Die Berliner Wirtschaft konnte auch 2022 in einem schwierigen konjunkturellen Umfeld expandieren. Das BIP erhöhte sich trotz der hohen Unsicherheiten und Geschäftshemmnisse infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine um real 4,9 % und ist damit erneut überdurchschnittlich gewachsen. Vor allem die Branchen Information und Kommunikation und die Unternehmensdienstleistungen haben Wachstumsimpulse ausgelöst. Allerdings sind die Belastungen insbesondere durch die Inflation im laufenden Jahr weiterhin hoch und die Beschäftigungsdynamik ist verhaltener als 2022. Damit kann für 2023 in Berlin zurzeit nur von einer gegenüber dem Vorjahr leicht positiven Wirtschaftsentwicklung ausgegangen werden.
Konjunkturelle Wirtschaftsentwicklung
Berlin hat sich auch 2022 als resilient in Krisensituationen erwiesen und das reale Bruttoinlandsprodukt um 4,9 % gesteigert. Damit wurde das bundesweite Wachstum, das im letzten Jahr 1,8 % erreichte, ein weiteres Mal übertroffen. Insgesamt lag das Bruttoinlandsprodukt 2022 in Berlin bei 179,4 Mrd. Euro; dies waren 13,9 Mrd. Euro mehr als ein Jahr zuvor. Die Dienstleistungsbranchen haben die Wertschöpfung 2022 insgesamt um real 6,2 % gesteigert und damit erneut maßgeblich zum wirtschaftlichen Wachstum Berlins beigetragen. Neben postpandemischen Impulsen gingen besonders starke Wachstumsbeiträge von den Informations- und Kommunikationsdienstleistungen und den Unternehmensdienstleistungen aus; beide Branchen haben 2022 zusammen rund zwei Drittel des Wertschöpfungswachstums in Berlin erbracht.
Die Berliner Wirtschaft ist trotz der konjunkturellen Risiken gefestigt in das Jahr 2023 gestartet. Allerdings ist die Stimmungslage noch verhalten. Auf Grundlage der IHK-Frühjahrsumfrage bewegten sich die aktuellen Lageurteile der Unternehmen mit einem Positivsaldo von 25 Punkten auf ähnlichem Niveau wie am Jahresanfang, aber noch unter dem Stand vom Frühjahr 2022. Dabei sind die wirtschaftlichen Risiken teils stark ausgeprägt. Am häufigsten wurde der Fachkräftemangel genannt (von 68 % der Unternehmen). 57 % gaben die Arbeitskosten als wirtschaftliches Risiko an; 56 % die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. 53% verwiesen auf die Energie- und Rohstoffpreise (Jahresbeginn: 64 %). Auch die gestiegenen Zinsen belasten die Unternehmen. Angesichts der Geschäftsrisiken und globalen Unsicherheiten blieb der Saldo aus positiven und negativen Geschäftserwartungen mit einem Wert von +1 Punkt gegenüber dem Jahresbeginn ebenfalls nahezu unverändert auf einem niedrigen Niveau.
Auch der Erwartungssaldo der Handwerksbetriebe war mit -2 Punkten noch verhalten, was zusammen auf eine eher moderate konjunkturelle Dynamik im laufenden Jahr hinweist. Dafür spricht auch der ifo-Erwartungsindex, der im Mai, Juni und Juli nach einer schrittweisen Erholung in den Vormonaten wieder etwas nachgegeben hat und somit eine bundesweit zunächst verhaltene Entwicklung andeutet.
Die wirtschaftliche Entwicklung ist angesichts der noch hohen Inflation, nicht ausgestandener Lieferengpässe und der geopolitischen Unsicherheit jedoch weiterhin mit starken Geschäftsrisiken behaftet. Gleichwohl kann für Berlin 2023 von weiterem BIP-Wachstum ausgegangen werden.
