Isabella Adamiak berichtet aus Wien

Dachmochdellierung

Bericht vom 20. und 27. September

Die faszinierenden zwei Wochen im „Inner Circle“ des Magistrats 41 – Stadtvermessung sind nun zu Ende. Ohne pathetisch klingen zu wollen, muss ich die unglaubliche Freundlichkeit, gepaart mit profundem Fachwissen, erwähnen, die ich durchgehend erfuhr und sehr genoss! Herr Hubert Lehner und sein Team ermöglichten mir durch ihre durchdachte Organisation meines Aufenthalts eine rundum Einsicht in Fachbereiche der Kartographie & GIS, Photogrammetrie & Airborne Laserscanning, Innovation & IKT sowie 3D-Modellierung & 3D-Services. Herzlichsten Dank dafür.

In der Abteilung der Stadtvermessung unter der Leitung von Dr. Lionel Dorffner gibt es eine thematische Trennung der Fachbereiche in projektbezogene Tätigkeiten und Geobasisdaten:

** Projektbezogenen (anlassbezogene) Tätigkeiten* gliedern sich in Fachbereiche Baustellenvermessung, Rechtliche Vermessung (Flurstückvermessung) und Technische Vermessung (Bestandspläne, Lage- und Höhenpläne).
* Die Geobasisdaten sind in Terristrische bzw. Mehrzweckkarte-Vermessung, Kartographie & GIS, Photogrammetrie & Airborne Laserscanning, Innovation & IKT sowie 3D-Modellierung & 3D-Services organisiert.

Die Besonderheit der Geodaten der MA 41 ist deren Genauigkeit, Detailreichtum und die laufende Aktualisierung, die intern erfolgt und nicht an externe Dienstleister verlagert wird, außer der extern erzeugten Luftbilder (Photogrammetrie) und der Punktwolken (Laserscandaten).

Die „Produkte“, die in der MA 41 entstehen und aufeinander aufbauen, sind:

Mehrzweckkarte (MKZ) als Basiskarte (Naturstandsvermessung bzw. -erfassung) und die daraus abgeleitete Flächenmehrzweckkarte (FMZK) wird mittels Luftbildinterpretation an digitalen Stereoauswertestationen händisch im Fachbereich Photogrammetrie & Airborne Laserscanning erzeugt. Die MKZ ist genauso für die Erstellung des digitalen Geländemodells als auch für die Konstruktion des Dachmodells essenziell. Eine Weiterbearbeitung in kartografischer Sicht sowie die von anderen Abteilungen des Magistrats gewünschte GIS-Analysen sind im Fachbereich Kartographie & GIS angesiedelt. Die FMZK ist die Hintergrundkarte des Kartenportals „Stadtplan Wien“.

Im Fachbereich unter der Leitung von Hubert Lehner entstehen die weiteren Modellierungen: Im digitalen Geländemodell (DGM) werden geländerelevante Punkte und Linien wie bspw. Böschungskanten, Uferlinien, Stützmauern mit Ober- und Unterkante aus der MZK sowie Laserscandaten händisch abgeleitet.

Die Baukörpermodelle (LoDs, die teilweise 2.4 Detailtiefe für ausgewählte Bereiche aufweisen) werden aus dem Grundriss der einzelnen Gebäudeteilflächen der FMZK erzeugt. Die Höhe der einzelnen Gebäude wird mittels Luftbildauswertung erfasst, die aus denselben Luftbildern ermittelt wird, die auch für die Aktualisierung der MZK verwendet werden.

Die Dachmodelle, Brücken und sonstige Objekt der Stadt werden mit 3D-Studio und der Erweiterung citygrid.max zeitintensiv und händisch nachgebildet. Die Datengrundlage hierfür besteht aus der MZK, Laserscandaten, Luftbildaufnahmen und Straßenbefahrungsdaten (auch Kappazunder genannt, was Koryphäe bedeutet). Nach Fertigstellung werden diese als Citygml exportiert und in das 3D-Portal Stadtplan3D importiert.
Intern sind weitere Modellierungen im Aufbau wie Storymaps (Radweg) für ÖA, S- und U-Bahntrassen, Untergrundinfrastruktur, geologische Strukturkarten aber auch die testweise Einbindung der Sensordaten von Smart Metern (öffentliche Gebäude), die in Zusammenarbeit mit der IT erfolgt. Geplant ist die Zurverfügungstellung der städtebaulichen Bauprojekte für die breite Öffentlichkeit. Die 3D-Services erzeugen auf Anfrage Fotomontagen, Vorher-Nachher-Vergleiche, BIM-Objekte und BIM-Modelle, valide Sichtbarkeitsanalysen. Auch hausintern werden druckfertige Dateien für den 3D-Druck angefertigt.

