„Ich freue mich über die Verantwortung!“ - Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte

Bianca Jendrek hat am Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg die Ausbildung als Verwaltungsfachangestellten absolviert

Bianca Jendrek hat am Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg die Ausbildung als Verwaltungsfachangestellten absolviert

Bianca Jendrek (36) hat im August dieses Jahres die dreijährige Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte am Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg erfolgreich abgeschlossen. Als Mutter von zwei kleinen Kindern (sieben und neun Jahre alt) war es für die Powerfrau nicht immer einfach. Doch mit der Hilfe ihrer Familie, wenig Schlaf und ihrem Organisationstalent hat sie ihren Wunschberuf erreicht.

Bianca Jendrek: „Vor drei Jahren hatten mein kleiner Sohn und ich zeitgleich Einschulung. Mein Sohn in der Schule, und ich war mit Beginn der Ausbildung plötzlich nach so vielen Jahren auch wieder Schülerin – in der Berufsschule. Meine Mutter war so lieb und hat uns beiden eine tolle Schultüte gepackt.“ In ihrer großen Tüte fand sie Locher, Tacker, Karteikarten und Textmarker. Dinge, die sie heute noch im Berufsalltag begleiten, und die ihr Glück brachten.

Die Berlinerin ist in Lichtenberg geboren, erlernte nach ihrem Realschulabschluss im Vier-Sterne-Hotel „Berlin, Berlin“ am Lützowplatz den Beruf der Restaurant- und Hotelfachfachfrau. 2011 wechselte sie in einen Restaurantbetrieb am Flughafen Tegel. Nach der Geburt ihres zweiten Kindes im Jahr 2017 wurde ihr klar, dass Gastronomie und Familienleben nicht zusammenpassen, deshalb ging sie als Quereinsteigerin an den Empfang einer Radiologie-Praxis. „Empfang ist nicht Empfang. Ich bin es gewohnt, auch über die übliche Begrüßung hinaus, den Menschen behilflich zu sein,
Verantwortung zu übernehmen. Es hat mir Spaß gemacht, doch für mich persönlich war dort keine Entwicklungsmöglichkeit in Sicht.“

Der Entschluss für etwas Neues war gefasst, doch erst als eine Freundin, die beim Jugendamt arbeitet, Bianca auf die Möglichkeiten im Öffentlichen Dienst aufmerksam machte, bewarb sie sich im Januar 2021 für einen Ausbildungsplatz zur Verwaltungsfachangestellten. „Ich dachte, ich bin zu alt für einen erneuten Ausbildungsstart, denn von anderen Ämtern hatte ich gehört, dass sie nur Menschen einstellen, die direkt von der Schule kommen. Doch dann wurde ich tatsächlich zum Auswahlverfahren eingeladen“, und dort überzeugte sie mit ihrer zupackenden Art. Im September 2021 begann die Ausbildungszeit.

Bianca Jendrek: „Persönlich hatte bereits gute eigene Erfahrungen, zum Beispiel mit der Elterngeldstelle gemacht. Für mich war es sehr interessant zu erfahren, wie es hinter den Kulissen abläuft, wenn Bürger eine Leistung beim Staat beantragen.“

Die duale Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten dauert 36 Monate. Die Phasen während der Ausbildung wechseln sich zwischen Berufsschule und Praxis in der Behörde ab. Zwei Mal in der Woche geht es zur Berufsschule, und einmal pro Jahr findet an der Verwaltungsakademie in Moabit ein Block von zwei bis drei Monaten am Stück statt. Hier lernen die Auszubildenden die rechtlichen Grundlagen auf Bundes-, Kommunal- oder Landesebene, zudem Basiswissen in Wirtschaft und Rechnungswesen.

Während der Praxisphasen arbeiten die Auszubildenden in einer öffentlichen Einrichtung, in städtischen Ämtern oder in der Landes- und Bundesverwaltung. Im Bezirksamt Friedrichhain-Kreuzberg warten vier bis fünf unterschiedliche Praxisphasen auf die Nachwuchskräfte.

