Plattform zur Identifizierung endokriner Disruptoren auf Basis der Sandell-Kolthoff-Reaktion.

Initiiert und koordiniert wird der Berliner „Forschungspreis für Alternativen zu Tierversuchen“ seit 2011 vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo).

„Der Forschungspreis ist Vorbild und Anregung für weitere Initiativen in der Entwicklung und Anwendung von Alternativen zum Tierversuch. Er fördert zugleich die Vernetzung der Wissenschaft auf dem Weg, Verfahren mit lebenden Tieren für wissenschaftliche Zwecke möglichst vollständig zu ersetzen, wo immer dies methodisch möglich ist.“, so LAGeSo-Präsident Michael Thiel bei der Preisübergabe.

Die Berliner Landesbeauftragte für den Tierschutz, Dr. Kathrin Herrmann: „Auszeichnungen wie der Berliner Forschungspreis für Alternativen zu Tierversuchen sind ein wichtiges politisches Signal für eine Abkehr von Tierversuchen und für den Fokus auf innovative, human-relevante Forschung. Die Wissenschaftler:innen, die tierfreie Forschungsmethoden entwickeln und einsetzen, sollten wesentlich mehr Wertschätzung und Förderung für ihre Pionierarbeit erhalten, denn nicht nur lehnt der Großteil der Bevölkerung Tierversuche ab, Ergebnisse aus Tierversuchen sind nur selten auf den Menschen übertragbar.“

Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) sponsert den Preis seit seiner erstmaligen Vergabe. „Der Preis signalisiert weit über Berlin und Brandenburg hinaus, dass neue Methoden sehr gefragt sind, die herkömmliche Tierversuche ersetzen können“, so Prof. Dr. Michael Höcker, Geschäftsführer Forschung & Entwicklung des vfa. „Pharma- und andere Unternehmen sind interessiert, immer mehr Substanz-Prüfungen auf Alternativmethoden umzustellen, wenn diese zuverlässig sind.“

Caroline Frädrich, Prof. Dr. Josef Köhrle und Dr. Kostja Renko

Caroline Frädrich und Prof. Dr. Josef Köhrle arbeiten im Institut für Experimentelle Endokrinologie der Charité Berlin. Dr. Kostja Renko, Gastwissenschaftler an der Charité, arbeitet inzwischen in der Fachgruppe Toxikologische Bewertungsstrategien der Abteilung Experimentelle Toxikologie und ZEBET des Bundesinstituts für Risikobewertung. Sie fahnden nach sogenannten endokrinen Disruptoren – d.h. Chemikalien, die unbeabsichtigt die hormonelle Steuerung im menschlichen oder tierischen Körper stören, beispielsweise die Stoffwechselregulation durch Schilddrüsenhormone.

Es ist ihnen gelungen erstmalig einen nicht-radioaktiven, semi-automatischen Hochdurchsatz-fähigen Aktivitätstest für das Enzym Deiodinase2 (DIO2) zu entwickeln. Das betrachtete Enzym, die Deiodinase 2, ist essenziell für die Umwandlung des Hormons Thyroxin (oder auch T4) zu dem eigentlich aktiven Schilddrüsenhormon T3. Chemikalien, endokrine Disruptoren, Medikamente oder auch Nahrungskomponenten, die diese Umwandlung stören, könnten eine fatale Wirkung auf wichtige Schilddrüsenhormonabhängige Prozesse entfalten, wie beispielsweise auf die vorgeburtliche Gehirnentwicklung aber auch andere essenzielle Stoffwechselprozesse in allen Lebensphasen. Die hier ausgezeichnete Testmethode ermöglicht es solche problematischen Substanzen schnell und effizient zu identifizieren. Durch den Einsatz von in Zellkultur hergestelltem, „humanem“ Enzym wird eine besonders gute Vergleichbarkeit zur Situation im menschlichen Organismus erzeugt. Bisher gibt es nur wenige alternative Testverfahren ohne Tierversuche um die Auswirkungen von gesundheits- und umweltschädlichen Chemikalien und Arzneimittelkandidaten auf das Schilddrüsenhormonsystem und die Schilddrüsenhormonwirkung zu untersuchen und zu priorisieren, welche Substanzen weiter untersucht werden sollten. Aus diesem Grund ist die Etablierung und Anwendung einer einfachen, robusten und aussagekräftigen Hochdurchsatz-Screening Methode von hohem prädiktiven Nutzen.

Den Preisträgern ist es gelungen eine solche Methode zu entwickeln. Mit Hilfe des 384-Well-DIO2-HTS-Assay auf Basis der Sandell-Kolthoff-Reaktion können tausende Substanzen ohne Verwendung von Versuchstieren auf ihre endokrine Wirkung getestet werden. Die entwickelte Plattform wird im Rahmen eines laufenden EU-Projektes (ATHENA, „Assays for the identification of Thyroid Hormone axis – disrupting chemicals: Elaborating Novel Assessment strategies“) in Kooperation mit dem Bundesinsitut für Risikobewertung weiterentwickelt und dient als Basis für weitere, zukünftige in vitro Alternativmethoden. Die Vorteile dieses Tests und darauf aufbauender Methoden liegen daher zum einen in der Reduktion von Tierversuchen z.B. zur Toxizitätsbestimmung und zum anderen in der Möglichkeit des hohen Durchsatzes.

Weitere Informationen zum Preisträgerprojekt:

https://expendo.charite.de/en/research/group_josef_koehrle/
https://athenaedctestmethods.net/
https://charite3r.charite.de/

Preisträgerfilm und Mitschnitt Livestream Verleihung 2021

Vorschaubild Video, alle Preisträger sind zu sehen

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Preisträger Berliner Forschungspreis 2019

Preisträgerfoto

Von links nach rechts: Herr Dr. Throm, Herr Dr. Behrendt, Herr Dr. Ehrig, Frau Dr. Lang, Frau Dr. Berg, Herr Prof. Kurreck und Herr Prof. Hippenstiel

Der mit insgesamt 40.000 Euro dotierte Preis wurde am 11. Dezember 2019 durch den Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, Dr. Dirk Behrendt, durch den ehemaligen Präsidenten des LAGeSo, Franz Allert, und durch den vfa-Geschäftsführer Forschung, Dr. Siegfried Throm, zu gleichen Teilen an die folgenden zwei Projekte vergeben:

1. „3D Biodruck von Organmodellen in Forschung und Lehre“ – ein Projekt der Technischen Universität Berlin (Dr. Johanna Berg und Prof. Dr. Jens Kurreck). Die beiden prämierten Wissenschaftler arbeiten im Institut für Biotechnologie der Technischen Universität Berlin. Es ist ihnen gelungen, mit 3D Biodruckverfahren aus lebenden menschlichen Zellen Modelle für die Organe Lunge und Leber zu erstellen und sie im Labor mit Influenzaviren (Lunge) und Adenoviren (Leber) zu infizieren. Die Preisträger haben damit erstmals belegt, dass solche Modelle tatsächlich einen Teil der Versuchstiere in der Infektionsforschung ersetzen könnten. Gedacht sind sie unter anderem für die angewandte Erforschung von neuen Medikamenten gegen Viruserkrankungen.

2. „Das virtuelle Gelenk ‒ In vitro und in silico Modellierung von degenerativen und entzündlichen Gelenkerkrankungen“ – ein Projekt der Charité ‒ Universitätsmedizin Berlin und des Zuse-Instituts Berlin (Dr. Annemarie Lang und Dr. Rainald Ehrig).
Dr. Annemarie Lang ist in der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie der Charité tätig. Dr. Rainald Ehrig arbeitet sowohl am Zuse-Institut Berlin als auch am Julius Wolff Institut für Biomechanik und Muskuloskeletale Regeneration der Charité. Gemeinsam mit ihrem Forschungsteam ist es ihnen gelungen, Knorpelveränderungen in einem Zellkultur- und einem Computermodell nachzubilden. Nun arbeiten sie daran, ganze Gelenke in ihren Modellen so nachzubilden, dass neben der Arthrose auch rheumatische Gelenkentzündungen simuliert und potenzielle Therapien getestet werden können.
In der Grundlagenforschung zu Gelenksentzündungen werden bislang in der Regel Versuchstiere eingesetzt. Die Arbeitsgruppe an Charité und Zuse-Institut Berlin erwartet, mit ihrem Modell künftig die Zahl der Versuchstiere reduzieren zu können und die Übertragbarkeit der Forschungsergebnisse auf den Menschen zu verbessern.