Dabei gibt es Auftriebskräfte im Dienstleistungssektor, der in Berlin überdurchschnittlich repräsentiert ist und somit über die Wirtschaftsstruktur auf das BIP-Wachstum ausstrahlt. Ein wichtiger Impulsgeber bleibt 2023 die Branche Information und Kommunikation, aber auch die Unternehmensdienstleistungen haben weiteres Wachstumspotential. Allerdings ist die Beschäftigungsdynamik in den genannten Wirtschaftszweigen in diesem Jahr schwächer und damit auch der absehbare Wertschöpfungsimpuls. Positiv dürfte sich 2023 erneut der Berlin-Tourismus entwickeln, der sich noch unter dem Niveau vor der Pandemie bewegt und Aufwärtspotenzial hat. Auch werden weiter steigende BER-Fluggastzahlen erwartet. Dies strahlt auf das Gastgewerbe aus, wenn auch mit einer schwächeren Dynamik als 2022, das durch teils sehr starke postpandemische Impulse geprägt war. Die Entwicklung im Berliner Einzelhandel wird hingegen durch die noch hohe Inflation gedämpft, die das Konsumklima auch im
laufenden Jahr belasten wird. Der weltwirtschaftliche Ausblick wiederum ist angesichts der globalen Verwerfungen infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zurzeit noch eher verhalten. Die Industrie zeigt sich in Berlin 2023 bislang robust bei einem im Frühjahr gegenüber dem Jahresanfang wieder besseren Geschäftsklima. Auch die laut ifo-Institut nachlassenden angebotsseitigen Produktionsbehinderungen stabilisieren die Lage. Auf Bundesebene haben sich die industriellen Geschäftserwartungen von Mai bis Juli aber wieder eingetrübt, womit noch keine starke konjunkturelle Dynamik in der Industrie angezeigt ist. Das Baugewerbe ist, neben den weiterhin hohen Baupreisen, den ungünstigeren Finanzierungsbedingungen und deren Folgen für das Neugeschäft ausgesetzt. Damit befindet sich die Branche im laufenden Jahr in einem schwierigen konjunkturellen Umfeld.
Was die gesamte BIP-Entwicklung betrifft, wird unter Berücksichtigung der dienstleistungsorientierten Berliner Wirtschaftsstruktur für 2023 zunächst von weiterem Wachstum ausgegangen. Bei einem Basisszenario, bei dem sich die geopolitische Lage nicht verschärft, würde das BIP nach den beiden Vorjahren damit erneut expandieren. Dabei lag die Inflationsrate in Berlin im Juli mit 6,1 % (Verbraucherpreisindex im Vergleich zum Vorjahresmonat) unter dem Wert vom Jahresanfang 2023, der 8,8 % betragen hatte. Allerdings fiel die Kerninflation (Verbraucherpreisindex ohne Energie und Lebensmittel) mit 4,9 % nach wie vor noch hoch aus. Insgesamt dürfte laut ifo-Institut der Gipfel der Preissteigerungen jedoch überwunden sein. Allerdings dürften sich die Inflationsraten auf einem vorerst noch hohen Niveau bewegen und entsprechend nur schrittweise zurückgehen. Die Bundesregierung erwartet für Deutschland nach 6,9 % in 2022 (Berlin 7,1 %) für 2023 eine Inflationsrate von
jahresdurchschnittlich 5,9 %. Erst für 2024 geht sie von einer stärkeren Entspannung aus (2,7 %).
Beschäftigung deutlich gewachsen
Die positive wirtschaftliche Entwicklung in Berlin hat sich 2022 auch auf dem Arbeitsmarkt gezeigt. Mit einer wieder höheren Arbeitskräftenachfrage hat sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten deutlich erhöht. Im Jahresdurchschnitt 2022 gab es rund 65.400 bzw. 4,1 % Beschäftigte mehr als ein Jahr zuvor; bundesweit entstand ein Plus von 1,8 %. Entsprechend kam es auch zu einer deutlichen Zunahme bei der Gesamtzahl der Erwerbstätigen, die 2022 in Berlin um 68.400 gestiegen ist. Im Zuge einer zum Jahreswechsel schwächeren wirtschaftlichen Dynamik fiel das Tempo beim Personalaufbau anschließend jedoch verhaltener aus. Auch Anfang 2023 war der Beschäftigungsstand aber immer noch spürbar höher als im Vorjahr. So gab es im Mai 2023 in Berlin rund 26.100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr als im Vorjahresmonat.