Bianca Jendrek „Ich hatte Glück mit meinen Praxisphasen. Ich war drei Monate im Bereich Ordnungswidrigkeiten beim Ordnungsamt. Dort erfasste ich Ordnungswidrigkeiten im Fachverfahren, verschickte Anhörungsbögen an die Adressaten von Bußgeldbescheiden und Verwarnungsgeldern und übernahm die Aktenversendung an Anwälte. Spannend wurde es immer, wenn ich Gerichtsverfahren begleitete. Die Ausreden der Betroffenen waren abenteuerlich!“

Das Ausbildungsbürgeramt in der Schlesischen Straße wird ausschließlich von Auszubildenden betrieben und ist eine feste Station im Ausbildungsplan

Das Ausbildungsbürgeramt in der Schlesischen Straße wird ausschließlich von Auszubildenden betrieben und ist eine feste Station im Ausbildungsplan

Elterngeld, Ausbildungsbürgeramt und Nachwuchsmanagement

Eine Besonderheit des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg ist das Bürgeramt 2.0, das Ausbildungsbürgeramt in der Schlesischen Straße in Kreuzberg. Es wird von Auszubildenden mit den Berufszielen Verwaltungsfachangestellte und auch Kaufleute für Büromanagement betrieben. „Das ist ein super tolles Projekt! Alle Azubis nehmen eine Praxisphase über sechs Monate im Ausbildungsbürgeramt wahr. Das hat richtig Spaß gemacht, wenn es auch mitunter recht anstrengend war. Unter echten Bedingungen, mit realen Bürgeranliegen, waren das sehr besondere Arbeitstage für mich. Wir hatten sogar eigene Dienstsiegel, mit den wir Dokumente rechtverbindlich kennzeichnen durfte. Die hohe Verantwortung, die uns dort als Azubi übertragen wurde, hat mich sehr motiviert. Ab und zu wurden wir auch an das Bürgeramt in der Yorkstraße „ausgeliehen“, dort hatten wir dann im Gegensatz zum Ausbildungsbürgeramt viel weniger Zeit, die Vorgänge zu bearbeiten und die Bürger zu beraten.“

Anschließend wurde Bianca Jendrek für neun Monate im Fachbereich Nachwuchsmanagement eingesetzt: „Ich wusste ja, wie man sich fühlt, wenn man sich bewirbt, und auch wie aufregend Auswahlverfahren sein können. Dort lernte ich den gesamten Bewerbungsprozess von der Arbeitgeberseite aus kennen. Von der Ausschreibung eines Ausbildungsplatzes, über das Auswahlverfahren, das ich moderieren durfte, war ich bis hin zur Vertragsabstimmung an allen Vorgängen und Gesprächen beteiligt. Ich habe auch die neuen Auszubildenden bei der Berufsschule und der Verwaltungsakademie angemeldet. Eine runde Sache.“

Eine weitere längere Praxisphase verbrachte Bianca Jendrek in der Elterngeldstelle. „Hier habe ich darüber gestaunt, wie viele Kinder im Bezirk tatsächlich geboren werden. Inzwischen können Eltern das Elterngeld komplett online beantragen. Doch einige Eltern wollen sichergehen, und kommen mit dem Antrag vorbei. Klar, dann haben sie ihren Nachwuchs dabei. Das fand ich ganz großartig!“ Während der sechsmonatigen Praxisphase in der Elterngeldstelle übte sie sehr verantwortungsvolle Arbeiten aus: „Ich war mit der Neuerfassung der Elterngeldanträge beschäftigt, prüfte jeden Antrag auf Vollständigkeit, forderte Eltern auf noch fehlende Unterlagen einzureichen und erstellte Elterngeldbescheide.“

Selbst Mutter von zwei kleinen Kinder wusste sie genau, worauf es neben der zügigen Bearbeitung der Anträge ankommt: „Ich fand die Komplexität des Elterngeldes sehr interessant und abwechslungsreich, zum Beispiel Basis-Elterngeld für zwölf Monate, Elterngeld Plus (längerer Bezugszeitraum, jedoch weniger Geld pro Monat, da ein Basis-Elterngeldmonat entspricht zwei Monate Elterngeld-Plus). Tolle Sache, mir hat es Spaß gemacht!“

Studienreise, Teilzeitarbeit während der Ausbildung und Chance auf einen Neuanfang

