Richtigstellung des Bezirksamtes zur Kooperation mit "Diese eG"
Pressemitteilung Nr. 177 vom 09.08.2019
Das Bezirksamt von Friedrichshain-Kreuzberg übt seit 2017 verstärkt das Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten nach §172 Baugesetzbuch aus. Ziel ist der Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung. In den vergangenen Jahren hat der Bezirk 28 Mal das Vorkaufsrecht ausgeübt und für 29 Häuser Abwendungsvereinbarungen abgeschlossen. Insgesamt konnten so 1281 Wohnungen bzw. Haushalte gesichert werden. In den meisten Fällen hat der Bezirk zu Gunsten von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften vorgekauft. Käufer*innen können den Vorkauf abwenden, wenn sie sich zur Einhaltung des Milieuschutzes verpflichten. Sie tun dies vertraglich durch eine Abwendungsvereinbarung. Darin wird u.a. auf mietpreistreibende Modernisierungen und die Aufteilung der Mietshäuser in Eigentumswohnungen verzichtet.
Seit Beginn 2019 sind Käufer*innen immer weniger bereit, diese Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen. Stattdessen werden immer mehr Geschäftsmodelle entwickelt, die auf Verdrängung abzielen. Eines davon ist der Abverkauf von (leeren) Eigentumswohnungen als einträglichste Form der Immobilienverwertung. Seit Jahren nehmen Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen weiter zu.
Im Mai 2019 wurde parallel für 13 Häuser das Vorkaufsrecht geprüft. Im Austausch mit den betroffenen Mieter*innen und mietenpolitisch aktiven Initiativen entstand daher die Idee, das Vorkaufsrecht zugunsten einer Genossenschaft auszuüben – und das eben in den Fällen, in denen die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften dazu nicht bereit bzw. finanziell in der Lage waren.
Aufgrund der engen Fristen der laufenden Vorkaufsprüfungen und auf Wunsch der betroffenen Mieter*innen wurde ab Mai 2019 das Vorkaufsrecht in fünf Fällen, bei denen weder eine Abwendungsvereinbarung abgeschlossen werden konnte noch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft als Vorkäuferin zur Verfügung stand, zu Gunsten der „Diese e.G.“ ausgeübt.
Der Senat von Berlin hat zwischenzeitlich beschlossen, dass aus wohnungspolitischer und städtebaulicher Sicht auch Genossenschaften beim Vorkauf von Mietshäusern unterstützt werden können. Dieser Senatsbeschluss wurde am 8.8.2019 vom Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses bestätigt.
Am 8.8.2019 und 9.8.2019 wurden im Tagesspiegel verschiedene Aussagen getätigt, die nicht korrekt sind. Daher veröffentlicht das Bezirksamt die folgende Richtigstellung:
Aussage 1: Der Bezirk übt zugunsten der „Diese eG“ aus, obwohl die „Diese eG“ die Kaufpreise nicht rechtzeitig zahlt.
Für die Fälligkeit des Kaufpreises müssen nach weit überwiegender Rechtsauffassung zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Der Bescheid muss Bestandskraft haben, also rechtskräftig sein. Dieser Zeitpunkt tritt erst mit Ablauf der Widerspruchsfrist von Käufer und Verkäufer ein, sofern diese nicht Widerspruch einlegen – in diesem Fall tritt die Bestandskraft erst ein, wenn der Widerspruch beschieden ist bzw. ein eventuelles Klageverfahren mit einem rechtskräftigen Urteil abgeschlossen wird, gegen das keine Rechtsmittel eingelegt werden.
2. Dem Bezirk bzw. dem Dritten muss die Auflassung erklärt werden. Diese wurde im Ursprungsvertrag ja nur dem Käufer erklärt.
Aussage 2: Die „Diese eG“ hat noch kein tragfähiges Finanzierungsmodell entwickelt.
Die von der „Diese eG” eingereichten Finanzierungspläne werden vom Bezirk als plausibel angesehen. Grundlage sind neben den Genossenschaftsanteilen Finanzierungszusagen der GLS-Bank und der IBB sowie der Landesebene. Alle ausstehenden Zahlungen wurden fristgerecht beglichen.