Infolge der im vergangenen Jahr verbesserten Beschäftigungssituation bewegt sich die Kurzarbeit auf einem nur noch geringen Niveau. So gingen im Juli dieses Jahres von 48 Betrieben neue Anzeigen zur konjunkturellen Kurzarbeit ein (Juni 73, Mai 68; zum Vergleich Juli 2022: 78). Von den neuen Anzeigen im Juli waren 1.008 Personen potenziell betroffen (Juni 846, Mai 631; zum Vergleich Juli 2022: 547). Auch die Inanspruchnahme von Kurzarbeit ist auf einem wieder geringen Niveau. Dazu liegen Angaben bis April 2023 vor, in dem es in Berlin 1.484 Kurzarbeitende gab (März 1.842, Februar 1.845; zum Vergleich April 2022: 14.227). Somit befanden sich im April 2023 in Berlin 0,1 % der Beschäftigten in Kurzarbeit (Bund 0,4 %).
Die Arbeitslosenzahl lag im Jahresdurchschnitt 2022 in Berlin bei 179.300 und damit um 19.100 unter dem Niveau von 2021 (-9,6 %, Bund -7,5 %), obgleich die Geflüchteten aus der Ukraine seit Mitte letzten Jahres in den Jobcentern erfasst sind. Im Zuge einer bundesweit und auch in Berlin Anfang 2023 aber verhalteneren Entwicklung am Arbeitsmarkt bewegt sich die Arbeitslosenzahl jedoch auf einem wieder etwas höheren Niveau. Die Gesamtzahl der Arbeitslosen lag im Juli 2023 in Berlin um rund 6.300 bzw. 3,4 % über dem Stand des Vorjahresmonats (darunter Arbeitslose mit ukrainischer Staatsangehörigkeit -200). Allerdings fiel der Anstieg damit insgesamt geringer aus als im Bundesdurchschnitt (+5,9 %) und in den meisten anderen Bundesländern.
Die Perspektiven für den Berliner Arbeitsmarkt sind grundlegend positiv zu beurteilen. Vor allem von den wachsenden Dienstleistungsbranchen dürften weiterhin Impulse auf die Arbeitskräftenachfrage ausgehen. Der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA-X) zeigte sich in Berlin im Juli weiterhin gefestigt. Außerdem sind die Beschäftigungsabsichten der Berliner Unternehmen insgesamt expansiv, wozu teils aber auch die Knappheiten am Arbeitsmarkt beitragen dürften. Gemäß IHK-Umfrage vom Frühjahr planten 28 % der Unternehmen einen Beschäftigungszuwachs und 17 % einen Stellenrückgang. Der Positivsaldo fiel mit 11 Punkten ähnlich hoch aus wie am Jahresbeginn (14 Punkte), hatte im Frühjahr 2022 indes noch 21 Punkte betragen. Bei den Handwerksbetrieben waren die Personalpläne mit einem Saldo von 6 Punkten im Frühjahr ebenfalls leicht positiv. Dies deutet, bei einem gegenüber 2022 geringeren Tempo, im laufenden Jahr auf ein Beschäftigungswachstum in Berlin hin. Damit
würde sich die positive Entwicklung bei der Zahl der Arbeitsplätze, die in Berlin in den letzten Jahren zudem stärker als bundesweit expandiert ist, auch 2023 fortsetzen.
Dienstleistungen weiter expandiert
Der Dienstleistungssektor ist 2022 insgesamt spürbar expandiert und hat damit maßgeblich zum wirtschaftlichen Wachstum in Berlin beigetragen. Zum einen gab es starke postpandemische Impulse im Tourismus, zum anderen konnten Berliner Wachstumsbranchen wie Information und Kommunikation und die Unternehmensdienstleistungen deutlich zulegen.
