Vorstellung des Fachbereichs Materielle Hilfen im Sozialamt

L. Schmidtke

Fachbereichsleiter L. Schmidtke

Lebensmittel, Kleidung, die Miete und andere Produkte des täglichen Bedarfs selbst zu bezahlen können, ist für die meisten Menschen in Berlin eine Selbstverständlichkeit. Doch wer sorgt sich um diejenigen, die kein Einkommen haben oder deren Geld für den Lebensunterhalt nicht ausreicht? Die erste Anlaufstelle ist hier für viele das bezirkliche Amt für Soziales mit dem Fachbereich Materielle Hilfen, den L. Schmidtke leitet. Er ist selbst in Friedrichshain aufgewachsen, am Frankfurter Tor. Lange hat er noch in seinem Heimatbezirk gewohnt, zuletzt im Samariterkiez. 2004 entschied er sich, ins Brandenburgische zu ziehen.

Der 59-Jährige fing 1991 im Sozialamt in Friedrichshain an. Nach vielen Jahren als Gruppenleiter im gleichen Fachbereich übernahm er 2018 dessen Leitung. Gut 60 Mitarbeiter*innen in fünf Gruppen arbeiten in diesem Bereich. Sein Jura-Studium an der Humboldt-Universität hatte der Berliner nach dem Mauerfall abgebrochen. „Danach habe ich von Gelegenheitsjobs gelebt.“ Handwerklich begabt baute er unter anderem Messestände und Bühnen auf. Irgendwann wollte er Sozialhilfe beantragen und war von den Formularen erschlagen. Er studierte stattdessen die Stellenanzeigen im Bezirksamt.
Somit kam er über den Kontakt zum Sozialamt an seinen ersten Job dort. Für die Tätigkeit suchte er sich als Quereinsteiger alle notwendigen Schulungen an der Verwaltungsakademie. Für seinen Einstieg in den öffentlichen Dienst ist aus seiner Sicht der allgemeine Umbruch von Vorteil gewesen. „Das war eine totale Aufbruchsstimmung und völlig irre Zeit damals.“

Sein großer Vorteil waren für ihn die Semester Jura, die er bereits studiert hatte. Denen verdankte er sein gutes Rechtsverständnis. Die bundesdeutschen Rechtsgrundlagen waren damals sowohl für die Mitarbeiter*innen der Verwaltung als auch für ihre Klientel komplett neu. „Wir sind nach der Wende ja alle ins gleiche kalte Wasser gesprungen und hatten keine persönlichen Erfahrungen im neuen System.“ Unterstützung bekamen die Kolleg*innen in den Ost-Berliner Bezirken teilweise von Beamte*innen aus West-Berlin und Westdeutschland. „Die haben teilweise noch eine sogenannte Buschzulage bekommen, wenn sie in den Ostberliner Bezirken arbeiteten.“
Friedrichshain bekam damals Wilmersdorf als West-Berliner Partnerbezirk an die Seite gestellt. „Da bin ich dann ab und an zum Fehrbelliner Platz gefahren und wurde von einem gestandenen Beamten beraten.“ Seit 1996 ist L. Schmidtke selbst Landesbeamter.

Er begann seine Tätigkeit im Bereich Hilfen zur Pflege, der damals noch die Leistungen der Kriegsopferfürsorge beinhaltete. Von dort wechselte er in den Bereich Soziale Wohnhilfe und leitete zunächst die Mietrückstandsstelle und nach der Bezirksfusion mit Kreuzberg dann die Ordnungsstelle. Über die Jahre hat L. Schmidtke viele Nachwuchskräfte im Bezirksamt ausgebildet. „Viele meiner ehemaligen Azubis sehe ich heute noch hier im Bezirksamt regelmäßig.“

Durch die Bezirksfusion zwischen Friedrichshain und Kreuzberg im Jahr 2001 änderten sich Strukturen und Zuschnitte. Das gesamte Amt für Soziales zog später, nach Gründung der Jobcenter 2005, in Kreuzberg in der Yorckstraße im ehemaligen Rathaus zusammen.

