„Organstrafen“ und „Pflasterritzenvegetation“

waste-watcher

Noch am ersten Tag meiner Hospitation wurde ich auch dem Leiter der Magistratsabteilung 48, Herrn Dipl.-Ing. Josef Thon, vorgestellt, der mir kurz aus der Sicht der Behördenleitung Geschichte und Besonderheiten der Waste Watcher schilderte. Er sagte mir außerdem Unterstützung in allen Belangen meines Aufenthaltes zu.

Von meinem direkten Ansprechpartner Herrn Deutsch erfuhr ich dann, dass es insgesamt ca. 50 hauptberufliche Waste Watcher gibt, deren ständige Aufgabe es ist, illegale Verunreinigungen zu ahnden. 30 VZÄ sind seinem Bereich zugeordnet und werden montags bis freitags (bzw. dienstags bis samstags) in zwei Schichten zwischen 6:00 und 14:00 Uhr bzw. von 13:30 bis 21:30 Uhr eingeteilt und sind in der Regel in Doppelstreifen auf Straßen und Plätzen unterwegs – wobei jede® Mitarbeiter/in nur eine Woche pro Monat Spätschicht hat. Zusätzlich existieren Dienste samstags und sonntags (seltener auch nachts) auf Überstundenbasis (Überstunden werden ausbezahlt). 20 Stellen sind besetzt, die restlichen 10 VZÄ bilden die Überstundenkontingente. Ca. 20 hauptberufliche Waste Watcher sind zusätzlich bei der für Umwelt und die Wiener Stadtwerke zuständigen Magistratsabteilung 42 im Bereich Wiener Stadtgärten angesiedelt und sind in Parkanlagen und auf Spielplätzen unterwegs. Über Befugnisse nach dem Wiener Reinhaltegesetz verfügen auch die „Ordnungsberater/innen“ der „Wiener Wohnen“, d.h. der städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Das Gesetz gilt auch auf öffentlich zugänglichen Privatgrundstücken.

Wappen Magistrat der Stadt Wien

Darüber hinaus aber existieren mehrere Hundert nebenberufliche Waste Watcher. Dabei handelt es sich ebenfalls um Verwaltungsmitarbeiter/innen aus allen möglichen Bereichen, die eine entsprechende Schulung erhalten haben und in dieser Zusatzfunktion „angelobt“ wurden. Sie sind nicht dem Einsatzplan und der Struktur der hauptberuflichen Waste Watcher unterworfen, haben aber jederzeit die Möglichkeit, selbst festgestellte Verstöße anzuzeigen bzw. Organmandate auszustellen. Auch sie werden mit Quittungsblöcken ausgestattet und geben zur Erstellung von Statistiken und für andere Zwecke ihre Meldungen bzw. Berichte bei der MA 48 ab.

Die Waste Watcher (haupt- wie nebenberufliche) haben die Möglichkeit, entweder mündliche Ermahnungen auszusprechen oder Organmandate auszustellen oder aber Anzeigen zu erstatten. Diesbezüglich üben sie Ermessen aus. Die Organmandate sind unseren Verwarnungsgeldangeboten vergleichbar. Sie belaufen sich stets auf € 50.-. Wird dieser Betrag innerhalb von zwei Wochen bezahlt, erledigt sich der Vorgang. Wird nicht gezahlt, fällt eine (höhere) Verwaltungsstrafe (vergleichbar unserem Bußgeld) an, die dann von der dafür zuständigen Magistratsabteilung 58 angeordnet wird. Wenn zu spät gezahlt wird, wird der gezahlte Betrag auf die Strafe angerechnet. Gegen die Strafverfügung kann Einspruch eingelegt werden. Über diesen entscheidet wiederum die Magistratsabteilung 58 durch ein sogenanntes Strafanerkenntnis. Dagegen ist wiederum die Beschwerde zum Verwaltungsgericht möglich.

Die geschilderten Tätigkeiten sind zentral für ganz Wien seitens der jeweils zuständigen Magistratsverwaltungen organisiert. Den Bezirksverwaltungen der 23 Bezirke sind demgegenüber regionale Aufgaben zugeordnet. Es existieren dort Kompetenzen bezüglich des Pflichtschulwesens, der Ortsverschönerung und der Straßen. In einem der Bezirke wird beispielsweise großer Wert darauf gelegt, dass sich am Straßenrand bildendes Unkraut nicht entfernt wird (sogenannte „Pflasterritzenvegetation“) bzw. erst dann, wenn dadurch Behinderungen bzw. Gefährdungen entstehen.

Joachim Wenz