Ein weiteres Projekt ist der digitale geoZwilling bestehend aus einer zentralen Geodatenbank, in der Ergebnisse der Terrestrischen Vermessung, der Photogrammetrie, des Airborne Laserscannings, des Mobiles Maping Systems (Straßenbefahrung), KI & noch Unbekanntes abgelegt werden. Daraus soll eine 3D-Datenbank entstehen, aus der die MZK, FMZK, basemape, DGM und 3D-Stadtmodell abgeleitet werden kann und nicht umgekehrt, wie es jetzt noch Status quo ist. Geplant ist dieser Systemwechsel für Ende 2026.

Mikroklima-, Wind-, Schallausbreitungs- oder Hochwassersimulationen müssen entweder extern vergeben werden oder es werden entsprechende Tools eingekauft, die solche Ergebnisse für die 3D-Visualisieren liefern.

Inspirierend ist der Fachbereich der Innovation und IKT unter der Leitung von Lother Eysn, der sich agil, innovativ und verändernd den Erfordernissen der technischen Herausforderungen stellt. Ein sehr spannendes Projekt ist Detekt, eine moderne Geodatenplattform zur Objekt-, Oberflächen- und Schadenserkennung eingebettet in Mobile Mapping Daten. Sie arbeitet mit Bild-, LiDAR- und GIS-Daten. Mithilfe von KI erkennt Detekt Straßenschäden, Verkehrszeichen und Bodenmarkierungen im öffentlichen Raum und liefert für jede Detektion den exakten Standort und die Abmessungen. Eine integrierte Annotations- und Trainingsfunktionalität ermöglicht die Erkennung beliebiger Objekte oder Oberflächen ohne notwendige Machine Learning-Vorkenntnisse. Über 6000 Straßen und Gehwegschaden-Flächen wurden hierfür digitalisiert und zum Lernen der Software eingespeist.

Viele Prozesse der Datenerzeugung und -konvertierung werden durch FME (Feature Manipulation Engine) begleitet. CAD- oder BIM-Daten, Web-Dienste oder nicht-räumliche Daten aus Excel oder unstrukturierten Textdateien werden in die verschiedenen ArcGIS Produkte integriert. Den Mitarbeitenden werden FME-Schulungen ermöglicht.

Betonen möchte ich die gelebten flachen Hierarchien und die ernsthafte Wertschätzung gegenüber dem Fachwissen und der Fachkenntnis der Mitarbeitenden, die auch vielseitig und individuell gefördert werden. Vor Beginn meiner Hospitation hatte ich eine Ahnung über gewisse Besonderheiten, aber diese wurde vielfach übertroffen!

Stadtentwicklungsprojekt Seestadt

Bericht vom 13.09.2024

Die zweite Woche begann mit dem Besuch bei Herrn Baur, Leiter der Stabsstelle BürgerInnenbeteiligung und Kommunikation, der ausführlich erklärte, wie transparent und effektiv eine Bürger*innenbeteiligung in der Stadtplanung und -entwicklung abläuft. Diese ist grundsätzlich im Masterplan für partizipative Stadtentwicklung nach fünf Kriterien festgelegt. Dieser ist seit seinem Beschluss durch den Gemeinderat im Dezember 2016 für die Stadtteilplanung bindend. Angeboten werden Stakeholder-Gespräche, Dialogausstellungen vor Ort, Online-Infostunden und Workshops. Eingeladen werden Bürger*innen mittels Postwurf, Bezirksmedien und sozialen Medien. Die laufenden Vorhaben und Projekte der Stadtplanung und Flächennutzung werden in einer detaillierten Vorhabenliste publiziert.

Herr Lukas Lang stellte den Klimavorzeige-Stadtteil RothNEUsiedl vor, welcher im internationalen städtebaulichen und freiraumplanerischen Wettbewerb entsteht. Das Berliner Büro O&O Baukunst hat die international besetzte Jury im wettbewerblichen Dialog mit dem Entwurf „Grüner Ring“ überzeugt. Aktuell wird ein städtebauliches Leitbild unter Mitwirkung der Bürger*innen bis 2025 entwickelt.

Mit Christian Müllegger besuchte ich die Seestadt, eines der größten Stadtentwicklungsprojekte Europas, das in mehreren Bauphasen entstanden ist und weiterentwickelt wird.

