Für eine Laufbahn als Standesbeamte*r werden die Mitarbeiter*innen der Verwaltung gesondert ausgebildet. In Wolfgang Nagels Fall waren es zwei Jahre praktische Ausbildung durch die erfahrenen Kolleg*innen, um die hoheitliche Aufgabe der Beurkundung übernehmen zu dürfen.
Standardisiert und strukturiert sei diese Ausbildung in Berlin bislang nicht. Während viele westdeutsche Kommunen ihre Standesbeamten für den theoretischen Ausbildungsteil an die Akademie für Personalstandeswesen ins hessische Bad Salzschlirf schickten, sei in Berlin leider nicht für alle Neulinge möglich. Es ist nur festgelegt, dass die Nachwuchskräfte pro Bereich (Geburten, Sterbefälle und Eheschließungen) im Standesamt mindestens sechs Monate verbringen und im Zuge dessen die dafür notwendigen Fachkenntnisse erlernen.
Seit Mitte der 1990er Jahre ist Wolfang Nagel selbst Ausbilder und lernt die neuen Standesbeamten an. Gemeinsam mit seiner Amtsleitung arbeitet er aktuell daran, die Ausbildung für die Standesbeamten in Friedrichshain-Kreuzberg mehr zu strukturieren. „Mit einer planvollen und vergleichbaren Ausbildung zeigen wir auch Respekt für die Berufsanfänger, die zu uns kommen.“
Denn: „Standesbeamte sind Mangelware. Ich kann froh sein, dass mir mein Beruf nicht auf die Stirn geschrieben steht. Sonst würden mich vielleicht andere Standesämter mit dem Netz von der Straße wegfangen – sowie früher das Shanghaien bei Seeleuten!“, scherzt Wolfgang Nagel über das Nachwuchsproblem in seinem Berufsfeld. Zwar würden sie regelmäßig neue Kolleg*innen ausbilden, viele wechselten jedoch nach kurzer Zeit in andere Felder. Als Grund nennt er neben dem demografischen Wandel, der die gesamte Verwaltung trifft, die begrenzten Aufstiegsmöglichkeiten in diesem Berufsfeld und die von der Senatsfinanzverwaltung in Berlin vorgesehene Endbesoldungsstufe A10. Quereinsteiger*innen sind im Standesamt Friedrichshain-Kreuzberg jederzeit herzlich willkommen. Einstiegsvoraussetzung ist die allgemeine Hochschulreife.
Wolfgang Nagel ist ein überzeugter Botschafter für seine Tätigkeit und sagt: „Ich muss Franz Müntefering widersprechen, der mal gesagt hat, SPD-Vorsitzender sei der schönste Job der Welt. Das stimmt nicht. Denn Standesbeamter ist der beste Job der Welt. Ich kann mir keinen bessern vorstellen!“ Der Kreuzberger mag an seinem Beruf vor allem, dass er weisungsfrei agiert und dabei große Verantwortung trägt. Er mag den Kontakt zu Menschen, einerseits zu den Paaren, die er traut, aber auch zu Kolleg*innen in Berlin und aller Welt. Seine Aufgaben bringen es mit sich, dass er regelmäßig Kontakt zu den deutschen Auslandsvertretungen weltweit hat. Mit vielen Mitarbeiter*innen der Botschaften und Konsulate verbindet ihn eine jahrelange Zusammenarbeit.
Wie sehr Wolfgang Nagel für seine Aufgaben brennt, zeigt auch sein später Ruhestand. Der 67-Jährige Beamte hat seine Berufstätigkeit bereits zweimal verlängert und so die Pension nach hinten geschoben. Noch bis 2025 wird er weiter als Standesbeamter arbeiten. Danach ist Schluss, denn für Beamte gilt eine Altersgrenze von 68, die nicht überschritten werden darf.