Gemeinsam mit allen anderen Auszubildenden ihres Jahrgangs organsierte sie eine Studienreise nach Wien: „Wir haben in unterschiedlichen Teams diese 5-Tages-Reise organisiert. Ich habe mich um die Anreise und um die Unterkunft gekümmert, andere um das Programm, wieder andere um die einzelnen Behörden, die wir dort besuchten, um zu sehen, wie Behörden und Institutionen in anderen Städten und im Ausland arbeiten. Das war super interessant und hat und auch noch einmal als Kollegen zusammengeschweißt.“ Übrigens: Auf dieser Studienfahrt hat Bianca ihren jetzigen Partner kennengelernt, der in der Wiener Verwaltung tätig ist. Doppeltes Glück, freut sie sich: „So hat mein Ausbildungs-Neustart auch mein Privatleben bereichert.“

Im letzten Ausbildungsjahr nutzte die Lichtenbergerin die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten: „Als ich davon hörte, dass das Teilzeitarbeit auch für Azubis möglich ist, habe ich das sofort gemacht. Während der Praxisphase habe ich Teilzeit gearbeitet, während der Lernphase an der Verwaltungsakademie jedoch wieder in Vollzeit. An der Akademie war von 8 Uhr bis 15:40 Uhr Unterricht. Danach hatte ich meine Kinder und den Haushalt, und erst dann, wenn zu Hause Ruhe einkehrte, konnte ich mich um meine Bücher kümmern.“ Mit Kindern hatte ihr Leben andere Schwerpunkte als das ihrer mitunter viel jüngeren Kolleg*innen, die teilweise auch noch bei ihren Eltern lebten.

„An den Wochenenden war nichts mit Disko oder um die Häuser ziehen. Für mich bedeuteten die Wochenenden, dass ich endlich etwas mehr Zeit hatte, die ich in Ruhe mit meinen beiden Kleinen verbringen konnte – Familienzeit, Kinderbespaßung und ein wenig ausruhen. Ab und zu habe ich aber auch mit guten Freunden gefeiert.“

Nach drei Jahren neigte sich ihre Ausbildung dem Ende zu. Alle Auszubildenden werden, sofern sie es wollen, in Angestelltenverhältnisse übernommen. „Vor Ende der Ausbildung, wird innerhalb der Fachbereiche geprüft, ob und welche Planstellen es gibt, und wer auf die Stelle passt. Ich wäre gern im Nachwuchsmanagement oder der Elterngeldstelle geblieben, doch dort gab es keine Planstelle. Dann entdeckte ich, dass beim Ordnungsamt eine tolle Position besetzt werden sollte. Ich habe mit dem dortigen Teamleiter vorab ein Gespräch geführt um herauszufinden ob diese Stelle etwas für mich ist, und jetzt bin ich seit Mai dieses Jahres Mitarbeiterin in der zentralen Anlauf- und Beratungsstelle (ZAB) des Ordnungsamtes.“

Hier laufen sämtliche Beschwerden über die App „Ordnungsamt Online ein, die von dort aus an die Fachbereiche oder externe Dienstleister weitergeführt werden. „Gewerbeanmeldungen und -Anfragen die wir an den Gewerbebereich weiterleiten, Antragsbearbeitung und Ausstellung von Reisegewerbekarten, temporäre Schankerlaubnisse zum Beispiel für Weihnachtsmärkte, aber auch Betreiberanfragen von anderen Behörden, Inkassobüros oder Rechtsanwälten beantworten und bearbeiten wir hier. Da ist immer viel los, genauso viel, wie in unserem Bezirk auch los ist. Die meisten Anfragen und Beschwerden landen erst einmal bei uns im Bereich. Das können Hinweise auf Vermüllungen sein, Hinweise auf Obdachlosencamps aber auch Hinweise die den Tierschutz betreffen.“

Langweilig wird es Bianca Jendrek und ihre Kolleg*innen im Fachbereich ZAB nie, denn die Anfragen und Beschwerden können zu jeder Tageszeit ans Ordnungsamt gemeldet werden.

Bianca Jendrek macht das nichts aus: „Ich bin ziemlich happy, dass ich auch als „Ältere“ vom Bezirksamt die Chance auf einen Neuanfang bekommen habe. Unser Bezirk ist so offen und bunt, das spiegelt sich in der Bewerberauswahl durchaus wieder. Dafür bin ich superdankbar, denn dank der flexiblen Arbeitszeiten lässt sich hier Familienleben und Karriere für mich etwas einfacher aufeinander abstimmen. Die Ausbildung war eine tolle Zeit, von Anfang an durfte ich Verantwortung übernehmen und habe an spannenden Projekten teilgenommen, die ich nicht missen möchte. Beim Bezirksamt habe ich vieles, was ich weitergeben kann gelernt.“