Sigrid Fimpel berichtet aus Lissabon

Lissabon

Bericht vom 20.10.2023

Das Wetter kühlt sich langsam ab. Die Einweihung des Neubaus war ein sehr freudiges Ereignis, begleitet vom Oktoberfest mit Brezeln, Bier und deutschen Schlagern. Übers Wochenende hatte ich zudem Besuch bekommen und auch noch ehemalige Erasmus-Studienkollegen getroffen, welche in Lissabon wohnen. Ich fühle mich sehr wohl und angekommen.
Die Woche beginnt direkt mit dem Auszug aus dem Container – mein erster Arbeitsplatz verschwindet und wir ziehen in das neu renovierte Gebäude ein. Wie der Möblierungsplan bereits darstellt, wird die Zusammenarbeit noch enger werden…

Die Umzugsfirma würde besser vorankommen, wenn nicht das Wetter einen starken Umschwung drehen würde. Regen und Wind nehmen immer mehr zu. Insbesondere die Technik lässt sich schwer umziehen. Am Mittwoch empfange ich Unwetterwarnungen per SMS auf dem Handy. Die Schule überlegt, am Donnerstag geschlossen zu bleiben und ja, die nassen Böen sind sehr beeindruckend.

Herr Tiago Queiroz findet diese Woche die Zeit mit uns 3 Schulen zu besichtigen. Wir beginnen mit dem Besuch der Grundschule „Escola Básica do Parque das Nações”, ein Neubau direkt neben dem Gelände der Expo98. Die Schule beeindruckt durch ihren klare Gebäudeform und -struktur und viel Mut zur Farbe in den Innenräumen. Die Fachräume sind ganz neu und neu ausgestattet. Wir melden uns am Ende an der Pforte wieder ab und verlassen das Gelände mit dem Auto. Herr Querioz hatte uns seinen Parkplatz überlassen – denn für sein elektrisches Auto muss er keine Parkgebühren in der Stadt bezahlen.

Der nächste Termin findet in der Escola Secundária D. Pedro V statt. (Pedro V war ein während der Mitte des 19. Jhd sehr beliebter König in der Mitte des und wie ich lerne, kam sein Vater aus Deutschland.) Frau Caravelho schätzt diesen Besuch auch sehr, denn hier war sie selbst früher Schülerin und kann nun das vorher nachher auch persönlich erleben. Wir sind mit dem Schulleiter, Herr Amilcar Santos, dieses Hauptstandortes verabredet, zu welchem 4 weitere Standorte zählen. Er beschreibt die stattgefundenen Änderungen und zeigt sich zudem bereit, viele meiner Fragen zum portugiesischen Schulsystem zu beantworten. Außerdem gibt es uns seine Telefonnummer und Email-Adresse mit – er wäre an weiterem Austausch sehr interessiert.

Weiter auf dem Programm steht die „Escola Secundária de Camões“, ein wunderschönes unter Denkmalschutz stehendes Schulensemble inmitten der Stadt. Die Schule wird derzeit komplett saniert und natürlich auch statisch ertüchtigt. Ein großer Teil des Unterrichtes wurde in Container ausgelagert um die Bauausführung zu ermöglichen. Auch hier dauert sie natürlich länger als geplant. Ich bin sehr beeindruckt über die Ausrüstung der Bauarbeiter, denn wirklich alle tragen auf dem Gelände Helm, Warnweste und Sicherheitsschuhe. Also auch wir. Also ganz anders als in Deutschland.

Das neue Gebäude strahlt im gesamten Inneren mit grüner Farbe und ich darf es aus Schülersicht erleben, weil ich zum Portugiesisch Unterricht eingeladen wurde und die baulichen Mängel treten sofort in den Hintergrund. Das Raumklima ist sehr angenehm.

Für meinen letzten Tag heute habe ich einen großen Schoko-Walnuss Kuchen bestellt, welcher nun neben mir auf den Verzehr wartet. Ich bin allen Kollegen hier unglaublich dankbar für meine Zeit hier. Alle haben sich mir gegenüber sehr offen gezeigt, mich immer wieder beteiligt bei allen möglichen fachlichen und teilweise auch privaten Fragen. Mit Frau Caravelho durfte ich tief in den Standort Deutsche Schule Lissabon eintauchen und die Herausforderungen von innen kennenlernen. Diese Erfahrung werde ich in meiner täglichen Arbeit, bei welcher ich die von mir begleiteten Standorte nur am Rande erleben kann, sehr hilfreich sein.
Muito obrigada.

Lissabon

Bericht vom 16.10.2023

Halbzeit. Die Zeit vergeht unglaublich schnell. Wieder habe ich ein sehr heißes Wochenende hinter mir. Doch nachdem ich etwas akklimatisiert bin, konnte ich endlich ein paar Ausflüge unternehmen und z.B. über die Brücke fahren (Ponte 25 de Abril, die drittlängste Hängebrücke der Welt), ins Surfparadies Ericeira und zum westlichsten Punkt Europas – Cabo da Roca.

