Carl Vaugeois berichtet aus London

Entsiegelung von Parkflächen

Bericht vom 27.09.2024

In der vierten und letzten Woche verfolgte ich ein zentrales Ziel: die Fertigstellung des Regelquerschnitts zur Entsiegelung von Parkflächen. Das Ziel war die Schaffung einer entsiegelten Grünfläche mit Versickerungsfunktion und Platz für die Bepflanzung eines Baumes. Dieser Querschnitt fasst vieles zusammen, was ich in den letzten Wochen gelernt habe – von der Sicherstellung des Gasaustauschs bei Bäumen, über den Einsatz von „Skeletterde“ (structural soil) zur Wasserspeicherung anstelle von Plastikkisten, bis hin zur Gewährleistung der Tragfähigkeit des bestehenden Straßenunterbaus. Steven, der Bauleiter der Abteilung Climate Change Adaption, prüfte mein Design, um sicherzustellen, dass es sich in der Praxis umsetzen lässt.

Nachdem ich mit dem Querschnitt zufrieden war, widmete ich mich wieder dem Projekt „Sunnyhill Road“. In der vergangenen Woche hatte ich bereits das grobe Konzept entworfen. Diese Woche konnte ich die Anlage detaillierter ausarbeiten und der Gruppe Climate Change Adaptation präsentieren. Das positive Feedback meiner Kollegen hat mich sehr gefreut.

An meinem letzten Tag beim Borough of Lambeth habe ich, gemäß englischer Tradition, meine Kollegen zu einem Afterwork-Bier in einen nahegelegenen Pub eingeladen. Es war eine schöne Gelegenheit, gemeinsam auf den letzten Monat zurückzublicken und sich auch privat auszutauschen.

Mit etwas Abstand kann ich bereits sagen, dass diese Erfahrung mir viel beigebracht hat. Ich fühle mich nun deutlich sicherer in der Planung von dezentralen Regenentwässerungsanlagen. Ich habe das Gefühl, ein umfassendes Verständnis für alle Bestandteile solcher Anlagen gewonnen zu haben und traue mir zu, eigenständig solche Projekte zu planen. Besonders vermissen werde ich die IT-Infrastruktur in Lambeth. Einmal das Passwort eingegeben, und alles läuft sofort – ein deutlich schnellerer Prozess als in Berlin, wo die Abläufe komplizierter und langsamer sind.

Eine wichtige Lektion, die ich aus diesem Austausch mitnehme, ist die Bedeutung des Handelns. Als Planer haben wir oft Angst vor Fehlern oder davor, dass eine Anlage nicht einwandfrei funktioniert. Doch Innovation geht zwangsläufig mit dem Risiko von Fehlern einher – und das ist auch in Ordnung.

Lambeth Flow Routes

Bericht vom 20.09.2024

Die dritte Woche begann mit unserem zweiwöchentlichen Meeting des gesamten Climate Change Action Teams. Dieses Treffen dauert nur 30 Minuten, in denen die Kollegen kurz und konzis berichten, woran sie in den nächsten zwei Wochen arbeiten werden. Ich finde diese Meetings großartig, weil man in kürzester Zeit einen guten Überblick darüber bekommt, welche Projekte aktuell laufen und wo man möglicherweise unterstützen kann.

Anschließend hatte ich einen Termin, bei dem das Tulse Hill-Projekt im Fokus stand. Geplant ist, die Straße in Lambeth mit großen Regengärten und sogenannten SuDS (sustainable drainage systems) umzugestalten. Der Termin diente dazu, die passenden Baum- und Pflanzenarten für dieses Vorhaben auszuwählen. Da Regengärten und SuDS noch relativ neu sind, wird derzeit viel mit verschiedenen Baumarten experimentiert. Mir fällt auf, wie selten es in London Flächen dieser Größe gibt – die Straßen sind hier in der Regel schmaler als in Berlin. Ein Vergleich der Bevölkerungsdichte zwischen dem Borough of Lambeth und dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zeigt, dass Berlin tatsächlich dichter besiedelt ist. Trotzdem haben wir in Berlin breitere Straßen. Der erste Grund dafür sind die in London weit verbreiteten Vorgärten, die den Straßenraum verkleinern, obwohl die Entfernung von Gebäude zu Gebäude ähnlich ist. Ein weiterer Faktor ist die Höhe der Gebäude: In Lambeth haben viele Häuser nur zwei oder drei Stockwerke, während in Berlin fünfstöckige Häuser häufiger sind. Dadurch bleibt mehr Raum für Grünflächen und breitere Verkehrsachsen.

