In meinem letzten Bericht möchte ich zunächst über „Oracle“, das Äquivalent zur Berliner Profiskal Buchungssoftware, berichten. In Dublin werden die Rechnungen für den Zahlungsvorgang ausschließlich digital verwaltet. Für den Erwerb einer Leistung oder Ware wendet sich bspw. die Werkstatt der DFB an das Accounting Team. Mittels Excel Übersicht mit den Kerninformationen und dem Angebot (Quote) wird ein Purchase Order Request (POR) mit einer temporary POR ID im System erstellt. Diese wird an den Vorgesetzten (Budget holder) mit der Bitte um Bestätigung gesendet. Im Anschluss an die Beschaffung mit vorliegender Rechnung (Invoice) vergleicht das Civic Procurement die POR mit der Rechnung bezüglich Abweichungen. Neu Prozessschritte werden per Email mitgeteilt. Die digitale und teilweise zentrale Rechnungsprüfung hätte in Zeiten von Aufgabenverdichtung aufgrund von Personalmangel durch Fluktuation, Rekrutierungsproblemen und hohem Krankenstand durchaus Vorteile für Berlin. Verzögerungen im Zahlungsvorgang sollten mit Blick auf die Liquidität der Auftragnehmer vermieden werden, auch zur Stärkung unserer Reputation. Die digitale Verwaltung von Rechnungen verhindert das Suchen von Rechnungen auf den Tischen von abwesenden Kolleginnen und Kollegen. Die Freigabe von Rechnungen kann im Falle von Abwesenheit an eine andere Person weitergeleitet werden, um einen Backlog vorzubeugen. Alle Unterlagen und Daten sind im System abrufbar. Natürlich ist hier ein sehr gutes Management der Zahlungen essentiell. Im Bereich des Accounting und Procurement findet zurzeit ein Umbruch in Richtung Contract Management statt. Es bestehen viele Rückfragen zur Vervollständigung der Vertragsdatenbank und diese Klärungen sind sehr zeitaufwendig. Kurzgefasst werden solche Rechnungen schnell und zentral freigegeben (!), welche auch einen Vertrag und ein Vertragsbudget vorweisen. Andere Auftragnehmer müssen ein umfangreiches Genehmigungsverfahren durchlaufen. Ziel ist neben der Standardisierung auch die Sicherung von günstigen Konditionen über mehrere Jahre. Das vereinfachte Verfahren für Aufträge unterhalb der 12.500 Euro Grenze soll zudem kleinere Unternehmen zur Beteiligung bei der Angebotsabgabe befördern. Im Bereich des DFB ist Schnelligkeit gefragt, weshalb die Begleichung von Rechnungen auch sehr schnell ausgelöst werden müssen. Die Funktion der Priorisierung gibt es hier jedoch nicht. Man muss direkt bei der Support Hotline anrufen.
Dublin war in den Jahren 2009-2012 drastischen Einsparungen unterworfen worden. Insbesondere im Bereich der Personalausgaben durch das Einfrieren der Gehälter und einem Beförderungsstopp. Es wurden zusätzliche emergency taxes eingeführt, welche teilweise bis heute noch greifen. Nach diversen Rücksprachen kristallisiert sich auch hier heraus, dass ein massives Problem bei der Personalgewinnung in diversen Verwaltungszweigen besteht. Die Personalzugänge vermögen nicht, wie auch in Berlin, den natürlichen und ungeplanten Personalabgang zu kompensieren. Insbesondere die Fluktuation von der lokalen in die höheren Verwaltungsebenen stellen ein hohes Risiko dar, nachdem die Einarbeitung auf lokaler Ebene viele Kapazitäten verschlungen hat. Die daraus resultierende Arbeitsverdichtung führt auch hier zu Überstunden, Fluktuation und Frust. Es ist der Beginn einer gefährlichen Abwärtsspirale. Schlimmer noch ist der Verlust von Fachexpertise ausgehend des Personalabgangs. Die Dokumentation von Wissen und Wissenstransfer ist ein mitunter ungeliebter aber wichtiger Bestandteil der täglichen Arbeit. Die BA Xhain OE DigiOrg testet derzeit eine Art digitales Wiki Webinterface, welches zur Dokumentation künftig verwendet werden könnte.
