Covid 19: die aktuelle Situation in unserer Partnergemeinde San Rafael del Sur

Marktverkäufer mit Maske

Covid 19: Maßnahmen in San Rafael del Sur

  • Bürgermeister Noel Cerda
  • Desinfektionsmaßnahmen
  • Austausch des Fördervereins mit lokalen Gesundheitszentren vor Ort
  • Renigungsmaßnahmen
  • Zwei Frauen mit Maske vor einem Gesundheitszentrum
  • Desinfektionsmaßnahmen vor dem Bürgermeisteramt
  • Gesundheitszentrum
  • Bank mit Abstandmarkierungen

Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat sich zur aktuellen Situation mit dem Städtepartner San Rafael del Sur ausgetauscht.
Berichte von Menschen vor Ort:

Bericht vom 1. September 2020

Seit der Meldung des ersten Coronavirus-Falls in Nicaragua am 18. März 2020 hat sich die Coronavirus-Pandemie in Nicaragua ausgebreitet. Auch in der Gemeinde San Rafael del Sur ist es inzwischen zu Infektionen und Todesfällen gekommen.
Die offiziellen Zahlen für Infektionen und Todesfälle durch das Coronavirus stimmen nach wie vor nicht mit den Zahlen der unabhängigen Organisation „Observatorio Ciudadano“ überein. Bis zum 26. August meldete das Observatorio Ciudadano insgesamt 9.998 Infektionsfälle und 2.680 Todesfälle durch Covid-19; Am 1. September meldete das Gesundheitsministerium offiziell 4.668 Infektionsfälle und 141 Todesfälle durch Covid-19.
Obwohl die Zahlen des Observatorio Ciudadano höher sind als die offiziellen Zahlen, ist es Nicaragua im Vergleich zu den Ländern der zentralamerikanischen Region gelungen, die Ansteckungskurve flach zu halten. Am 26. August 2020 meldete Panama 94.084 Infektionsfälle und 2.030 Todesfälle durch Covid-19, Costa Rica 43.305 Infektionsfälle und 453 Todesfälle, El Salvador 26.000 Infektionsfälle und 739 Todesfälle, Honduras 62.526 Infektionsfälle und 1.924 Todesfälle und Guatemala meldet 76.358 Ansteckungsfälle und 2.804 Todesfälle durch Covid-19.
Die Ansteckungskurve hat nicht das ursprünglich erwartete exponentielle Wachstum gezeigt. Die Bemühungen der Regierung, der Zivilgesellschaft und privater Unternehmen haben es bisher geschafft, die Ansteckungskurve flach zu halten. In den Monaten Juni und Juli wurde ein Anstieg der COVID-19-Fälle gemeldet, und das nicaraguanische Gesundheitswesen geriet an den Rand seiner Kapazitäten. In den öffentlichen Krankenhäusern fehlte es an Betten, Sauerstofftanks, und Beatmungsgeräten. Glücklicherweise flachte die Ansteckungskurve im August wieder ab.
Die Entscheidung der Regierung, keine Quarantäne zu erlassen, hat sicherlich positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation des Landes. Zwar wird es in diesem Jahr kein wirtschaftliches Wachstum geben, insgesamt sieht die wirtschaftliche Lage im Vergleich zum Vorjahr jedoch besser aus. Jeder Todesfall, der durch die Pandemie verursacht wird ist unbestreitbar eine Tragödie. Allerdings könnten die Todeszahlen im Falle einer staatlich angeordneten Quarantäne und einer daraus folgenden Wirtschaftskrise langfristig höher sein.
Offiziell haben öffentliche Schulen während der Pandemie nicht geschlossen, was sich für die nicaraguanische Regierung als Erfolg herausgestellt hat.
Die Politik der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie scheint also zu funktionieren und wirkt angemessen. Obwohl jeden Tag neue Fälle von Infektionen und Todesfällen durch Covid-19 gemeldet werden, ist die Ansteckungskurve nicht exponentiell gewachsen. Der Selbstschutz der Bevölkerung, der Beitrag privater Unternehmen und die Arbeit der Zivilgesellschaft haben zweifellos auch die Tatsache beeinflusst, dass die Pandemie bis jetzt unter Kontrolle gehalten werden konnte. Die Zusammenarbeit und Solidarität von Friedrichshain Kreuzberg mit der Gemeinde San Rafael del Sur zur Bewältigung dieser Pandemie trägt zu diesen Ergebnissen bei.
Es kommt jetzt darauf an, dass die Ansteckungskurve stabil gehalten werden kann. Das nicaraguanische Gesundheitssystem ist fragil und kann jederzeit überfordert werden. Sie können Ihre Wachsamkeit nicht senken, die Möglichkeit, einen Impfstoff gegen die Pandemie zu erhalten, ist noch weit entfernt. Für Nicaragua ist der Impfstoff, den Russland zu produzieren beginnt, am zugänglichsten. In den kommenden Monaten wird Nicaragua jede mögliche Unterstützung benötigen, um der Pandemie weiterhin Widerstand zu leisten, während auf den Impfstoff gewartet wird.

