Circular Economy in Berlin

Weiter Blick durch eine lichtdruchflutete leere Lagerhalle

Die Industrie der Hauptstadtregion engagiert sich auf vielfältige Weise für zirkuläres Wirtschaften. Der Masterplan Industriestadt Berlin unterstützt sie dabei.

Zirkuläres Wirtschaften bedeutet: Der Verbrauch von Ressourcen wird minimiert, indem Materialien wiederverwendet und Abfall reduziert sowie Recycling gefördert werden. Auch Industrieunternehmen in Berlin, von traditionsreichen Firmen bis hin zu jungen Startups, bauen die Entwicklung solcher geschlossenen Kreisläufe aus. Neue Geschäftsmodelle werden erschlossen und branchenübergreifend Chancen für die Industriestadt eröffnet. Und zahlreiche Menschen in der Hauptstadtregion engagieren sich für die Weiterentwicklung des Themas – mit Ideen, Initiativen und Projekten.

Der europäische Green Deal und die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie setzen ambitionierte Ziele für die ökologische Transformation der Wirtschaft in Deutschland und Europa. Der Entwurf für die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS), die das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz für die Bundesregierung entworfen hat, will zur Reduzierung der Umweltbelastung, zum Schutz der Biodiversität und zum Klimaschutz beitragen. Sie verdeutlicht klar, dass zirkuläres Wirtschaften einen Beitrag zu Klimaneutralität und Dekarbonisierung leisten kann, da der überwiegende Teil der Emissionen bei der Gewinnung von Rohstoffen und der Herstellung von Vorprodukten entstehen statt in der Produktion. Berlin bereitet sich aktiv auf die Umsetzung der Strategie vor.

So ist zirkuläres Wirtschaften auch eines der Fokusthemen des Masterplans Industriestadt Berlin 2022-2026, mit dem die Transformation der Industrie in Berlin auf drei Ebenen unterstützt wird: in der digitalen Transformation, der Transformation der industriellen Arbeitswelt sowie in der ökologischen Transformation. Das hiesige Ökosystem konzentriert sich schon länger auf das Thema, wie beispielsweise auf der MPI Konferenz 2023 und beim MPI Deep Dive 2024 mit Schwerpunkt auf dem Bereich Bauen. Dort stellten sich Unternehmen und Vordenkerinnen sowie Vordenker der Circular Economy mit ihren Ideen und Ansätzen vor.

Portrait Claas Oehlmann
Wir brauchen für die Circular Economy eine komplette Veränderung der Wertschöpfungsidee.
Dr. Claas Oehlmann, Geschäftsführer der BDI-Initiative Circular Economy

Laut Dr. Claas Oehlmann, Geschäftsführer der BDI-Initiative Circular Economy mit Sitz in Berlin, ist Klimaneutralität in Europa ohne Circular Economy schlicht nicht erreichbar. Auf der MPI Konferenz 2023 sagte er: „Gut 25 Prozent aller globalen Emissionen entstehen beim Abbau von Primärressourcen – schon diese Zahl macht klar, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. Wir brauchen für die Circular Economy eine komplette Veränderung der Wertschöpfungsidee.“ Und das wiederum erfordere viel Kooperation unter allen wirtschaftlichen Akteurinnen und Akteuren. Die Projekte, das Netzwerk und die Veranstaltungen des Masterplans Industriestadt Berlin fördern diese Kooperation auf mehreren Ebenen. Sie bieten die Chance, die weitere Umsetzung dieser Strategie und damit die Berliner Industriepolitik mitzugestalten.

Studie Circular Economy Berlin Titelblatt

Studie zu Berlins Übergang zur Circular Economy

Die „Anforderungs- und Potenzialanalyse zur Circular Economy im industriellen Sektor Berlins, die im Rahmen des MPI erarbeitet wurde, hat konkrete Potenziale und Anforderungen, die mit dem Übergang zur Circular Economy für den industriellen Sektor Berlins einhergehen, identifiziert. Die Untersuchung zeigt beispielsweise, dass insbesondere die chemische/pharmazeutische Industrie, das Baugewerbe und die Elektrotechnik-/Elektronikindustrie von besonders hoher Relevanz für die Circular Economy Transformation des Industriestandorts sind. Auch Anbieter im Bereich Recycling, Anbieter wissenschaftlich-technischer Dienstleistungen und Hochschulen sowie Anbieter von (Weiter-)Bildungsangeboten spielen eine wichtige Rolle. Der Industriestandort profitiert bei dem Thema von seinem starken Innovationsumfeld, vorhandenen Kompetenzen im Bereich Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit, einem gut ausgebauten Wissenschafts- und Forschungsökosystem sowie umfangreichen Unterstützungs- und Förderstrukturen. Die Studie gibt Empfehlungen für die künftige Förderung der Circular Economy Transformation der Berliner Industrie.



Einige Personen in einer sehr großen Betonröhre

Projekt Tech and Spaces

Thematischer Fördercall Circular Economy

In einem thematischen Fördercall Circular Economy hat der MPI acht Projekte ausgewählt, die durch das Schließen von Stoffkreisläufen die klimaneutrale Herstellung von Produkten „Made in Berlin“ unterstützen. Sie kommen aus Industriebereichen wie Bausektor, Optik, Photonik, Chemie, Elektrotechnik, Ernährung oder Materialforschung:

