Mehr als zwanzig Betriebs- und Personalratsmitglieder von lokalen Unternehmen und Dienststellen widmeten sich in einer Online-Infoveranstaltung am 13. Oktober 2023 der Erfassung der Arbeitszeit.
Jana Wömpner, DGB Bundesvorstand Abteilung Recht und Vielfalt, referierte zum aktuellen rechtlichen Diskurs zur Arbeitszeitdokumentation und beantwortet die vielfältigen Fragen. Die hier aufgeführten Hinweise entsprechend dem aktuellen Stand vom Oktober 2022.
Mit Urteil vom 14. Mai 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden (C-55/18 – das Urteil im Original hier), dass die Mitgliedstaaten Arbeitgeber dazu verpflichten müssen, ein System einzurichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit der Mitarbeiter gemessen werden kann. Die Arbeitszeiterfassung muss laut EuGH „objektiv, verlässlich und zugänglich sein.“
In einer Entscheidung des BAG vom 13. 9. 2022 (Az: 1 ABR 22/21 – Beschluss und PM hier) hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein Arbeitszeiterfassungssystem einzuführen. Dem Betriebsrat steht aber kein Initiativrecht bei der Einführung einer elektronischen Zeiterfassung zu. Der Zweck der Erfassung der Arbeitszeit dient dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten.
Die Referentin Jana Wömpner hat in ihrem Input auf die Unterscheidung zwischen Arbeitszeit im vergütungsrechtlichen Sinne und im arbeitsschutzrechtlichen Sinne (zu dessen Zweck auch die Erfassung dient) verwiesen. Die Pflicht zur Erfassung gilt für alle, die von der Arbeitsschutz-Richtlinie betroffen sind, also auch Beamte, auch im Home-Office, auch für Beschäftigte mit Vertrauensarbeitszeit. Die Vertrauensarbeitszeit ist eine Vertrauensverabredung im entgeltrechtlichen Sinne und erübrigt nicht eine Arbeitszeiterfassung im arbeitsschutzrechtlichen Sinne. Eine arbeitsschutzrechtliche Erfassung von Vertrauensarbeitszeit könnte bedeuten, dass der Arbeitgeber nur erfährt, ob die vorgeschriebenen Pausen, Ruhezeiten und Höchstarbeitszeiten eingehalten sind.
Für welchen Personenkreis das Arbeitszeitgesetz nicht greift, findet sich im den Arbeitszeitgesetz sowie im Betriebsverfassungsgesetz.
Arbeitszeiterfassung unterstützt die Einhaltung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, denn das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet Arbeitgeber dazu, die betriebliche Arbeitszeit und das Arbeitsaufkommen so zu organisieren, dass kein zeitlicher Stress entsteht (§ 3 ArbSchG).
Ebenso ist darauf zu achten, dass Dienstplan nicht identisch mit der Arbeitszeit ist. Die sogenannte Rüstzeit, also vorbereitende Tätigkeiten, die nur und im direkten Zusammen mit der Erwerbstätigkeit anfallen und fremdnützig sind, sind ebenso zu erfassen. Das beinhaltet beispielsweise die vom AG gestellte Arbeitskleidung, Schutzkleidung, Desinfektion, Hochfahren des Computers etc.
In der Fleischwirtschaft gibt es seit dem 1. Januar 2021 die Pflicht zur elektronischen und manipulationssicheren Arbeitszeiterfassung und elektronischen Aufbewahrung (§ 6 GSA, Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft). Die IG BAU fordert dies auch für die Baubranche. Auch das Mindestlohngesetz (§17 MiLoG) sieht explizit eine Arbeitszeiterfassung vor für geringfügig Beschäftigte sowie in den Branchen nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (§2a SchwarzArbG).