Bericht vom 1. Juni 2020

Die Zahl der offiziell registrierten Fälle von Covid – 19 stieg zwischen dem 12. und dem 26. Mai 2020 von 25 auf 759. Das bedeutet eine Zunahme von 734 neuen Fällen in nur 15 Tagen. Im selben Zeitraum starben 27 Personen, sodass offiziell insgesamt von 35 Todesfällen ausgegangen wird.
Die offiziellen Covid-19-Zahlen in Nicaragua spiegeln die reale Situation jedoch kaum wider.
Die unabhängige NGO „Observatorio Cuidadanos Covid-19 Nicaragua“ registrierte bis Freitag, den 29. Mai mindestens 3.725 Verdachtsfälle und 805 Todesfälle, die mit dem Coronavirus in Verbindung gebracht werden.
Bereits zu Beginn der Pandemie hatte das Gesundheitsministerium entschieden, dass weder private Labore noch Krankenhäuser Covid 19 – Tests durchführen dürfen. Die Anzahl der vom Gesundheitsministerium durchgeführten Tests ist geheim. Die tatsächlichen Fallzahlen sind also nicht bekannt, wodurch ein sachgerechter Umgang mit der Situation fast unmöglich ist.

Unabhängige Experten warnen, dass sich die Pandemie in den kommenden Tagen zu verschlimmern droht. Vom Gesundheitsministerium unabhängige Ärzteverbände fordern die nicaraguanische Bevölkerung dringend zu einer freiwilligen nationalen Quarantäne auf. Auch die Privatwirtschaft sollte angesichts der Zunahme der Fälle energische Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung ergreifen.

Die nicaraguanische Regierung setzt weiterhin auf milde Eindämmungsmaßnahmen, eine nationale Quarantäne wird nicht verhängt. Die durchgeführten Schutzmaßnahmen begrenzen sich auf Hygiene- und Desinfektionsschutz. Schulen bleiben jedoch geöffnet und eine nationale Quarantäne wird nicht verhängt. Aus wirtschaftlicher Sicht würde eine nationale Quarantäne für Nicaragua, eines der ärmsten Länder Lateinamerikas das Chaos bedeuten. Unabhängige Daten belegen, dass 31,9% der 6,5 Millionen Nicaraguaner unterhalb der Armutsgrenze leben.

Die Aktivitäten der Regierung scheinen jedoch angesichts der aktuellen Situation nicht genug Wirkung zu zeigen. Die Direktorin der PAHO (Panamerikanische Gesundheitsorganisation) Carissa Etienne warnt vor einer Zunahme der Fälle von Covid-19 in der Region. Öffentliche und private Krankenhäuser haben keine ausreichende Kapazität, die von den lokalen Gesundheitszentren überwiesenen Patienten angemessen zu versorgen. Es sind weder genügend Betten, noch Atemgeräte vorhanden.
Internationale Solidarität ist daher wichtiger denn je! Spenden Sie für die lokalen Gesundheitszentren in San Rafael del Sur!