Der Tourismus hat sich in Berlin, nach dem Ausfall etlicher Großveranstaltungen noch zu Jahresbeginn, im Verlauf 2022 mit den weggefallenen Corona-Maßnahmen und den damit verbundenen postpandemischen Impulsen stabilisiert. Auch das Kongress-Geschäft nahm an Fahrt auf. Im Gesamtjahr 2022 wurden in Berlin somit 26,53 Mio. Übernachtungen verzeichnet. Diese Zahl übertraf infolge dreistelliger Zuwachsraten bis zur Jahresmitte den Vorjahreswert (13,96 Mio.) deutlich um 90,0 %, war aber noch 22,3 % geringer als 2019. Auch bei den Gästezahlen war die Entwicklung 2022 überaus positiv. Im Gesamtjahr 2022 kamen 10,43 Mio. Besucherinnen und Besucher in die Hauptstadt; dies waren rund doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum (5,13 Mio.), aber noch ein Viertel weniger als im Vergleichsjahr 2019 (13,96 Mio.). Der wieder anziehende Berlin-Tourismus hat die Bettenauslastung erhöht. Diese betrug 2022 insgesamt 51,7 % und übertraf damit deutlich den Wert aus 2021 (30,6
%), blieb aber noch hinter dem Vorkrisenniveau von 2019 (62,7 %) zurück. Im Dezember 2022 gab es dabei rund 142.000 angebotene Betten in Berlin, somit 2,8 % mehr als im Dezember 2021 bzw. 5,3 % weniger als im Dezember 2019. Mit dem insgesamt im letzten Jahr wieder stärkeren Berlin-Tourismus fielen zudem die BER-Fluggastzahlen rund doppelt so hoch aus wie 2021, bewegten sich aber immer noch um 44,3 % unter dem Wert des Jahres 2019. Angesichts des noch nicht erreichten Niveaus aus dem Jahr vor der Pandemie besteht für den Tourismus 2023 weiteres Wachstumspotenzial. Dies zeigen bereits die Zahlen für die ersten fünf Monate 2023. Auch wenn die Wachstumsraten am Ende dieses Zeitraums schwächer ausfielen, gab es von Januar bis Mai 2023 in Berlin insgesamt 31,2 % mehr Übernachtungen als im Vorjahreszeitraum.
Von dem wieder stärkeren Tourismus sind 2022 deutliche Impulse auf das Berliner Gastgewerbe ausgegangen. Angesichts sehr hoher Zuwachsraten im 1. Halbjahr war der preisbereinigte Umsatz im Berliner Gastgewerbe 2022 insgesamt um 52,3 % (Beherbergung +85,3 %; Gastronomie +37,9 %) höher als im Vorjahr. Nach sehr negativen Geschäftserwartungen im Berliner Gastgewerbe im Herbst haben sich diese gemäß IHK-Umfrage vom Jahresbeginn 2023 aber wieder ins Positive gedreht und fielen auch im Frühjahr günstig aus. In den ersten fünf Monaten 2023 lag der Umsatz um 12,8 % über dem Stand im Vorjahreszeitraum. Entsprechend gab es im Gastgewerbe wieder einen Stellenzuwachs. Im Gesamtjahr 2022 ist der Personalstand um 13,8 % gestiegen.
Im Berliner Einzelhandel wirkte sich hingegen zum Ende des letzten Jahres das durch den Preisauftrieb belastete Konsumklima negativ aus. Durch einen deutlich negativen Wert im letzten Quartal, als die Umsätze um 5,4 % unter dem Wert vom Vorjahreszeitraum lagen, entstand im Berliner Einzelhandel trotz positiver Daten in den drei Vorquartalen 2022 insgesamt ein um real 0,1 % geringeres Umsatzergebnis als im Vorjahr. Von Januar bis Mai 2023 gab es ein Minus von 3,4 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Bezogen auf das Gesamtjahr gab es 2022 nur zwei Bereiche des stationären Einzelhandels mit einem Umsatzplus: Handel mit Verlagsprodukten, Sportausrüstungen etc. und Handel mit IK-Technik, Haushaltsgeräten etc. Bei diesen beiden Bereichen ist allerdings zu beachten, dass sie teils kräftige Einbußen während der Corona-Pandemie zu verzeichnen hatten. Der Onlinehandel und der Nahrungsmittelhandel, die in der Pandemie zunächst spürbare Zuwächse hatten,
unterschritten demgegenüber die Umsätze von 2021. Was den Beschäftigungsstand im Einzelhandel betrifft, so bewegte sich dieser nach einem positiven Wachstum im 1. Halbjahr 2022 ab dem 3. Quartal unter dem Niveau des Vorjahres. Die Neueintragungen für die Ausbildungsberufe Einzelhandelskauffrau/-mann (von 957 auf 946), Verkäufer/-in (von 529 auf 509) sowie Kauffrau/-mann im E-Commerce (von 74 auf 54) sind 2022 im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken.