Nach der Überwindung der Corona Pandemie trat auch in Dublin ein massives Sicherheitsproblem in den Bibliotheken und Behörden auf, weshalb zusätzliche Ausgaben für Wachpersonal aufgewendet werden müssen, wie in Berlin. Der Wohnungsmarkt ist sehr stark übernachgefragt. Obdachlosigkeit ist ein großes Thema und bindet hohe finanzielle Zuweisungen im HPL. Die Investitionsplanung 2024-26 weist den Großteil des Budgets für Wohnungsbaumaßnahmen aus. Es bestehen aber auch in Dublin diverse Probleme im Bausektor. Geplante Bauprojekte im Speckgürtel von Dublin auf dem sogenannten green field verfügen über sehr gute Verkehrsanbindungen, soziale Infrastruktur, riesige Parkanlagen und viele Spielplätze. Die 15 Minuten City: Menschen mit dem Alltäglichen des Lebens zu versorgen und somit u.a. die Schadstoffbelastung durch kürzere (Fuß)-Wege zu reduzieren, sind auch hier ein Thema. Leider sind die vielen meist Reihenhäuser für ein Dubliner Durchschnittsgehalt eine enorme Herausforderung. Viele Kolleginnen und Kollegen aus den „älteren“ Bezirken und Wohngebieten müssen weite Anfahrtswege zum nächsten Bahnhof in Kauf nehmen und sind teilweise bis zu 1.5 Stunden oneway unterwegs zur Arbeit. Das persönliche Carsharing zwischen den Mitarbeitenden wird beworben. Ein gut ausgebautes Carsharing Netzwerk, wie in Berlin, gibt es hier nicht. Parkraumausweitung und Erhöhung von Parking fees sind künftig geplant. Die Gegenfinanzierung der Mehrausgaben für Strom, Gas und Fernwärme werden durch das DCC derzeit geprüft. Nach Rücksprache mit dem Personal der DFB würden Absenkungen der Büroraumkerntemperatur auf 19 Grad und kaltes Wasser in den Handwaschbecken definitiv zu einem Streik führen.
Was mir in Dublin besonders gut gefällt aber auch in anderen Städten wie Kilkenny, Galway und Cork ist die absolute Sauberkeit auf den Straßen. Brennpunkte ausgenommen. Das DCC erhöhte in 2024 die Mittelzuweisung für Straßenreinigung und die ersten positiven Entwicklungen sind selbst auf der Party Meile der Temple Bar erkennbar. Dublins Häuser zieren viele sehr farbenfrohe und große Wandgemälde, welche das Straßenbild optisch aufwerten und frisch erscheinen lassen. Die Züge des Regional- und Nahverkehrs sind an manchen Stellen veraltet, aber sauber und es gibt keine verkratzten Fensterscheiben. Im Zug von Dublin (DART) nach Howth wird das Ablegen der Schuhe auf der Sitzbank mit 50 Euro abgestraft. Die Dieselbelastung ausgehen der Züge ist in der Innenstadt immens. Es ist eine sukzessive Umstellung des Zugverkehrs auf elektronische Fahrzeuge in Planung.