Aussage 3: Der Bezirk übt zugunsten einer Genossenschaft aus, für die „Immobilienfinanzierung und Betriebswirtschaftslehre […] Neuland sind“ und deren Finanzierungsmodelle noch nicht bestehen.
Mit Werner Landwehr an der Spitze der Genossenschaft verfügt die „Diese eG” über langjährigen finanz- und immobilienwirtschaftlichen Sachverstand. Herr Landwehr war schon vor dem Amtsantritt von Florian Schmidt als Bezirksstadtrat für Bauen, Planen und Facility Management an konzeptionellen Überlegungen der bezirklichen Vorkaufsrechtspraxis beteiligt.
In das Finanzierungsmodell der „Diese eG“ fließen mehrere Förderoptionen ein. Darunter eine darlehensbasierte Genossenschaftsförderung des Senats, die bereits existiert und die neue Fördermöglichkeit speziell bei Vorkaufsrechten ermöglicht (siehe oben). Eine weitere Möglichkeit, die gerade geprüft wird, ist die Förderung von Genossenschaftsanteilen für ALG II-Empfänger*innen.
Aussage 4: Der Bezirk hat die Finanzierung des Vorkaufsrechts nicht geprüft, bevor er es zugunsten der Diese eG ausübte.
Im Vorfeld der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die „Diese eG” Finanzierungspläne beim Bezirksamt eingereicht, die vom Bezirk auf Plausibilität geprüft wurden. Auf Grundlage dieser Finanzierungspläne hält das Bezirksamt eine gesicherte Finanzierung des Vorkaufsrechtes durch die „Diese eG” zum Fälligkeitszeitpunkt für plausibel und übte das Vorkaufsrecht in der Folge zugunsten der „Diese eG“ aus. Da die „Diese eG” bisher ihre Zahlungsverpflichtungen eingehalten hat, besteht auch zum jetzigen Zeitpunkt kein Anlass, die Zahlungsfähigkeit der „Diese eG“ infrage zu stellen.
Aussage 5: Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten der „Diese eG“ werden die Mieter*innen finanziell stark belastet.
Es ist richtig, dass sich die Mieter*innen über Genossenschaftsanteile am Kauf beteiligen müssen (siehe Einleitung). Im Vorfeld werden diese umfassend über die finanziellen Folgen und mögliche Darlehen informiert. Die „Diese eG” tritt nur nach positivem Votum der Mieter*innen als Vorkaufsbegünstigte auf. Mindestens 70 Prozent der Mieter*innen müssen das Vorhaben unterstützen.
Aussage 6: Der Bezirk hat Grundstücksverkäufer bewusst getäuscht, indem er die Zahlung des Kaufpreises in Aussicht stellte.
Eine Täuschung liegt nicht vor. Auf Grundlage dieser Finanzierungspläne hielt das Bezirksamt eine gesicherte Finanzierung des Vorkaufsrechtes durch die „Diese eG“ zum Fälligkeitszeitpunkt für plausibel und übte das Vorkaufsrecht in der Folge zugunsten der „Diese eG“ aus. Sollte der Vorkaufsberechtigte, in diesem Fall die Genossenschaft, den Vorkauf wider Erwarten nicht finanzieren können, müsste der Bezirk den Vorkaufsbescheid aufheben. Für den Bezirk besteht kein finanzielles Risiko. Bisher sind die vorkaufsbegünstigten Dritten ihren Zahlungsverpflichtungen bei allen Vorkaufsfällen nachgekommen.
Folgende Grundstücke mit insgesamt 103 Wohnungen wurden bisher im Rahmen des Vorkaufsrechts durch die „Diese eG“ erworben:
- Boxhagener Str. 32, 40 Wohneiheiten (WE), Ausübungsdatum: 20.05.2019
- Forster Str. 1, 10 WE, 28.05.2019
- Krossener Str. 36, 15 WE, 07.06.2019
- Rigaer Str. 101, 18 WE, 24.06.2019
- Holteistr. 19/19A, 20 WE, 24.07.2019
Fragen, die die „Diese eG“ betreffen, bitten wir auch direkt an die Genossenschaft zu stellen. Auf der Homepage der „Diese eG“ sind Ziele und Finanzierungsmodell ausführlich dargestellt.