Für das Gesamtjahr 2022 hat sich im Berliner Einzelhandel indes noch ein leichtes Personalplus von 0,5 % ergeben. Was den Ausblick betrifft, dürfte sich der private Konsum bei im Jahresverlauf nachlassenden Inflationsraten bundesweit etwas erholen und positiv auf den Einzelhandel ausstrahlen. In Berlin bewegten sich die Geschäftserwartungen im gesamten Einzelhandel im Frühjahr 2023 wieder im positiven Bereich, nachdem sie am Jahresbeginn und vor allem im Herbst letzten Jahres negativ ausgefallen waren. Gleichwohl hatte das Konsumklima in Deutschland insgesamt laut GfK im Juli ein noch niedriges Niveau.
Die Dienstleistungsbranchen sind 2022 insgesamt wieder spürbar expandiert und waren damit zentraler Impulsgeber der wirtschaftlichen Entwicklung in Berlin. Dies unterstreichen auch die stark gestiegenen Beschäftigtenzahlen. Mit Stichtag 30. Juni 2022 lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in wichtigen Berliner Dienstleistungsbereichen deutlich über dem entsprechenden Vorjahresstand. Dies gilt bspw. für den Bereich der unternehmensnahen und sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (+17.000) bzw. für Information und Kommunikation (+16.700). Die Entwicklung der Dienstleistungen verlief seitdem insgesamt verhaltener, aber es sind weiterhin dort deutlich mehr Menschen beschäftigt als vor einem Jahr. Im Mai 2023 fiel die Beschäftigtenzahl bspw. bei Information und Kommunikation um 6.600 höher aus als ein Jahr zuvor. Mit einer Wachstumsrate von 4,7 % war der Zuwachs an Stellen in dieser Branche weiterhin etwas höher als im
Bundesdurchschnitt.
Insgesamt gab es in Berlin am 30. Juni 2022 im Dienstleistungsbereich rund 1.445.500 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; dies waren 87 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Mit Stand Mai 2023 waren nach vorläufigen Angaben im Berliner Dienstleistungsbereich insgesamt 1.468.200 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Im Dienstleistungssektor sind weiterhin überwiegend Frauen tätig. Rund 53 % aller in diesem Bereich sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind weiblich.
Produzierende Branchen gefestigt – aber hohe Risiken
Die Industrie blieb in Berlin im Jahresverlauf 2022 bei den Umsätzen insgesamt stabil. Dies gilt auch für die Auftragseingänge, die im Zuge des schwierigen konjunkturellen Umfeldes aber zum Jahresende verhaltener waren und daher 2022 insgesamt minimal um real 0,4 % nachgegeben haben. Die Beschäftigung in der Berliner Industrie, die durch einen vielfältigen Branchenmix gekennzeichnet ist, bewegte sich wiederum mit einem leicht positiven Vorzeichen über dem Niveau des Vorjahres. Gegenüber dem Herbst letzten Jahres, als sich laut IHK-Umfrage der Saldo bei den Geschäftserwartungen der Industrieunternehmen noch mit 40 Punkten im Minus befand, hat er sich Anfang 2023 bereits spürbar verbessert. Dennoch bewegte er sich mit 10 Punkten weiter im negativen Bereich und insbesondere die Energie- und Rohstoffpreise wurden als Risiko angesehen. Die Industrieumsätze fielen in den ersten fünf Monaten um 4,7 % schwächer aus als im Vorjahreszeitraum; die Auftragseingänge nahmen aber
durch einen robusten Jahresauftakt von Januar bis Mai um 6,4 % zu. Auch gemäß der IHK-Frühjahresumfrage haben sich die Aussichten aufgehellt. Demnach bewegte sich der Saldo aus optimistischen und pessimistischen Geschäftserwartungen der Berliner Industrieunternehmen mit 12 Punkten mittlerweile im positiven Bereich, obgleich noch immer 80 % die Energie- und Rohstoffpreise als Geschäftsrisiko eingestuft haben. Die Beschäftigungsabsichten der Berliner Industrie waren mit im Saldo 14 Punkten aber ebenfalls positiv ausgerichtet. Bundesweit fiel der ifo-Erwartungsindikator in der Industrie im Mai, Juni und Juli jedoch wieder ungünstiger aus, nachdem er sich in den Vormonaten schrittweise verbessert hatte. Verbunden mit einer gedämpften weltwirtschaftlichen Entwicklung bewegt sich die Berliner Industrie damit zurzeit noch in einem verhaltenen konjunkturellen Umfeld.