Am vergangenen Freitag hatte ich die Ehre die Corporate Project Support Group (CPSO) persönlich treffen zu dürfen. Wir hatten einen sehr offenen Austausch über den derzeitigen Bausektor aber auch über die Verfahren in der Investitionsplanung und Projektausführung. Die CPSO ist die vermittelnde Stelle zwischen der bewilligenden Behörde und den beantragenden Abteilungen, insbesondere dem Projektmanagement. Der Public Spending Code wurde 2019 zur Vereinfachung von Prozessen überarbeitet. Es sind daraus viele Guidelines entstanden, welche von den PMs oft als sehr umfangreich empfunden werden. Das CPSO unterstützt und berät in diesem Falle. Die vierteljährlichen Progress Reviews monitorieren den Verlauf der vielzähligen Projekte und in diesem Austausch können auch weitere Mittel freigegeben werden. Es sind in der gesamten Projektphase insgesamt 6 Gates zu passieren und mit jedem weiteren Schritt können Gelder bewilligt werden. Es gibt keine gesperrten Ansätze. Ausgehend des Ex-post Review Prozesses hat sich eine Übersicht etabliert, welche die Lessons Learned Analyse aufgreift und fortschreibt. Es gibt zudem einen Workshop für das Projektmanagement zum Wissensaustausch und um neuen Mitarbeitenden das Thema näher zu bringen. Bei der Priorisierung von Projekten seitens des CPSO spielt natürlich auch die Vorgabe „Climate Neutral Dublin 2030“ eine bedeutende Rolle. Die Priorisierung wird über ein Excel basiertes Tool per Kriterien Analyse vorgenommen und die Ergebnisse werden in eine Matrix nach Wichtigkeit und Dringlichkeit überführt und visualisiert. Kriterien sind Kosten, Strategie, Zeit, Ressourcen, gesetzliche Bestimmungen, politischer Wille etc. Interessanterweise werden die Einreichungen per MS Teams im Kalender gespeichert und per Bearbeitungsstatus und Deadlines organisiert. Klingt komisch, sah aber sehr übersichtlich aus.
An meinem vorletzten Tag fand die erste offizielle Beratung und Verhandlung zwischen dem Chief Executive der DFB Dennis K. und dem Head of Finance Team im Dublin City Council statt. Die Ausgaben und Einnahmen wurden detailliert besprochen als auch höhere Ansätze im Detail geprüft und hinterfragt. Dieser Termin ist eine Mischung aus unseren Abteilungs- und Chefgesprächen. Die Budgeteinreichungen aller Departments wurden seit dem 09.10.2024 verhandelt und werden in einem einzigen Haushaltsplanvorschlag für die Stadt Dublin zusammengeführt. Parallel laufen noch Rücksprachen auf höherer Ebene über die letzten finanziellen Knackpunkte. Am 25. November wird die Budget Draft offiziell durch den Bürgermeister vorgestellt und nach Zustimmung der Corporate Policy Group und Group Leader verabschiedet.
Meine abschließende Einschätzung: mir gefiel ausdrücklich die strategische Darstellung im Haushaltsplan per Objectives, der Qualitäts- und Review Prozess in der Investitionsplanung und die digitale Rechnungslegung. Darüber hinaus sollte die Einführung eines digitalen Zeiterfassungs- und Urlaubsantragssystems forciert werden. Im Bereich der Investitionen und Bauvorhaben: Das Verfahren des Monitorings im Rahmen eines vierteljährlichen Reviews und Beratungen zum Prozessfortgang als auch die diversen Handreichungen im komplexen Baubereich sollten hierzulande aufgegriffen werden und eine *Flexibilisierung und verbesserte Umsetzbarkei*t der Baumaßnahmen forcieren. Generell sind die starren Vorgaben im Investitionsbereich an die praktischen und technischen Herausforderungen im Bausektor anzupassen, um am Markt konkurrenzfähig zu bleiben. Aber auch Qualitätsmanagement sowie Effizienz und Effektivität müssen stärker in den Fokus rücken!
Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich für die Möglichkeit bedanken, Einblicke in die Denkweise und Arbeitsprozesse des „Celtic Tigers“ gewinnen zu dürfen. Ich kann an dieser Stelle Jede und Jeden mit einer Projektidee ermutigen, eine Bewerbung für LoGo einzureichen.
Oft gesagt und doch so wahr: Das Lernen ist ein lebenslanger Prozess!