Silvio-Meier-Preis 2024 geht an Jürgen Enkemann und das Puppentheater „bubales“

Pressemitteilung Nr. 170 vom 17.06.2024

In diesem Jahr zeichnet der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg den Publizisten und Aktivisten Dr. Jürgen Enkemann und das jüdische und interkulturelle Puppentheater „bubales“ für ihr Engagement gegen Rassismus, Ausgrenzung, Diskriminierung und Rechtsextremismus und für Vielfalt und Miteinander in unserem Bezirk mit dem Silvio-Meier-Preis aus.

Die Preisträger*innen wurden von einer Jury, bestehend aus Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, des Bezirksamtes und der Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg, ausgewählt.

Zur feierlichen Verleihung des Silvio-Meier-Preises 2024 laden wir alle Interessierten herzlich ein.

  • Dienstag, 2. Juli 2024, um 18 Uhr
  • Jugend(widerstands)museum in der Galiläakirche, Rigaer Straße 9/10, 10247 Berlin
  • Programm: Preisverleihung, Live-Musik und Zusammenkommen

Der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung Werner Heck: „Auch im Jahr 2024 beziehen wir mit der Verleihung des Silvio-Meier-Preises Stellung gegen Rassismus, Ausgrenzung, Diskriminierung und Rechtsextremismus und ehren den Einsatz für eine solidarische, demokratische und vielfältige Gesellschaft. Wir haben auch in diesem Jahr wieder Vorschläge bekommen, die das lebendige und vielfältige Engagement in unserem Bezirk abbildeten.“

Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann: „Wir freuen uns nun sehr darüber, mit dem Publizisten und Aktivisten Jürgen Enkemann und dem jüdischen und interkulturellen Puppentheater „bubales“ zwei Preisträger*innen auszeichnen zu dürfen, die sich seit vielen Jahren in unterschiedlicher Weise für die Vielfalt und das Miteinander in unserem Bezirk in unserem Bezirk einsetzen. Die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen zeigen, wie wichtig es ist, sich gegen Rassismus, Diskriminierung und Antisemitismus einzusetzen.“

Der Publizist und Aktivist Jürgen Enkemann hat nicht nur ein Buch mit dem Titel „Kreuzberg – Das andere Berlin“ geschrieben, er war und ist maßgeblich daran beteiligt, dass Kreuzberg auch anders bleiben wird. 1938 geboren, siedelte er nach dem Studium der Germanistik, Anglistik und Philosophie in Göttingen 1963 nach Berlin über. Nach der Promotion war er zunächst Assistent am Institut für Englische Sprache und Literatur der Technischen Universität. Nach der Habilitation 1982 und universitären Lehraufträgen unterrichtete er Englisch an Einrichtungen des Zweiten Bildungsweges. Von 1998 bis 2008 lehrte er in den Fächern Anglistik und Cultural Studies an der Universität Potsdam. Seit Jahrzehnten publizistisch tätig, war er u. a. Mitherausgeber der alternativen deutsch-englischen Zeitschrift „Hard Times“, verfasste zahlreiche Aufsätze in Fachzeitschriften zu Themen wie Alternative Theatre und British Cinema und ist seit 1998 Herausgeber der Kiezzeitschrift Kreuzberger Horn. Seit den frühen 1960er Jahren in Kreuzberg im Kiez um die Großbeerenstraße beheimatet, war und ist Jürgen Enkemann nicht nur Zeitzeuge und Dokumentar von 60 Jahren Kreuzberger Geschichte, sondern als Mitbegründer und Mitglied zahlreicher kommunalpolitischer Initiativen in Kreuzberg auch deren aktiver Mitgestalter.
Über viele Jahrzehnte hinweg kämpft Jürgen Enkemann bereits gegen die Gentrifizierung und Kommerzialisierung ganzer Kieze, setzt sich aktiv für den Erhalt der Vielfalt in unserem Bezirk und für die Verständigung zwischen den verschiedensten Communities ein, die für ihn nicht nur ein theoretisch zentraler Begriff seiner Arbeit und seines Engagements sind.

Das 2011 von der Kunstpädagogin Shlomit Tripp gegründete jüdisch-interkulturelle Puppentheater „bubales“ ist das erste und älteste jüdische Puppentheater Berlins, beheimatet in Kreuzberg und bis heute das Einzige seiner Art in Deutschland. Einzigartig aber nicht nur in seinem Ansatz, jüdischen Kindern (und Erwachsenen) spielerisch die Hintergründe jüdischer Traditionen nahezubringen, sondern mit ihrem Puppentheater auf spielerische Art gerade auch die Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Kulturen und Religionen aufzuzeigen und Brücken zu bauen.
Im Zentrum steht Shlomo, ein achtjähriger jüdischer Junge mit feuerrotem Haar, der alles wissen will. Und mit ihm Aische, seine beste Freundin, Muslimin und echter Kreuzbergerin mit rauer Stimme und großem Herz. Außerdem gibt es in den verschiedenen Stücken, mit denen das Theater durch Schulen, Kitas, Familienzentren, Jugend- und Gemeindeeinrichtungen in ganz Deutschland tourt, noch mehr als 20 weitere Puppencharaktere, etwa Mendel, das humorlose Schaf. Sie alle sind die „bubales“ – eine Wortschöpfung aus dem hebräischen Wort „buba“ für Puppe und dem jiddischen „bubele“ für kleiner Liebling.
Neben dem jüdischen Empowerment möchte das Puppentheater „Bubales“ auch gegenseitige Neugierde und mehr Selbstverständlichkeit in das gesellschaftliche Zusammenleben in Deutschland bringen. Die Stücke werden oft in interkulturellen und interreligiösen Kontexten aufgeführt, was nach dem Massaker der Hamas an jüdischen Israelis am 7. Oktober 2023 und dem darauf folgenden Krieg im Gazastreifen noch einmal schwieriger, aber auch noch notwendiger geworden ist.

Hintergund

Der Preis trägt den Namen von Silvio Meier, einem leidenschaftlichen Kämpfer für Freiheit und politische Emanzipation und ehrt Einzelpersonen, Gruppen, Initiativen oder Projekte, die sich im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg aktiv gegen soziale Bevormundung, Entmündigung, Diskriminierung, soziale und kulturelle Ausgrenzung einsetzen oder eingesetzt haben.

Silvio Meier war ein Mensch, der mutig für Freiheit und Demokratie eintrat. Er war in der Friedens- und Menschenrechtsbewegung der DDR genauso aktiv wie in seinem Engagement gegen Rechtsextremismus. Silvio Meier wurde 1992 im Alter von 27 Jahren von Neonazis erstochen. Mit dem Silvio-Meier-Preis erinnert der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg an einen couragierten Menschen, der sich leidenschaftlich für Toleranz einsetzte und bezieht klare Position gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Ausgrenzung, Diskriminierung und will zu aktiven, gewaltfreien Eintreten für Freiheit, politischer oder kultureller Emanzipation unabhängig von Herkunft, Religion, sozialer Stellung oder sexueller Identität ermutigen und entsprechendes Handeln unterstützen und ehren.

Medienkontakt
E-Mail: presse@ba-fk.berlin.de
Telefon: (030) 90298-2843