Ganztagsveranstaltung „KI Use Cases in Wien – MeinChatGPT“ der Stadt Wien: Seit Anfang 2023 dürfen Mitarbeitende mehrerer Magistratsabteilungen und des WIGEV die KI nutzen. Hierzu wurde ein KI-Kompass für die Bediensteten der Stadt erarbeitet und veröffentlicht. Darin heißt es: „Die Nutzung von im Internet verfügbaren generativen KI-Werkzeugen für den dienstlichen Gebrauch ist unter den geltenden Rahmenbedingungen erlaubt und erscheint im Sinne einer modernen und effizienten Stadtverwaltung unumgänglich.“ Klar ist auch, dass für die KI-generierten Inhalte der Mensch die Verantwortung trägt, sie als solche gekennzeichnet haben muss sowie für den rechtskonformen Umgang mit sensiblen beziehungsweise personenbezogenen Daten und dem Amtsgeheimnis sorgen muss. Und selbstverständlich gibt es zweimal im Monat ein „Prompt-Training“, um den Umgang mit ChatGPT und Co. kennenzulernen. Es wurden einige konkrete Use Cases der Stadtwerke Wien u. a. zum Thema Energie und Mobilitätsplanung und -prognosen vorgestellt.

In beiden Stabsstellen ist der respektvolle und vertrauensvolle Umgang der Vorgesetzten, aber auch der Beschäftigten untereinander auffallend. Es herrscht ein positives und freies Arbeitsumfelds mit hoher Motivation. Das Teamvertrauen und das freundliche Miteinander, worauf geachtet wird, führt zu einer sehr hohen Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen und eindrucksvollen Arbeitsergebnissen.

Ich muss zugeben, es fällt mir schwer, nach zwei Wochen ernstgemeinter und gefühlter Zugehörigkeit, die MA 21 A zu verlassen …

Hospitation Adamiak 2024

Bericht vom 06.09.2024

Nach einem herzlichen Empfang, wie ihn nur die Wiener*innen auf Wienerisch so natürlich, charmant und offen bereiten können, begann für mich die erste Woche in der MA 21 A – Stadteilplanung und Flächenwidmung. Die Digitale Stadtplanung setzt auf moderne Geoinformationssysteme (GIS), die es ermöglichen, komplexe städtische Planungen digital darzustellen und zu analysieren, hauptsächlich skriptbasiert. Aufbauend auf einer zentralen Datenbank, in der alle relevanten Informationen zu Bauprojekten, Bebauungsplänen und städtebaulichen Veränderungen gespeichert und in Echtzeit aktualisiert werden können. Dadurch wird die Kommunikation zwischen den Ämtern effizienter, Planungsprozesse werden beschleunigt und Bürger*innenanfragen können schneller und automatisiert bearbeitet werden.

Herr Marth, Stabsstellenleiter der Stabsstelle IKT und Datensysteme, organisierte für mich ein spannend abwechslungsreiches, zweiwöchiges Programm: Es startete am Montag mit dem 120. Fachausschuss GIS unter der Leitung des ViennaGIS-Koordinators Herrn Jörg. Dieses Treffen, zu dem ich den Fachbereichsleiter Räumliche Struktur und Planevidenz, Herrn Rahming begleiten durfte, findet alle zwei Monate statt. Dort tauschen GIS-Praktiker aktuelle Themen und Neuigkeiten aus, u. a. über die Vervollständigung der Metadaten im Geokatalog oder, besonders interessant, über den Status Stadtplan Wien und das neue Geoportal Wien basierend Masterportal (Pendant zu unserem MeinXhain), welches sich im Aufbau befindet.

Trotz des gemeinen Hagelkorns, der von meinem linken Auge Besitz nahm und mich für zwei Tage außer Gefecht setzte, ließ ich mir nicht die absolut nachahmenswerte Veranstaltung für unseren Geodatenservice nehmen, das Modul Vienna-GIS von A bis Z, wo niederschwellig und praxisorientiert Geodaten-fernen Abteilungen bzw. Mitarbeitenden die Geoportale, ihre Nutzung und ihr Mehrwert präsentiert werden.

Jenseits des imposanten Radhausgeschehens bin ich in der Bouleszene (Pétanque Wien) äußerst freundlich aufgenommen worden, man stellte mir sogar ein eigenes Set zur Verfügung und ich durfte ein Blitzturnier in der Summer Stage mitspielen. Erwähnenswert ist die erstaunliche Sauberkeit des Straßenraums und der öffentlichen Verkehrsmittel, die sich auch äußerst positiv auf das entspannte Miteinander auswirkt. Nicht unerwähnt darf der wunderbare Wienerwald bleiben, den in nur 10 Minuten zu Fuß erreichen kann, wo sich auch zufällig einer der zahlreichen Wiener Heurigen befindet, nämlich Heuriger Leitner – mit einer exzellenten Aussicht auf Wien und einem recht prickelnden Hauswein …