Die Arbeiten im Sanierungsgebäude und im Neubau dauern weiter an. Nächste Woche wollen wir endlich die Container freimachen und umziehen. Wir besprechen mit dem Umzugsunternehmen den Ablauf und ich kann mich endlich etwas revanchieren und einen Möblierungsplan erstellen.

Außerdem konnten wir diese Woche einen sehr besonderen Gast empfangen, und zwar Parque Esolar, vertreten durch Hr. Tiago Querioz. Parque Esolar stellt ein Staatsunternehmen dar, welches bereits im Jahr 2000 von Portugal eigens zur Sanierung und Erweiterung von vornehmlich Sekundarschulen gegründet wurde. Frau Carvalho, (die mich weiterhin bei all ihren Aufgaben und Terminen als ihre ständige Begleiterin akzeptiert,) hatte für meine vielen Fragen, welche das Schul(bau)system in Portugal betreffen mit der Institution Kontakt aufgenommen. Herr Queiroz hat uns in der deutschen Schule besucht und die Entstehungsgeschichte der Institution sowie deren verschiedenen Aufgaben inkl. Vorgehensweise präsentiert und dann auch noch eingeladen, einige Projekte zu besichtigen.

Die Mitarbeiter der deutschen Schule Lissabon sind in dieser Woche noch mehr beschäftigt als sonst. Parallel zu den Umbauten, Beginn des neuen Schuljahres, Wahl der Schülersprecher usw. steht die Einweihung des fertiggestellten Gebäudes an, sowie die 175jährige Feier des Bestehens der Schule und Oktoberfest am Wochenende an. Zahlreiche Gäste werden erwartet und die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.

Wir waren zu einer Besichtigung der Erweiterung der Escola Secundária Pedro Nunes, eine sehr schöne historische Sekundarschule im Zentrum von Lissabon mit Herr Tiago vor Ort verabredet und stelle fest, dass alle öffentlichen Schulen in Portugal mit einer Eingangskontrolle versehen sind. Die Schüler und sämtliche Mitarbeiter/Lehrer melden sich digital am Eingang an und ab und unsere Ausweise werden genau kontrolliert. Damit behält die Schule stets den Überblick, wer sich hier befindet und wer das Gebäude bereits verlassen hat.

Das ursprüngliche Gebäude stammt aus dem Beginn des letzten Jahrhunderts.
Parque Escolar hatte die Schule bereits für die erste Sanierungsphase ausgewählt. Sie wurde modernisiert und erweitert. Auf dem alten Schulhof wurde ein weiteres Gebäude zur Unterbringung der Klassenräume errichtet und auch eine große Sportfläche wurde mit einer regenfesten Konstruktion überdeckt. In allen unübersichtlichen Bereichen befinden sich sog. Vigilantes, d.h. Personen, welche sich eigens zur Überwachung der Schüler im Gebäude aufhalten.

Das Bestandsgebäude steht in erster Linie der Verwaltung und dem Teambereich zur Verfügung. Nicht nur das Gebäude selbst ist liebenswert erhalten, sondern auch ein Großteil der ehemaligen Möbel. Die Lehrer erhalten einen großzügigen Arbeits- und Rückzugsbereich um sich auf die nächsten Stunden vorzubereiten.
Die Kapazität der Schule konnte durch den Neubau um ca. 25% auf über 1.100 Schüler gesteigert werden- bei einer Verringerung der Außenflächen.

Wir gehen weiter durch das Übergangsgebäude und begeben uns auf den „Schulweg“ den auch die Schüler nutzen.
Für Berliner ungewohnt weisen die 7 Hügel der Stadt Lissabon auch deutliche Höhenunterschiede auf dem Grundstück auf. Das heißt wir erreichen den Hof über einen Treppenlauf nach oben und betreten anschließend die Sporthalle.

Die Woche geht zu Ende und ich sitze die letzten Stunden im Container, denn der Umzug steht tatsächlich vor der Tür. Diese Woche dauert deutlich länger als die nächste und ist noch nicht zu Ende. Denn morgen, am Samstag werden wir hier den ganzen Tag feiern.

Wetterkarte

Bericht vom 09.10.2023

Das erste Wochenende war sehr, sehr heiß. Mit tagsüber 35° C schaffte ich Ausflüge maximal bis zum Strand. Es war ziemlich schwierig eine Unterkunft zu finden. Die Preise haben auch in Portugal stark angezogen und die Mieten in Lissabon sind vergleichbar mit den Mieten in Berlin. Ich wohne fast 30km also ca. 1h entfernt von der deutschen Schule. Dennoch habe ich großes Glück, denn der Schulbus eigens für die Schüler hier hält praktischerweise direkt vor meiner Tür (um 6:46Uhr – so früh verlasse ich mein Haus in Berlin nie). Ich bin also ein portugiesischer Pendler und fahre nach der Arbeit zurück in mein Dorf am Atlantik. Am Sonntag zeigten sich sogar Delfine am Strand.

