Meine Hospitationsreise brachte mich in der dritten Aufenthaltswoche in Wien wiederrum mit zwei sehr interessanten Angeboten in Kontakt. Ich möchte zum einen von der Arbeit des Schulkooperationsteams (SKT) berichten und zum anderen die Mobile Arbeit mit Familien vorstellen (MAF). Schulkooperationsteams (SKT) unterstützen bei Konflikten in der Schule. Sie sind Ansprechpersonen für Lehrkräfte, die bei Bedarf die Eltern der Schüler*innen kontaktieren.
Wenn Lehrkräfte die Mitarbeiter*innen des Schulkooperationsteams kontaktieren, arbeiten diese gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen, ihren Eltern und Lehrer*innen an guten Lösungen. Die Zusammenarbeit erfolgt auch in Verbindung mit den Schulsozialarbeiter*innen der Stadt (diese sind in der Regel bei freien Trägern beschäftigt).
Der Fokus der Arbeit des Schulkooperationsteams liegt in drei Schwerpunkten
1. Lehrer*innen werden bei der fachlichen Einordnung und psychosozialen Bearbeitung von problematischen und auffälligen Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen in Schulen unterstützt
2. Eltern werden in der Verantwortung für ihre Kinder gestärkt
3. Kinder und Jugendliche werden von Beginn an in die Gespräche einbezogen und es wird gemeinsam an Lösungen gearbeitet
Darüber hinaus arbeiten die SKT sehr vernetzend im Sozialraum, z.B. Teilnahme am Jugendregionalforum, Teilnahme am Bildungsnetzwerk.
Die Mitarbeiter*innen des Schulkooperationsteams sind ausgebildete Sozialarbeiter*innen, die vorher in Bereichen der Jugendhilfe und des regionalen sozialen Dienstes gearbeitet haben müssen. Sie sind Angestellte des öffentlichen Dienstes, der Wiener Kinder- und Jugendhilfe (WKJH).
Die SKT´s haben ihren Sitz in den Familienzentren der jeweiligen Region. Sie führen aber auch Hausbesuche durch und beraten Familien oft in sogenannten Andockstellen, also wenn das Kind z.B. am Nachmittag einen Sportverein besucht, dann findet Gespräche auch in Räumen des Sportvereins statt.
Da die WKJH in sechs Regionen aufgeteilt ist, gibt es auch entsprechend sechs Schulkooperationsteams. Insgesamt sind 20 Vollzeitäquivalente Kolleg*innen in den Schulkooperationsteams der Stadt beschäftigt.
Das Konzept Schulkooperationsteams besteht erst seit 2019. Durch die corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen war der Start der Arbeit entsprechend kompliziert. Nach und nach entwickeln sich aber in vielerlei Hinsicht tragfähige Beziehungen in der Zusammenarbeit: Die Kolleg*innen sind in den jeweiligen Schule bekannt, Clearingespräche werden von den Lehrer*innen immer mehr genutzt und als entlastend empfunden, in den Gesprächen mit den Eltern und Kindern können wieder Angebote vermittelt werden (z.B. soziale Gruppenangebote, Freizeitangebote…) und für die Wiener Kinder- und Jugendhilfe stellen die Kolleg*innen ein starkes Netzwerk dar, welches eine wertvolle Unterstützung für die Sozialarbeiter*innen im Jugendamt bietet.
Die Kolleginnen des SKT beschreiben die professionelle Zusammenarbeit in Netzwerken mit den Worten: „Wenn man sich kennt, wenn man sich auch ab und zu in den Gremien sieht, also wirklich sieht, und wenn man dann über Themen und Probleme spricht, sich austauscht, dann hat man das Problem damit nicht einfach an den Kooperationspartner abgegeben, sondern man hält es gemeinsam mit dem Koop-partner aufrecht und es stellt sich eine Beziehungsebene her, die über den Austausch hinaus gemeinsames Handeln möglich macht“.
MAF (Mobile Arbeit mit Familien), eine ambulante Unterstützung
Die MAF ist eine ambulante Ressource im Betreuungsnetz der Regionalstelle (RS) der Wiener Kinder- und Jugendhilfe. In dieser ambulanten Familienarbeit ist die Zusammenarbeit von Familie, zuständiger Sozialarbeiter*in (aus der RS) und MAF von zentraler Bedeutung.
Die zuständige/ fallführende Sozialarbeiter*in der RS trifft im Rahmen des gesetzlichen Auftrags der Kinder- und Jugendhilfe Entscheidungen, formuliert Ziele und Veränderungen, welche von der Familie umgesetzt werden sollen, um eine Kindesgefährdung abzuwenden. Von der MAF wird die betreuende Funktion übernommen, die beim Umsetzen der Ziele unterstützend ist.
Für eine gelungene Kooperation ist ein guter Austausch und die fachlichen Einschätzungen beider Kolleg*innen wichtig, um jeweils fundierte Einschätzungen über die weitere Vorgehendweise zu erhalten.
Die Mobile Arbeit mit Familien findet einerseits im Rahmen einer vorgaben- und aufgabenbezogenen Maßnahme statt, z.B. Unterstützung der Erziehung (UdE). Andererseits geht es um Empowerment zur Wiedererlangung von Selbstbestimmung der Familie.
Das Ziel der MAF ist es, die Familien in ihrer Erziehungskompetenz zu stärken. Dabei unterstützt die MAF die Familie, zur Wiedererlangung der Eigenverantwortung, um möglichst unabhängig von fremder Hilfe zu werden. Kompetenzen, Stärken Ressourcen und somit Handlungsfähigkeiten sollen aufgebaut und ausgebaut werden. Die MAF macht somit Betreuung, aber auch Beratung und Begleitung der Familien.
Die MAF arbeitet mobil, d.h. die Wahl des Ortes ist je nach Situation flexibel. Möglich sind Treffen in eigenen Räumen der MAF, die sehr freundlich, einladend und barrierefrei gestaltet sind. Möglich sind aber auch Hausbesuche, die Kolleg*innen berichteten da z.B. von alleinerziehenden berufstätigen Müttern, die sie zu Hause besuchen. Die Kolleg*innen begleiten zu Behörden, Einrichtungen und führen auch gemeinsame Unternehmungen durch, z.B. Freizeitgestaltung mit den Familien. Dafür gibt es kleine Budgets, z.B. um den Eintritt in den Tierpark für die Familien zu finanzieren.
Zu jeder Regionalstelle der Wiener Kinder- und Jugendhilfe gehört eine MAF. Damit gibt es insgesamt 17 MAF-Teams in der Stadt, die Teams bestehen in der Regel aus vier Vollzeitstellen, die Kolleg*innen sind Angestellte der Stadt Wien. Eine Vollzeitstelle betreut ca. 10 Fälle. Die Fallbetreuung beläuft sich auf einen Zeitraum bis zu einem Jahr, oder auch mal darüber hinaus.
Neben diesen öffentlichen Angeboten der ambulanten Hilfe gibt es in der Wiener Kinder- und Jugendhilfe aber auch noch verschiedenste freie Träger, die dann eher sehr spezielle Angebote vorhalten und in dem jeweiligen Kontext zur Unterstützung der Aufgaben der MAF hinzugezogen werden können, z.B. Coaching Angebote; besondere Angebote für Familien mit neugeborenen Kindern; Lerntrainings; Psychotherapie.
So weit meine Eindrücke aus der dritten Hospitationswoche. Die Zeit rast nur so dahin und bald ist der schöne Aufenthalt in Wien vorbei. Deshalb sage ich noch einmal:
Baba aus Vienna