Führungswechsel im Rechtsamt

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Nach 30 Jahren geht im Rechtsamt des Bezirksamtes eine Ära zu Ende. Der Leiter Heinrich Baasen geht in den Ruhestand. Er war im März 1991 aus dem Bezirksamt Schöneberg nach Friedrichshain gekommen, um die Leitung der neuen Verwaltungseinheit zu übernehmen. Die Verwaltung in den Ost-Berliner Bezirken wurde damals nach dem Vorbild der West-Berliner Bezirke umgebaut. Viele Beamte aus West-Berlin wechselten in dieser Zeit in die Ost-Berliner Rathäuser. Als Heinrich Baasen im Friedrichshainer Rathaus (damals noch in der Petersburger Straße) anfing, war sein Stellvertreter, Jan Ebert, bereits da. 30 Jahre lang haben die beiden Seite an Seite gearbeitet. „Das war eine sehr gute Zusammenarbeit über die Jahrzehnte. Aber wir siezen uns immer noch!“, sagt Heinrich Baasen.

Das Rechtsamt ist eine Stabstelle im Bereich der Bezirksbürgermeisterin. Die interne Serviceeinheit stellt die rechtsorientierte Beratung aller Ämter und Bereiche im Bezirksamt sicher. Die Leitung des Rechtsamtes oder ein*e Stellvertreter*in nehmen an den wöchentlichen Sitzungen des Bezirksamtes teil. Außerdem übernimmt das Rechtsamt die rechtliche Vertretung des Bezirksamtes nach außen. Im Rechtsamt in Friedrichshain-Kreuzberg sind aktuell sieben Jurist*innen und Verwaltungsangestellte beschäftigt. Damit ist das Rechtsamt in unserem Bezirk im Vergleich zu anderen Bezirksämtern eher klein. Das liegt am Gestaltungsspielraum der Bezirksämter. Die Themen Baurecht oder Namensänderung werden hier von den zuständigen Fachämtern selbst bearbeitet. In anderen Bezirken liegen diese Aufgaben teilweise direkt beim Rechtsamt.

Der Leiter des Rechtsamtes ist in Friedrichshain-Kreuzberg außerdem der Bezirkswahlleiter und damit verantwortlich für die Durchführung der ordnungsgemäßen Wahlen und Volksabstimmungen im Bezirk. Die Aufgaben umfassen die Zulassung zur Wahl, die Durchführung der Wahlausschusssitzungen und die Prüfung des finalen amtlichen Endergebnisses.

Heinrich Baasen ist in Bonn geboren und in Nordhessen ausgewachsen. Er kam in den 1970er Jahren zum Jura-Studium an der Freien Universität nach Berlin und ist geblieben. Nach Studium und Referendariat und einer kurzzeitigen Tätigkeit als Rechtsanwalt begann Baasen seinen Werdegang bei der Senatsverwaltung für Inneres. „Aber ich hatte von Anfang an Interesse an der Arbeit in einem bezirklichen Rechtsamt. Die Arbeit hier ist besonders vielfältig – und ich finde, ich habe es ganz gut getroffen – bei allen Herausforderungen, die dieser Bezirk mit sich bringt.“ Die 1990er Jahre waren in Friedrichshain eine große Umbruchszeit. Das Rechtsamt beschäftigen Alteigentumsansprüche mit unklaren Eigentumsverhältnissen und Privatisierungen von Kitas und Arztpraxen.

Als Friedrichshain und Kreuzberg sich im Zuge der Bezirksfusion 2001 zusammenschlossen, mussten sich die Amtsleitungen aus beiden alten Bezirksteilen neu auf die Leitungsstellen bewerben. „Das war eine knappen Entscheidung, die am Ende zu meinen Gunsten ausfiel. Mein Kreuzberger Pendant von damals hat das Bezirksamt dann verlassen, aber wir sind immer noch befreundet“, erklärt Heinrich Baasen.