Diese Woche war sehr entspannt. Aufgrund des deutschen Feiertages war der Dienstag (3. Oktober) frei und aufgrund des portugiesischen Feiertages der Donnerstag (5. Oktober). Tag der Republik (Implantação da República) – Nationalfeiertag in Erinnerung an die Ausrufung der Republik in Portugal 1910.

Die Begehung des neuen Gebäudes hat weitere Mängel auf der Mängelliste zur Folge. Die ausführende Firma hatte die Fertigstellung erneut zugesagt und das Versprechen erneut nicht eingehalten. Die Container sollten in den Sommerferien verschwinden, doch nun verbleiben sie noch etwas länger und ich friere manchmal. Die Portugiesen lieben ihre Klimaanlage.

Ein Großteil der Sanierungsarbeiten wird von der geographischen Lage hier bestimmt. Weit unter uns begegnen sich die afrikanische und die eurasische Platten und wir befinden uns in der „Zona de Fratura Açores-Gibraltar“, in der Azoren-Gibraltar-Bruchzone (nie davon gehört). 1755 gab es ein großes Erdbeben, durch welches 60.000 Menschen starben. Seit den 60er Jahren findet diese Tatsachen in den Bauvorschriften für Neubauten wieder zunehmend Beachtung – aber eben erst nach der Fertigstellung der Schule. Seitens des BfAA, Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten, wurde 2009 eine Untersuchung aller deutschen Auslandsschulen vorgenommen. Dabei wurde in der DSL festgestellt, dass die Gebäude entsprechend nachgerüstet werden müssen, um die Sicherheit der Nutzer zu gewährleisten. Einige wurden bereits ertüchtigt und weiter sollen folgen. Die Finanzierung erfolgt zum größten Teil über den deutschen Staat, ein weiterer Beitrag wird von der Schule selbst beigesteuert sowie über Projekte und Sponsoren gefördert.

Lissabon

Bericht vom 02.10.2023

Am Montag wurde ich von Patricia Carvalho, der Leitung Infrastruktur DSL, deutsche Schule Lissabon, herzlich willkommen geheißen und vielen neuen und freundlichen Gesichtern vorgestellt. Die Nervosität, die sich bei mir in den 2 Wochen vorher dann langsam doch angestaut hatten, wurde somit in sehr kurzer Zeit aufgelöst.

Auf der schwierigen Suche nach einem Hospitationspartner in Portugal hatte ich auf die Unterstützung der deutschen Schule Lissabon gesetzt und nach einem Telefonat das Angebot erhalten, doch direkt auf dem Campus dort zu hospitieren, denn auch hier stehen Neubau- und Sanierungsmaßnahmen an um die Schule wegen wachsender Schülerzahlen zu erweitern und Bestandsgebäude zu ertüchtigen.

Auf dem Gelände befindet sich der große Teil des Kindergartens (ab 3Jahren), die Grundschule (4 Jahre) und das Gymnasium (Abitur nach 12 Jahren). Diese sind untergebracht in den ursprünglich am Standort vom deutschen Architekten Otto Bartning errichteten Gebäuden im Bauhaus Stil und ergänzt durch weitere moderne Gebäudeteile, entworfen von Carrilho da Graça. Außerdem befinden sich hier Schulgarten, Teich, Sportplätze, Sporthalle, Schwimmbecken, Freiflächen, Mensa usw. Das gesamte Gelände ist eingezäunt und der Eingang wird bewacht. Alle Schüler, Lehrer, Mitarbeiter betreten und verlassen das Grundstück mit einer Schlüsselkarte über mehrere Drehkreuztüren.

Mein Hauptarbeitsplatz befindet sich im Container. Wie wir es auch in Berlin gewohnt sind, erfordern die Verzögerungen im Bauablauf viel Flexibilität von allen Beteiligten. Interimsmaßnahmen werden verlängert und auch hier stellt sich die Frage, mit vielen Mängeln lässt es sich leben und arbeiten?

Ich nehme an einer Besprechung mit dem Vorstand und der Projektsteuerung teil und versuche herauszufinden, nach welchen Regeln hier gearbeitet wird. Nach deutschen? Denn der Hauptauftraggeber ist die BRD oder nach portugiesischen? Denn wir sind ja in Portugal?

Auf jeden Fall bin ich teilweise sehr froh, dass die meisten Kollegen hier sehr gut deutsch sprechen und ich so fast alle Fragen loswerden kann. ich bewundere insbesondere Frau Caravalho für Ihre Geduld, mich wirklich die ganze Woche bei allen Ihren Besprechungen und Diskussionen zu beteiligen und freue mich auf die kommende.