Eines der Highlights der Woche war die Bürgerbeteiligung für das Regengartenprojekt im William Bonney Estate und St. Alphonsus Estate. Besonders schön fand ich, dass die Kollegen von der Entwässerungsgruppe selbst zu Lidl gegangen sind, um Getränke und Snacks für die Anwohner zu besorgen. Vor Ort wurden die Projektpläne zusammen mit dem Essen und ein paar Spielen für die Kinder aufgestellt. Die Kollegen haben aktiv Passanten angesprochen und gefragt, ob sie schon vom Projekt gehört haben. Es war sehr spannend, direkt von den Anwohnern zu erfahren, welche Fragen, Sorgen oder auch Begeisterungen sie haben. Durch den Dialog konnten wir die Vorteile des Projekts erklären und wertvolles Feedback sammeln. Das wird dem Borough helfen, eine Planung zu entwickeln, die besser auf die Bedürfnisse der Anwohner eingeht.

Am nächsten Tag hatte ich einen sehr produktiven Austausch mit der Amtsleitung und Fachbereichsleitung aus Berlin, Herr Felix Weisbrich und Frau Melanie Henneberger, und Sebastian Cimander aus dem Fachbereich Grünflächen in Berlin, der derzeit im Rahmen des selben Hospitationsprogramms in Lund und Malmö unterwegs ist. Auch unsere jeweiligen Gruppenleiter aus London und Lund waren mit dabei. Uns wurde allen schnell klar, wie ähnlich unsere Herausforderungen im Bereich Straßenbau und nachhaltiger Mobilität sind.

Bikelane in London Woche 2

Bericht vom 13.09.2024

Die erste Woche meines Praktikums stand ganz im Zeichen der Einarbeitung. Ich hatte die Gelegenheit, die Abläufe im Lambeth Civic Centre kennenzulernen und erste Kontakte zu den Kollegen zu knüpfen. Dabei erhielt ich umfassende Einblicke in die verschiedenen Projekte, an denen die Teams für Transportstrategie und Klimaanpassung arbeiten. In der zweiten Woche konnte ich mich dann aktiv in konkrete Projekte einbringen. Nachdem das AutoCAD-Programm auf meinem Computer installiert wurde, konnte ich erste Entwürfe erstellen und Lösungsvorschläge ausarbeiten.

Ein besonderes Highlight dieser Woche waren mehrere Vor-Ort-Termine. Gemeinsam mit meinem Kollegen Steven traf ich die Betreiber der CCTV-Kameras, um die Planung eines “Rain Gardens” zu besprechen und zu klären, wie wir mit den vorhandenen Kabeln umgehen können. Auffällig ist, wie weit verbreitet CCTV-Kameras in London sind und wie wenig Widerstand sie in der Bevölkerung hervorrufen – ein deutlicher Kontrast zu Deutschland, wo Überwachungskameras oft auf Skepsis und Diskussionen stoßen. Zufällig waren auch Mitarbeiter des Gasunternehmens vor Ort, die genau an der Stelle gruben, die für unser Projekt von Interesse war.

Am Donnerstag bot sich mir die Gelegenheit, gemeinsam mit Matthew und Isobel vom Team Climate Change Adaptation eine Rundfahrt durch den Bezirk zu machen, um abgeschlossene Projekte der dezentralen Entwässerung zu besichtigen. Dabei fiel uns auf, wie die Entwässerungslösungen von Projekt zu Projekt kontinuierlich verbessert wurden. Zunächst begann man mit der Entsiegelung von Flächen, danach wurden Grünanlagen so gestaltet, dass sie Wasser aufnehmen konnten. Mittlerweile wird die Höhenplanung und die Beschaffenheit der Substrate in den Regenbeeten optimiert, um mehr Wasser zu speichern und Schadstoffe besser zu filtern. Die wichtigste Erkenntnis dieser Tour war für mich, dass man einfach anfangen muss. Natürlich ist nicht alles von Beginn an perfekt, aber durch Erfahrungen lernt man und verbessert die Lösungen kontinuierlich.