  1. Der Kompetenzhub für die industrielle Kreislaufwirtschaft in Berlin vermittelt Industrieunternehmen ein grundsätzliches Verständnis für die Wirkung des zirkulären Wirtschaftens – unter anderem durch Wissensvermittlung, praxisorientierte Übungen und Good Practices.
  2. Das Projekt Industrie Digitalwirtschaft Circular Economy vernetzt Vertreterinnen und Vertreter der Berliner Industrie und der Digitalwirtschaft im Rahmen einer Veranstaltungsreihe, unterstützt den Kompetenzaufbau und zeigt neue Anwendungsmöglichkeiten in der Circular Economy auf.
  3. Der Circular KMU Hub Berlin soll in Kooperation mit Berliner Unternehmensnetzwerken mittelständische Betriebe der Stadt im Bereich Produktion, Dienstleistung und Logistik bei der Umsetzung von Circular Economy unterstützen. Er informiert zu dem Thema und bringt sie mit erfahrenen Unternehmen und Organisationen zusammen.
  4. Tech and Spaces for Circular Economy treibt den Einsatz von Optik, Photonik und Material-Technologien als Schlüsseltechnologien für mehr zirkuläres Wirtschaften in Branchen wie Recycling, Elektronik oder Verpackung und Kunststoffe am Standort Adlershof und darüber hinaus voran.
  5. Im Rahmen des Projektes Nachhaltige Wertschöpfungsketten – Mit Materialinnovationen zur Circular Economy durchlaufen Berliner Industriebetriebe ein Training und werden in zwei branchen- und technologieübergreifenden Matchmaking-Veranstaltungen mit Startups vernetzt – um gemeinsam bei einer „Lieferketten-Challenge“ konkrete Lösungen für Herausforderungen der Industrieunternehmen zu erarbeiten
  6. Das Projekt Fit für Circular Economy verankert die Prinzipien zirkulären Wirtschaftens fest in der beruflichen Bildung. Hierfür werden innovative Lehrmodule entwickelt, die in zwei Berliner Berufsschulen bei Auszubildenden für die Ernährungs- & Lebensmittelbranche sowie das Bauwesen eingeführt werden.
  7. A-B-Circular fördert die klimaneutrale Herstellung von Produkten „Made in Berlin“ insbesondere in der Bau- sowie Design-/Mode-Industrie und schließt Stoffkreisläufe – mit gebrauchsfertigen Toolkits, Netzwerkformaten und Präsenz bei Branchenveranstaltungen.
  8. Das Projekt Nahtlose Integration für den städtischen Holzbau fördert die Zusammenarbeit zwischen Industrieunternehmen, Zulieferern, Demontagebetrieben und Startups im städtischen Holzbau, indem es eine unterbrechungsfreie und voll digitalisierte Prozesskette für den urbanen Holzbau etabliert.
Jungen Menschen am Tisch mit Bechern in verschiedenen Farben und Größen

Initiative Circular City Challenge

Weiterer Fördercall zu CE in der industriellen Produktion

Mit dem MPI Call –„Circular Economy in der industriellen Produktion“ im Rahmen der Förderrichtlinie Pro FIT ist im Oktober 2024 ein weiterer Call zur Unterstützung von Kreislaufwirtschaft in der Hauptstadt gestartet: Er unterstützt Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsprojekte, die Schlüsseltechnologien für zirkuläres Wirtschaften in der Berliner Industrie vorantreiben. Angesprochen sind an Einzel- und Verbundprojekte mit klarem Fokus auf die Berliner Industrie und thematischem Bezug zur Circular Economy, die sich beispielsweise in den Bereichen Produktion, Daten, Materialien, Recycling, Design oder Lieferketten engagieren. Auch Projekte in der experimentellen Entwicklungsphase können mit Zuschüssen unterstützt werden.

Beispiele für weitere Initiativen zum Thema Circular Economy in und aus Berlin:
· Das MPI-Projekt GreenCHEM will ein Ökosystem für Innovationen in der Grünen Chemie mit europäischer Strahlkraft entwickeln. Die Bedeutung von Chemie für zirkuläres Wirtschaften ist hoch: 97 Prozent aller materiellen Produkte haben mindestens eine chemische Transformation durchlaufen.
· Die Circular City Challenge, ebenfalls ein MPI-Projekt, will Kreisläufe in Berlin schließen: Kommunale Partnerinnen und Partner werden mit Innovatorinnen und Innovatoren vernetzt, um konkrete Herausforderungen zu lösen.
· nawi.berlin, von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Betriebe und Energie gefördert, versteht sich als zentrale Anlaufstelle für Informationen rund um ressourcenschonendes Wirtschaften in Berlin.
· Die Zero-Waste-Agentur, von der Berliner Stadtreinigung umgesetzt, setzt sich für weniger Verschwendung, mehr nachhaltigen Konsum und qualitativ hochwertiges Recycling ein.

Orte in Berlin, an denen Circular Economy sichtbar wird und weiterentwickelt wird:
· Das Neuköllner Impact Hub ist nach Kreislaufprinzipien gebaut und betrieben. Es ist Teil eines globalen Netzwerks mit über 25.000 Mitgliedern, die gemeinsam Innovationen fördern und mit unternehmerischen Mitteln Lösungsansätze für den ökologischen Wandel finden wollen. Als Ort der Begegnung bietet es ein umfangreiches Programm zum Thema Circular Economy. Mit Unterstützung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe wurde hier beispielsweise das Inkubator-Programm „Circular Together ins Leben gerufen.
· Am Modell-Campus ringberlin in Marienfelde wird in einem alten Industrieareal auf 100.000 m² nach zirkulären Prinzipien – vom regenerativen Energiekonzept über Regenwasserspeicher zur Kühlung und zur Bewässerung der Außenanlagen bis zur Nutzung vorhandener Baumaterialien – ein kollaboratives Gründer:innenzentrum mit Makerspace gebaut. Dort sollen rund 5.000 bis 6.000 Arbeitsplätze entstehen. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe unterstützt diese Investition mit GRW-Mitteln zur Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur.