Aufgrund möglicherweise missverständlicher Veröffentlichungen in der Fachöffentlichkeit, nach denen der Eindruck entstanden sein könnte, die Ethik-Kommission des Landes Berlin erhebe die Forderung, dass im Rahmen jeder Einzelstudie für jeden Fall des Todes oder der dauernden Erwerbsunfähigkeit einer von einer klinischen Prüfung betroffenen Person die Mindestversicherungssumme von 500.000,00 Euro rechnerisch, mithin im Sinne einer Multiplikation der gesetzlichen Mindestversicherungssumme mit der geplanten Teilnehmendenzahl, zur Verfügung stehen müsse und dabei ein worst case scenario zugrunde zu legen sei, möchte die Ethik-Kommission klarstellen, dass dies unzutreffend ist.
Vielmehr fordert die Ethik-Kommission des Landes Berlin in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, vgl. §§ 40 Abs. 1 Satz 3 Nr. 8, Abs. 3 AMG, resp. §§ 20 Abs. 1 Satz 3 Nr. 9, Abs. 3 MPG, für die gesamte Dauer der Durchführung einer klinischen Prüfung eines Arzneimittels oder Medizinprodukts sowie Leistungsbewertungsprüfung eines IVDs das nachweisliche Bestehen einer Versicherung, deren Umfang- in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der klinischen Prüfung verbundenen Risiken steht und
- auf der Grundlage der Risikoabschätzung so festgelegt wurde, dass für jeden Fall des Todes oder der dauernden Erwerbsunfähigkeit einer von der klinischen Prüfung betroffenen Person mindestens 500 000 Euro zur Verfügung stehen.
Die Überprüfung und Beurteilung des Vorliegens einer diesen Anforderungen entsprechenden Versicherung zum Zeitpunkt der Bewertungsentscheidung obliegt der jeweils zuständigen Ethik-Kommission gemäß § 42 Abs. 1 Satz 7 Nr. 3 AMG, resp. § 22 Abs. 3 Nr. 3 MPG.
Um ihren gesetzlich normierten Prüfauftrag erfüllen zu können, erachtet die Ethik-Kommission des Landes Berlin unter Verweis auf § 7 Abs. 3 Nr. 13 GCP-V, resp. § 3 Abs. 3 Nr. 6 MPKPV im Rahmen der Antragsstellung die Einreichung solcher Unterlagen für zwingend erforderlich, die der kalkulatorischen Festlegung der Versicherungssumme für die antragsgegenständliche klinische Prüfung zugrunde liegen und denen nachvollziehbar zu entnehmen ist, wie sich die Risikoabschätzung in der festgelegten Versicherungssumme niederschlägt.
Liegen entsprechende Unterlagen der Antragseinreichung nicht bei, ist der Antrag formal nicht ordnungsgemäß, was dem Antragsteller innerhalb der gesetzlichen Frist mitgeteilt werden wird.
Soweit möglich wird der Antrag ungeachtet des formalen Mangels einem Ausschuss zur Bewertung zugewiesen.
Die Ethik-Kommission des Landes Berlin vertritt die Auffassung, dass eine für eine unbestimmte Anzahl von klinischen Prüfungen geltende Jahresversicherung der gesetzlichen Forderung nach einer Versicherung, deren Umfang wie oben dargelegt auf Basis der Risikoabschätzung für eine im Einzelfall konkret beantragte klinische Prüfung kalkuliert wurde, nicht erfüllt. Die Möglichkeit, dass Versicherungsfälle anderer, im Rahmen des Bewertungsverfahrens der antragsgegenständlichen klinischen Prüfung unberücksichtigt bleibender Studien, die für diese klinische Prüfung kalkulierte Deckungssumme reduzieren können, ist aus hiesiger Sicht gesetzwidrig. Das gleiche gilt, wenn einzelne Versicherungsleistungen für Teilnehmende dieser klinischen Prüfung aufgrund von Versicherungsfällen anderer Studien gekürzt werden. Die Deckungssumme hat für Versicherungsfälle der konkreten klinischen Prüfung zur Verfügung zu stehen. Vor diesem Hintergrund ist eine Alternative zu wählen, die diese Deckungssumme und damit die möglichen Versicherungsleistungen für Teilnehmende dieser Studie gewährleistet. Die Teilnehmenden einer klinischen Prüfung sind in der Patienteninformation über die konkret gewählte Alternative aufzuklären.
Liegt ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechender Versicherungsnachweis für die antragsgegenständliche klinische Prüfung vor, erwartet die Ethik-Kommission des Landes Berlin, dass ein Antragsteller Maßnahmen ergreift, Entsprechendes für die Gesamtdauer der klinischen Prüfung zu gewährleisten. Durch Formulierung eines entsprechenden Kriteriums ist der Abbruch der klinischen Prüfung für den Fall sicherzustellen, dass keine ordnungsgemäße Probanden-/Patientenversicherung mehr vorhanden ist, was gleichermaßen einen Widerruf der zustimmenden Bewertung gemäß § 42a Abs. 4a Satz 1 HS 2 Nr. 2 AMG, resp. § 22b Abs. 5 Satz 1 HS 2 Nr. 2 MPG begründet. Dies ist der Fall, wenn das Risiko während der Studie steigt oder sich als höher als erwartet darstellt, so dass die ursprünglich kalkulierte Versicherungssumme das Risiko der Studie nicht mehr abdeckt. Zu einer Erhöhung des Risikos kann auch der nachträgliche Einschluss zusätzlicher Teilnehmender oder die Verlängerung der Studiendauer führen. Der Antragsteller kann dem Abbruch durch eine Anpassung der Versicherung zuvorkommen.
Daneben erwartet die Ethik-Kommission des Landes Berlin, dass bei jedem Antrag auf zustimmende Bewertung einer wesentlichen Änderung mit möglichen Auswirkungen auf die Risikobewertung (Prüfplan, IB) sowie bei jedem vorgelegten Jahresbericht oder LineListing (LL) darüber zu informieren ist, ob und ggf. inwieweit sich die bisherige Risikoabschätzung geändert hat und ob dies eine Anpassung der Versicherungssumme notwendig macht. Derartige Auswirkungen auf die Risikobewertung können sich auch durch den Einschluss zusätzlicher Teilnehmender und die Verlängerung der Studie ergeben.