Zum Spendenaufruf: https://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/aktuelles/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.931720.php

Bericht vom 14. Mai 2020

Am 18. März 2020 meldete die nicaraguanische Regierung den ersten Coronafall: ein Nicaraguaner, der vorher Panama besucht hatte, war infiziert. Bis zum 12. Mai 2020 wurden insgesamt 24 weitere Infektionen und 8 Todesfälle offiziell bestätigt. Gemäß den offiziellen Zahlen ist die Situation in Nicaragua hinsichtlich der Ausbreitung des neuartigen Covid-19-Virus also noch wenig besorgniserregend. Laut der Regierung sei dies auf die erfolgreiche Politik des Gesundheitsministeriums zurückzuführen.

Die wenigen von Nicaragua gemeldeten Fälle stehen jedoch im starken Kontrast zu den Hunderten und Tausenden von Fällen, die aus anderen zentralamerikanischen Ländern gemeldet werden. Die unabhängige zivilgesellschaftliche Organisation „Observatorio ciudadano“ geht – ohne die Gewissheit von Labortests, die in Nicaragua ausschließlich dem Gesundheitsministerium vorbehalten sind – von mindestens 1033 Fällen aus, darunter 188 Todesfälle. 405 Personen befinden sich bereits in Krankenhäusern.

Die Pandemie ist auch in ökonomischer Hinsicht ein schwerer Schlag für das Land, das sich bereits das 3. Jahr in Folge in einer wirtschaftlichen Krise befindet. Schon die Protestbewegung, die am 19.April 2018 das ganze Land erfasst hatte, führte zu wirtschaftlichen Verlusten, deren Ausmaß noch nicht abzusehen ist. Nun gefährdet die Pandemie auch die für 2021 prognostizierte Erholung der Wirtschaft.

Die nicaraguanische Regierung setzt daher darauf, die Pandemie einzudämmen, ohne auf drastische Quarantänemaßnahmen oder die Schließung von Grenzen zurückzugreifen. Derartige Maßnahmen würden den vollständigen Zusammenbruch der nicaraguanischen Wirtschaft bedeuten.

Inzwischen werden aber zumindest präventive Maßnahmen und Hygieneregeln in öffentlichen Gebäuden gefördert. In San Rafael del Sur werden Schulen, Marktstände, und Autos desinfiziert und auf die Notwendigkeit der sozialen Distanzierung aufmerksam gemacht.

Dank der Informations- und Kommunikationstechnologien ist die nicaraguanische Bevölkerung gut über das weltweite Ausmaß der Pandemie informiert und ergreift zusätzlich selbstständig Maßnahmen, um sich zu schützen. Auch private Unternehmen entwickeln ihre eigenen Hygienekonzepte.

Unabhängig davon, ob die Strategie der nicaraguanischen Regierung richtig ist oder nicht, ist das Gesundheitssystem mit nur 160 Beatmungsgeräten und 6.000 Krankenhausbetten für 6,5 Millionen Einwohner nicht ausreichend ausgestattet. Das Gesundheitssystem wird bereits vor dem Höhepunkt der Pandemie überlastet sein.

Die Gemeinde San Rafael del Sur verfügt über keinerlei Beatmungsgeräte und lediglich über 18 Krankenhausbetten für 50.000 Einwohner. Es mangelt an Schutzausrüstung für das Gesundheitspersonal, an Grundausstattung und Medikamenten zur Versorgung von mit dem Virus infizierten Menschen.
„Die folgenden Wochen werden für San Rafael del Sur und Nicaragua von entscheidender Bedeutung sein. Unabhängige Experten gehen davon aus, dass wir uns dem Höhepunkt der ersten Welle der Pandemie nähern. Es wird sich dann zeigen, ob die bereits getroffenen Maßnahmen eine Wirkung zeigen oder nicht. Ohne Zweifel aber wird die Fragilität des Gesundheitssystems Konsequenzen haben. Sofortige Unterstützung ist daher unbedingt notwendig“ (Zitat des Projektkoordinators)