Durch den Zusammenschluss mit Kreuzberg kamen im neuen Jahrtausend neue Themen und bewegte Zeiten, etwa die Besetzung des Oranienplatzes und anschließend der Gerhart-Hauptmann-Schule.

Natürlich hätten auch andere Bezirke spannende Aspekte in der Arbeit des Rechtsamtes. „Aber Friedrichshain-Kreuzberg war immer schon speziell. Das hat meine Tätigkeit hier so abwechslungsreich gemacht. Dennoch war es von Anfang an ein leichtes Arbeiten. Den Empfehlungen des Rechtamtes ist das Bezirksamt eigentlich meistens gefolgt.“

Und was folgt nun im Ruhestand auf die spannende Zeit im Bezirksamt? „Das lasse ich einfach auf mich zukommen“, erklärt der 66-Jährige, der seine Tätigkeit im Bezirksamt bereits um ein Jahr verlängert und die Pension somit nach hinten verschoben hat. „Ich warte erstmal ab. Mit dem Reisen ist es ja eh gerade etwas schwierig.“ Aber seine Tochter habe schon nachgefragt, ob er nun für die regelmäßige Betreuung des Enkelkinds zur Verfügung stehe: „Grundsätzlich ja, aber ich möchte meine Zeit jetzt nicht nur mit Kinderbetreuung und Hausarbeit verbringen.“ Es wird vermutlich noch ein ehrenamtliches Engagement hinzukommen – und einen Garten im Umland gibt es auch noch.

Die Leitung des Rechtsamtes übernimmt nun Rolfdieter Bohm. Seit 1. April ist er zum Wissenstransfer vom Bundestag ins Bezirksamt gewechselt. Der gebürtige Schwabe hat nach seinem Jura-Studium als Staatsanwalt in Hof gearbeitet und war einige Jahre ins Bundesministerium für Justiz in Berlin abgeordnet, wo er an der Föderalismusreform I mitarbeitete. Anschließend war er am Landgericht in Bayreuth beschäftigt, bevor er wieder nach Berlin kam, wo er ins Bundesinnenministerium wechselte. Nach langer Tätigkeit im brandenburgischen Landtag in Potsdam und in verschiedenen Funktionen im Bundestag, unter anderem im NSU-Untersuchungsausschuss und Maut-Untersuchungsausschuss, reizte den 54-Jährigen die Arbeit auf der kommunalen Ebene. „Vieles, was ich den letzten Jahren gemacht habe, war sehr abstrakt und weit weg vom echten Leben. Hier im Bezirksamt geht es thematisch Querbeet. Besonders in Friedrichshain-Kreuzberg. Es gibt ja kaum einen Bezirk mit mehr Leben und Themen als hier. Das finde ich spannend“, erklärt Rolfdieter Bohm seine Motivation für den Wechsel vom Bund in den Bezirk. Bislang fühle er sich im Bezirksamt sehr gut aufgenommen. „Das ist hier ein sehr kollegiales Miteinander in der Behörde. Das habe ich in anderen Verwaltungen durchaus schon anders erlebt.“ Auch die zwei Monate für den Wissenstransfer vom scheidenden zum neuen Leiter seien eine gute und sinnvolle Sache bei der Berliner Verwaltung mit ihren vielen Spezifika. „Der Wissenstransfer hätte ruhig noch länger sein dürfen. Aber zum Glück steht mir ja ein sehr erfahrener Stellvertreter zur Seite.“

Erste Herausforderungen und neue Projekte stehen bereits ins Haus: Die zentrale Vergabestelle des Bezirksamtes soll künftig besser aufgestellt sein. Dafür wird aktuell ein*e Vergabejurist*in eingestellt. Diese neu geschaffene Funktion wird ans Rechtsamt angedockt und fungiert künftig als Schnittstelle zur Vergabestelle. Auch die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs wird Rolfdieter Bohm und sein Team in den nächsten Jahren beschäftigen. „Und auch die Rigaer Straße treibt uns weiterhin um.“