Kinderschutz stellt hohe Anforderungen – Jugendämter brauchen Vertrauen

Teddy

Gestern Abend haben ihr viele zugeschaut und emotional Anteil genommen: Katharina Bruckner alias Corinna Harfouch als Frau vom Jugendamt, die für den kleinen Joe und seine Mutter die Weichen für eine bessere Zukunft stellt. Katharina Bruckner steht für viele in dieser Gesellschaft. Bundesweit sind mehr als 17.000 Bezirkssozialarbeiter*innen in den Regionalen Sozialen Diensten der Jugendämter beschäftigt

Häufig redet man in der Öffentlichkeit nur dann über ihren Beruf, wenn es schlecht läuft, wenn Kinder trotz Hilfen zu Schaden kommen. Damit gerät aus dem Blick, welch vielfältige und oft erfolgreiche Unterstützung für Kinder, Jugendliche und Familien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regionalen Sozialpädagogischen Dienste leisten. Sie beraten Mütter, Väter und alle Personen mit Erziehungsfragen, sie organisieren alltagspraktische Hilfen und Entlastung für Familien, sie fördern Kinder in ihrer Entwicklung – oder sorgen im Zweifelsfall wie bei Joe zeitweilig auch für den notwendigen Schutz von Kindern. Das Spektrum an Problemen, auf die der Regionale Sozialpädagogische Dienst (RSD) des Jugendamtes tagtäglich Antworten sucht, ist dabei breit: ratlose Eltern, Familienkrisen, Schulprobleme, Gewalt, Alkohol- und Drogensucht.

„Uns ist bewusst, dass Eltern in der Regel das Beste für ihre Kinder wollen. Nur manchmal ist der Alltag, sind die Lebensumstände oder die eigene Biografie so belastend, dass Erziehung alleine nicht gelingt. Dann ist es gut, jemanden an seiner Seite zu haben. Wir stärken und unterstützen die Eltern in ihrer Erziehung und suchen gemeinsam mit Ihnen nach Lösungen. Wir sind ihre Partner in Erziehungsfragen“, erläutert Regine Sommer-Wetter, Bezirksstadträtin für Jugend, Familie und Gesundheit.

Der Regionale Sozialpädagogische Dienst des Jugendamtes hat die Aufgabe, Eltern und ihre Kinder dort zu unterstützen, wo Hilfe notwendig ist. Dies erfolgt vor allem durch beratende und unterstützende Erziehungshilfen, wie etwa in Form einer ambulanten Familienhilfe. Auf diese Hilfe sind zunehmend mehr Familien angewiesen und haben einen Rechtsanspruch: Rund 963.000 Hilfen zur Erziehung haben die Jugendämter 2020 bundesweit geleistet, 11 Prozent mehr als noch 2010*. Auch in der Pandemie wurden diese tendenziell eher fortgeführt als beendet.

Wann aber ist Unterstützung und Hilfe in der Familie noch aussichtsreich? Und wann ist der Punkt erreicht, wo Sicherheit und Schutz des Kindes eine zumindest vorübergehende Trennung von den Eltern erfordern? Und welche Risiken wiederum bringt die Trennung von den Eltern für den weiteren Lebensweg des Kindes?

Alle sind sich einig: Kinder und Jugendliche bedürfen des Schutzes durch die Gesellschaft. Doch welcher Weg im Einzelfall der richtige ist, diese Frage verlangt den Sozialarbeiterinnen und –arbeitern im RSD im Einzelfall schwierige Abwägungsprozesse ab. Kinderschutz ist eben kein Kinderspiel! „Wir versuchen uns immer ein möglichst umfassendes Bild zu machen und vielfältige Perspektiven einzunehmen. Alleine wird eine solche Entscheidung nicht getroffen, schließlich hat sie weitreichende Folgen für die Lebensläufe der Kinder. Die Beratung jedes einzelnen Falls mit den Kollegen und Kolleginnen ist deshalb unverzichtbarer Bestandteil unserer täglichen Arbeit“, erläutert Birgit Ceylan, Fachbereichsleiterin des Fachbereiches Familienunterstützende Hilfen und Kinderschutz.

Und auch hier erhöhen steigende Fallzahlen die Belastungen für die Fachkräfte des Regionalen Sozialpädagogischen Dienstes: Im Jahre 2020 wurden seitens der Jugendämter bundesweit in fast 200.000 Fällen* geprüft, ob ein Kind gefährdet ist und ob akute Maßnahmen zu seinem Schutz ergriffen werden müssen.

Was braucht der RSD, um diese schwierige Arbeit so erfolgreich schultern zu können wie Katharina Bruckner? Birgit Ceylan hat darauf eine klare Antwort: „Der Fachkräftemangel stellt ein großes Problem im RSD dar. Wir brauchen genügend und gut qualifiziertes Personal, das durch Supervision, Beratung und Fortbildung in dieser schwierigen Aufgabe ausreichend unterstützt wird. Und wir brauchen Bürgerinnen und Bürger, für die der RSD unverzichtbarer Partner im Kinderschutz ist und die Eltern ermutigen und bestärken, sich bei Fragen und Problemen bei uns Hilfe zu suchen. Denn das ist oft schon der erste Schritt zur Lösung.“

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*Daten Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter 2020