Meine dritte Woche in Wien führt mich teilweise aus der MA 7 heraus. Nicole Abdel-Qader von der MA 13, Bildung und Jugend, empfängt mich herzlich (u.a. zum Mittag auf dem Brunnenmarkt) und erläutert mir in einem Überblick, in welchen Bereichen dieses Magistrat alles tätig ist.
Vertiefte Einblicke erhalte ich in die Arbeit des ersten Queeren Jugendzentrums von Wien, dass erst im Juni 2024 eröffnet wurde. Es erhält eine Gesamtförderung der Stadt Wien und bietet queeren jungen Menschen und Allies einen safe space. Hier können sie sein, sich untereinander und mit den Jugendarbeiter*innen austauschen. Es wird gemeinsam gekocht, was verbindet, ein Ankommen erleichtert und aber auch die prekäre Lage offenlegt, aus der manche der jungen Menschen kommen, denn ausreichende Ernährung ist auch in Wien – wie in Berlin – nicht selbstverständlich und immer leistbar.
Die räumliche und inhaltliche Gestaltung findet partizipativ, gemeinsam mit den Nutzer*innen statt. Dies führte sogar dazu, dass interessierte Jugendliche Einfluss auf die Architektur nahmen. Zum Konzept des Zentrums gehören auch Kooperationen mit zahlreichen Initiativen, die den Jugendlichen Zugang zu Orten der Selbstermächtigung und Vernetzung in der Community schaffen. Der Besuch vermittelte mir großen Enthusiasmus seitens der Mitarbeiter*innen, den jungen Menschen und der MA 13.
Am Freitag lernte ich dann unter anderem die Kinderinfo, Teil von WIENXTRA, im Museumsquartier kennen. WIENXTRA setzt Freizeitprogramme für junge Menschen und Familien um, bietet Bildungsangebote für in dem Bereich tätige Personen um und unterhält verschiedene Einrichtungen. Die Kinderinfo ist ein Ort, der explizit Wiener*innen Informationen zum Kultur- und Bildungsangebot für junge Menschen vermittelt. Die Kinder können auf dem im Raum installierten Kletter- und Rutschparkours spielen, während sich die Eltern oder anderen Verantwortlichen beraten lassen oder sich selbst informieren. Ein solches Angebot, das auch aus dem Museumsquartier herausgeht, um möglichst viele Menschen zu erreichen, kenne ich aus Berlin so nicht. Allerdings wurde ich bei anderen mir unbekannten Programmen der Stadt Wien in der Nachrecherche eines Besseren belehrt und konnte so erfahren, dass es Ähnliches auch in Berlin gibt. Dies macht den Wien-Aufenthalt auf einer anderen Ebene für mich sehr wertvoll, denn er kehrt meine Berliner Innenperspektive teilweise in eine Außenperspektive und bringt so Informationen zutage, die mir sonst vielleicht verborgen geblieben wären.
In der MA 7 lerne ich in dieser Woche die dezentrale Kulturförderung der Bezirke kennen. Hier gibt es tatsächlich große Unterschiede zur Berliner Verwaltung. Denn die Förderentscheidungen finden auf politischer Ebene statt, wie ich von der Referatsleitung Andrea Thoma und Saya Ahmad, der Bezirksvorsteherin des 9. Bezirks, Alsergrund, erfahre. Ähnlich wie die Gedenktafelkommission in Friedrichshain-Kreuzberg, nur ohne Fachvertretungen, empfehlen hier Bezirksvertreter*innen Kulturprojekte zur Förderung. Wie bei den Entscheidungsträger*innen Diversität in Positionen gewährleistet werden kann, ist eine der Fragen, die die Bezirksvorsteherin zurzeit konstruktiv angeht. Interessant finde ich, dass in Alsergrund durch die Mittel nicht nur einzelne Projektförderungen vergeben werden. So gibt es bspw. auch eine Kulturkarte, die Alsergrunder*innen vergünstigten Eintritt zu kooperierenden Kultureinrichtungen ermöglicht.
Meine Hospitation endet vorzeitig mit einem positiven COVID-Test, der eine persönliche Verabschiedung von den Wiener Kolleg*innen leider verhindert. Eigentlich hätte ich in meiner letzten Woche u.a. noch einen Termin zu allgemeinen Förderungen und der Kulturstrategie 2030 der Stadt Wien erhalten, das DSCHUNGEL Wien, ein Theater für junges Publikum, besucht sowie an einer Gemeinderatssitzung teilgenommen – die ich online teilweise verfolge, aber aufgrund mangelnder Konzentration leider nicht viel mitnehmen kann.
Nichtsdestotrotz habe ich durch die vielen Austauschmöglichkeiten in den ersten drei Wochen diverse Eindrücke und neue Kenntnisse sammeln können, die auf die eine oder andere Weise eine Bereicherung für meine Arbeit für den Bezirk, aber auch für mich persönlich sind oder sein werden.