meine letzte Woche hier in Mailand ist gekommen. Ich möchte euch aber zu aller erst von dem Openair Test Angebot des Checkpoints am letzten Freitag- und Samstagabend berichten.
Zur Vorbereitung wurden am frühen Freitagnachmittag bereits Pavillons und weitere Dinge, wie Tische für die Beratung und Testung in die Nähe von Porta Venezia (das ist eine beleibte Ausgeh-Gegend mit vielen Bars, es lässt sich am besten mit der Gegend um den Boxhagener Platz vergleichen) gebracht und dort aufgebaut. (Foto)
Ich erfahre, dass sich dieses Testangebot in den letzten Monaten immer mehr in der Szene etabliert hat. Ungefähr einmal im Monat findet es hier Vorort statt. Nicht wenn es zu heiß ist aber auch nicht wenn es zu kalt ist. Es gibt natürlich Ausnahmen wie den 1. Dezember (Welt-Aids-Tag). Auch wir vom Zentrum für sexuelle Gesundheit und Familienplanung veranstalten zu diesem Tag besondere Präventionsangebote.
Zuvor warb der Checkpoint u.a. auf seinen Social Media Accounts (Facebook, Instagram) für das Testangebot. Auch wurde die Klient*innen die, die Woche über hier im Checkpoint waren auf das Angebot hingewiesen.
Die Idee dahinter ist, für alle Menschen einen freundlichen, offenen, wertungsfreien Raum zur Testung zu schaffen. Mit einem einfachen Zugang außerhalb der Klinik. Und natürlich dem großen Ziel der Ausbreitung von sexuell übertragbaren Krankheiten entgegenzuwirken.
Jede Person hat die Möglichkeit eine ausführliche Beratung und kostenlose Schnelltestung auf HIV und Syphilis (Foto) anonym zu bekommen. Bereits am Freitag bildete sich vor 18 Uhr eine Personenschlange vor den Pavillons.
An beiden Abenden bekomme ich die Gelegenheit bei mehreren Beratungsgesprächen und bei den anschließenden Testungen dabei zu sein.
Besonders schön finde ich, dass es in den Beratungen nicht einfach nur um das reine ausfüllen des Fragebogens geht, es bleibt auch immer Raum um über einen offenen und bewussten Umgang mit der eigenen Sexualität zu sprechen. Natürlich gibt es auch Situationen in denen nicht getestet wird, ist eine Person zum Beispiel stark alkoholisiert. Oder die Personen entscheiden für sich selbst nach der Beratung keinen Test machen zu wollen.
Bei vielen Gesprächen die ich mit den unterschiedlichen Menschen (Freiwillige Helfer*innen, zum Test kommende Personen usw.) an beiden Abenden führe konnte ich einiges in Erfahrung bringen.
Die meisten antworteten auf meine Frage wie sie von diesem Angebot erfahren haben: Von Freunden, also die uns allen bekannte Mund-zu-Mund Methode. Nach der Frage ob sie zum ersten Mal testen lassen, bekomme ich sehr oft die Antwort ja. Schätzungsweise würde ich sagen dass 75% der Personen (an beiden Abenden) zum ersten Mal in ihrem Leben einen Test machen. Vor allem weil das Angebot hier sehr von Frauen genutzt wird. Viele entscheiden sich ganz spontan, weil sie zufällig am Pavillon vorbeigekommen sind, die großen Plakate gesehen haben, oder sich einfach wundern was das hier für eine Menschenschlange ist. Das spontane und anonyme ist der Anreiz für viele heute.
Auch wird mir berichtet, dass es für viele die zum ersten Mal einen Test machen, leichter ist hier einen Schnelltest zu machen und das Ergebnis unmittelbar zu bekommen anstelle in der Klinik eine Woche auf das Ergebnis warten zu müssen. Ich erfahre auch dass viele Angst vor einem HIV Test haben und sie sich quasi so die Angst vor der Klinik nehmen. Sie können hier einen ersten Test machen und dann hoffentlich „entspannt“ einen weiteren in der Klinik. Sowie weitere Tests auf Gonorrhö und Chlamydien, dass wird immer in der Beratung empfohlen.
Viele wünschen sich noch mehr solcher Angebote. Auch wird gesagt es sollte noch mehr im öffentlichen Raum dafür geworben werden z.B. gibt es hier in der U-Bahn auch eine Art „Berliner Fenster“, das wäre eine entsprechende Idee.
Eine Aussage von einer jungen Frau beschreibt wie ich persönlich finde das Angebot perfekt: „Für mich ist es ein sicherer Ort hier, ich muss hier keine Angst vor Diskriminierung oder Anfeindungen haben. Ich finde endlich jemanden mit dem ich frei über meine Sexualität (sie betont besonders ihre eigene weibliche Sexualität) sprechen kann.“
Was passiert, wenn ein Test positiv ausfällt? Ja dazu hatte ich mir im Vorfeld auch schon viele Gedanken gemacht. Das Angebot findet auf, sagen wir mal, offener Straße statt. Es wird Alkohol konsumiert. Wie reagiert eine betroffene Person auf so ein Testergebnis?
Im Falle eines positiven Testes wird die betroffene Person, beruhigt und über die nächsten Schritte aufgeklärt. Im Falle eines positiven HIV Test Ergebnisses muss ein Bestätigungs-Test in der Klinik gemacht werden. Wenn die Person wünscht und wenn möglich, wird für sie ein Termin am Folgetag vereinbart. Auch gibt es an den Abenden wieder Unterstützung von Psychologen vor Ort. Auch bei einem positiven Syphilis Test wird an die Klinik verwiesen, um eine Behandlung zu bekommen. Außerdem empfiehlt es sich immer auch auf weitere Infektionen wie zum Beispiel Chlamydien oder Gonorrhö zu testen. Auch bieten die freiwillig Mittarbeitenden immer an die Personen zur Klinik zu begleiten, wenn sei sich dies alleine nicht zutrauen und Unterstützung wünscht.
Den ganzen Abend (an beiden Tagen ging das Angebot bis ca. 23 Uhr) ist die unglaubliche Dankbarkeit der Menschen zu spüren. Es war an beiden Abenden eine gute und entspannte Stimmung.Ich erfahre das ca. 150 Personen getestet wurden. Abschließend ist einfach nur zu sagen, dass es ein sehr gutes Präventionsangebot ist und sehr gut angenommen wird. Viele nahmen über eine Stunde Wartezeit in Kauf.
Die letzte Woche verbrachte ich, mit Hospitation in der Beratung und Testung und führte eigene Beratungen durch.
Mein Logo Europe Projekt ging unglaublich schnell vorbei. Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit, so viele tolle, interessanten und engagierte Menschen habe ich kennengelernt. Nun freue ich mich aber auch wieder sehr auf mein Berlin.
A presto