Kleingeld

Erstanlaufstelle und Sprechstunden

Grundlage für die Leistungen des Fachbereichs ist in der Regel das Zwölfte Sozialgesetzbuch (SGB XII), das die Sozialhilfe in Deutschland regelt.
Für Bürger*innen, die ohne Termin zum Amt für Soziales kommen, hat der Fachbereich eine Erstanlaufstelle im zweiten Stock des ehemaligen Rathauses Kreuzberg eingerichtet. Dort können die Menschen montags, dienstags und donnerstags erstmal die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Behörde überprüfen lassen. Der Raum der Vorsprache wurde gerade modern und bürgerfreundlich gestaltet. Wenn die Zuständigkeit gegeben ist, werden die Unterlagen – sortiert nach Anfangsbuchstaben der Nachnamen – an die Sachbearbeiter*innen übergeben.

Für ukrainische Geflüchtete gibt es ebensolche Sprechstunden. Hier müsse weiterhin viel beraten werden, um die Menschen nach und nach an die Prozesse und Strukturen hier heranzuführen. „Leistungsrecht ist Individualrecht“, erklärt L. Schmidtke. Entsprechend genau wird jeder einzelne Fall geprüft.

Eine Gruppe im Fachbereich ist für die Grundsicherung im Alter, bei Erwerbsminderung sowie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. In diesem Bereich werden rund 5.500 Klient*innen betreut. Die Zuständigkeit für die Asylbewerber*innen richtet sich in Berlin nach dem Geburtsmonat. Friedrichshain-Kreuzberg übernimmt die Betreuung derer, die im Februar Geburtstag haben. Hinzu kommen die Asylbewerber*innen, die in einer LAF-Einrichtung in Friedrichshain-Kreuzberg untergebracht sind. Die Leistungen umfassen die notwendigen Bedarfe wie Ernährung, Unterkunft, Kleidung und anderer erforderliche Leistungen. Um Sprachbarriere mit Klient*innen zu überwinden, arbeitet das Amt mit Sprachmittler*innen zusammen. „Hier sind wir recht gut aufgestellt!“

Rollatoren

Leistungen aus einer Hand

Ein weiterer Bereich sind die Hilfen zur Pflege. Wenn die eigene Pflegeversicherung, Einkommen und Vermögen nicht ausreichen, übernimmt das Sozialamt als Sozialhilfeträger Kosten für ambulante, teilstationäre und stationäre Hilfen. Nur zehn Prozent der Bevölkerung in Friedrichshain-Kreuzberg sind über 65. Berlinweit sind es 19 Prozent. „Der Bezirk verjüngt sich seit Jahren stark“. Entsprechend rückläufig sind die Fallzahlen im Bereich. Aktuell sind es rund 1.500 Personen, die entsprechende Leistungen beziehen.

Für Menschen, die entweder aufgrund ihres Alters oder aus anderen Gründen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen und somit nicht in die Zuständigkeit des Jobcenters fallen, ist der Fachbereich Materielle Hilfen zuständig. Sie erhalten vom Amt für Soziales Grundsicherung.

Die Gewährung der Grundsicherung ist aus L. Schmidtkes Sicht sehr bürgerfreundlich, weil die Klient*innen alle Leistungen aus einer Hand bekommen und eine Ansprechperson haben.

Auch für ukrainische Geflüchtete, die bereits die Regelaltersgrenze für Rente erreicht haben, ist der Fachbereich die richtige Anlaufstelle, sofern die Geflüchteten ihren Status zuerkannt bekommen haben. Das Sozialamt Friedrichshain-Kreuzberg gehörte bei deren Leistungsgewährung im Februar/März 2022 zu den Vorreitern. „Wir waren mit die ersten, die Zahlungen an Geflüchtete aufgenommen haben.“

Zwei Mitarbeiterinnen kümmern sich im Fachbereich auch um ordnungsbehördliche Bestattungen nach dem Bestattungsgesetz. Eine solche Bestattung erfolgt in Fällen, in denen keine Angehörigen Verstorbener zu ermitteln sind, keine Vorsorge zur Bestattung getroffen wurde und niemand anders für die Bestattung sorgt. Die Zuständigkeit der Bezirke richtet sich nach dem zum Todeszeitpunkt gültigen Wohnbezirk der*des Verstorbenen. Rund 200 bis 300 ordnungsrechtliche Bestattungen organisieren die Kolleginnen pro Jahr. „Hier sind Pietät und Einfühlungsvermögen gefragt.“

Stoßzeiten mit besonders viel Publikumsverkehr gibt es in L. Schmidtkes Bereich vor allem zum Monatswechsel. Asylbewerber*innen erhalten überwiegend Barauszahlungen. „Die anderen haben in der Regel ein Konto, auf das wir überweisen.“