Im Anschluss daran begleitete ich Cova, eine Kollegin aus dem Team Transport Strategy, zur Leigham Court Road. Vor unserem Treffen mit dem Planungsbüro hatte sie mir die Vorplanung für die gesamte Straße zur Verfügung gestellt, die ich kommentieren durfte. Der Eindruck vor Ort unterschied sich jedoch deutlich von dem, was ich mir anhand der Pläne vorgestellt hatte. Trotz der relativ schmalen Straße gibt es hier zahlreiche Schulen, Sporthallen und Veranstaltungssäle, was zu einem erheblichen Verkehrsaufkommen führt. Vor Ort erörterten wir verschiedene Lösungsvorschläge unter Berücksichtigung der aktuellen Verkehrssituation und der bestehenden Planungen.

Wohnhäuser in Vauxhall, Lambeth

Bericht vom 06.09.2024

Am Montag, den 2. September, bin ich zum Lambeth Civic Center gefahren, um mich mit Matthew Panou zu treffen, mit dem ich während meines Aufenthalts in London häufig zusammenarbeiten werde. Schon die erste Fahrt mit der Tube, der Londoner U-Bahn, hat viele Erinnerungen an die Zeit geweckt, als ich vor 14 Jahren hier ein paar Monate lebte. Matthew leitet ein Team, das sich mit der Umgestaltung von Straßenräumen in Flächen für dezentralisierte Regenentwässerung befasst. Er und ich teilen viele gemeinsame Interessen und können stundenlang über verschiedene Entwässerungsinitiativen (hier SuDS genannt), die Herausforderungen bei der Finanzierung, die Entwicklung standardisierter Arbeitsprozesse und vieles mehr sprechen.

Am nächsten Tag traf ich David, den Gruppenleiter der Abteilung „Strategische Verkehrsplanung“. David gab mir eine umfassende Einführung in die Hauptstrategien seines Teams. Am Mittwoch freute ich mich sehr, als mir mitgeteilt wurde, dass mir ein Computer, ein Personalkonto und eine E-Mail-Adresse zur Verfügung gestellt werden. So konnte ich am Vormittag die Projekte des Bezirksamts Lambeth durchsehen. Am Nachmittag befasste ich mich mit dem Problem des Baumsterbens in SuDS-Projekten aufgrund des Salzstreuens im Winter. Mit Hilfe von ChatGPT erstellte ich eine Liste einheimischer Bäume, die besonders salzresistent und für den Einsatz in SuDS geeignet sind. Ich stellte auch den Aufbau der verschiedenen Bodenschichten zusammen. Diese Informationen fasste ich in einem Dokument zusammen und reichte es bei Matthew ein. Er war sehr beeindruckt von den Möglichkeiten der KI und schlug vor, dass wir uns nächste Woche mit dem Arboristen des Bezirks treffen, um die Informationen im Dokument zu prüfen.

Der Donnerstag begann mit einem Treffen mit meiner Kollegin Tash. Sie erzählte mir von der „Kerbside Strategy“, was in Deutschland als Entsieglungsmaßnahmen bekannt ist. Es ist beeindruckend zu sehen, wie weit Lambeth in der Digitalisierung fortgeschritten ist und welche Möglichkeiten die Bereitstellung von Daten eröffnet. Am Nachmittag wurde ich spontan gebeten, an einem Meeting teilzunehmen, um bei der Lösung eines Problems im SuDS-Design zu helfen. Anschließend fand ein Treffen mit allen Gruppen des Fachbereichs „Climate Change Adaptation“ statt. Freitags arbeiten die meisten im Homeoffice, was für eine ruhigere Atmosphäre sorgt. Viele Meetings und die interne Kommunikation finden daher über Microsoft Teams statt.