The newsroom
Bild: Sara Lühmann
Nach drei Tagen Arbeit hier im “comms team” ist nun meine erste Newsstory auf der Webseite der Council online – eine schwere Geburt. Einen Beitrag in einer Fremdsprache zu schreiben, ist schon Herausforderung genug. Hinzu kommt, dass die Kolleg*innen hier einen komplett anderen Stil nutzen als ich es gewohnt bin. Mein erster Entwurf war zu förmlich und sachlich. Ich musste ihn nach Feedback der Kollegen mehrfach überarbeiten.
Die Mitarbeiter*innen hier sehen sich als “local reporters”, die für die Bürger*innen aus dem Bezirk berichten. Der Stil ähnelt daher dem der englischen Zeitungen, den ich als Nicht-Muttersprachlerin teilweise extrem schwer verständlich finde. Entsprechend schwierig war es fürmich, einen solchen Text zu produzieren. Außerdem sind Beiträge hier sind wesentlich werblicher als bei uns. In unserem Bezirksticker informieren wir nachrichtlich über Veranstaltungen oder Projekte des Bezirksamtes. Hier findet sich in den Stories wesentlich mehr Marketingsprech. In jeden Beitrag soll möglichst deutlich gesagt werden, warum dieser Bezirk der allerbeste ist – für die Menschen, für die Kunst, für die Wirtschaft. Nicht gerade das, was ich mir unter britischem Understatement vorstelle.
Da muss ich mich erstmal reinfinden. Entsprechend viele Runden hat mein erster Text gedreht und am Ende war von meinem ersten Aufschlag nicht mehr viel übrig. Aber die Kollegen haben sich viel Zeit genommen, den Text mit mir zu überarbeiten und mir zu erklären, wie und warum.
Ich war ein bisschen frustriert, wurde aber freundlicherweise von allen gelobt, dass es doch eine große Leistung sei, eine Newsstory in einer Fremdsprache zu verfassen. Für die nächste Aufgabe, einen Tweet zu einem Theaterstück über die irische Suffragette Hanna Sheehy-Skeffington im irischen Kulturzentrum in Hammersmith, habe “nur” noch eine Stunde gebraucht. Es besteht also noch Hoffnung für meine englischen Schreibkünste.
Spannend ist die Vielfalt der Themen, über die auf der Webseite der Council berichtet wird. Während wir uns in Friedrichshain-Kreuzberg auf die Themen, Projekte und Veranstaltungen des Bezirksamtes beschränken (mehr ist mit zwei Mitarbeiterinnen auch nicht zu bewältigen), wird hier über so ziemlich alles berichteit, was im Bezirk passiert: die Wiedereröffnung einer privaten Musikschule mit Sophie Ellis-Bextor, eine neue Show in einem der Theater im Bezirk, günstige Tickets für das nächste Fußballspiel im Stadion von Fulham oder den größten Kürbis bei der Gartenausstellung.
Das wirkt auf mich erstmal befremdlich. Denn die Berichterstattung über Aktivitäten in den Kiezen sollte eigentlich Aufgabe der Presse sein. Da es hier, anders als in Berlin, aber keine lokalen Medien mehr gibt, hat die Council diese Aufgabe quasi übernommen. Täglich gehen mehrere neue Storys auf der Webseite online. Dazu gibt es einen wöchentlichen Newsletter, sowie spezielle Newsletter, z.B. einen mit dem Fokus auf “education” für Schulen und Kitas. Es werden mehrere Social-Media-Kanäle bedient, inklusive des Nachbarschaftsnetzwerks Nextdoor.
Zu Beginn der Woche werden in einer Redaktionssitzung die Themen verteilt und der Redaktionsplan erstellt, der für alle sichtbar auf einem Whiteboard im Großraumbüro eingetragen wird. Der Schwerpunkt liegt eindeutig darauf, Inhalte zu produzieren. Die Idee ist, dass die Buerger*innen, die die Webseite der Council besuchen, weil sie beispielsweise einen Anwohnerparkausweis beantragen wollen, nebenbei ein paar der Stories lesen und idealerweise so interessiert sind, dass sie gleich den Newsletter abonnieren.