Die Exporte made in Berlin zeigten sich im Jahresverlauf 2022 ebenfalls stabil. Laut Außenhandelsstatistik wurden im letzten Jahr von Berlin aus Waren im Wert von 16,41 Mrd. Euro exportiert, womit der Stand aus 2021 um 532 Mio. € übertroffen wurde. Die Ausfuhren in die EU waren dabei etwas höher als ein Jahr zuvor, während die Exporte in die USA und nach China als stärkste Abnehmerländer von Berliner Produkten vergleichsweise stärker zunahmen. In die EU wurden 2022 Waren im Wert von 7,3 Mrd. Euro exportiert, in die USA bzw. nach China betrug der Exportwert 1,6 bzw. 1,4 Mrd. Euro.
Das Baugewerbe ist auch in Berlin belastet durch das schwierigere Marktumfeld durch gestiegene Baukosten und Zinsen und Materialknappheit. Im Berliner Bauhauptgewerbe kam es 2022 zwar zu einem Umsatzanstieg von 13,7 %. Dabei fiel der Zuwachs im Wohnungsbau mit 17,3 % leicht überdurchschnittlich aus, aber auch der öffentliche Bau und der Gewerbebau befanden sich im Plus. Das Ausbaugewerbe hat 2022 die Umsätze um 12,2 % gesteigert, womit zusammen mit dem Bauhauptgewerbe im letzten Jahr in Berlin ein baugewerblicher Umsatzzuwachs von insgesamt 13,1 % entstand (jeweils bezogen auf Betriebe ab 20 Beschäftigten). Allerdings ist zu bedenken, dass dieser nominale Umsatzanstieg auf dem Preisauftrieb basieren dürfte. Gleichwohl blieb die Baubranche insgesamt stabil, was sich auch an der Zahl der Arbeitsstunden zeigt, die 2022 arbeitstäglich bereinigt um 2,0 % höher ausfiel als ein Jahr zuvor. Die Beschäftigung hatte ebenfalls ein etwas höheres Niveau.
In das Jahr 2023 ist das Berliner Bauhauptgewerbe verhalten gestartet. Die Umsätze lagen in den ersten fünf Monaten nominal etwa auf dem Stand vom Vorjahreszeitraum; bei den Auftragseingängen gab es einen um 5,5 % schwächeren Wert. Hinzu kommt der Preiseffekt, womit die Werte in realer Betrachtung noch geringer ausfallen. Bei der Zahl der genehmigten Wohnungen wurde im Jahr 2022 (16.968) der Stand vom Vorjahr (18.716) nicht erreicht. In den ersten fünf Monaten 2023 (7.263) gab es aber wieder ein Plus zum Vorjahreszeitraum (6.368). Der im letzten Jahr zwar zurückgegangene, aber noch hohe Auftragsbestand (Ende März 2023 bei 2,47 Mrd. €) schafft indes zunächst eine gute Grundlage für ein stabiles Baugeschehen. Allerdings belastet das Geschäftsumfeld das Neugeschäft. Die Geschäftserwartungen am Bau zeigten sich laut IHK zwar im Frühjahr besser als zu Jahresbeginn, blieben im Saldo aber weiter negativ (12 % besser, 27 % schlechter).
Das Berliner Handwerk war im vergangenen Jahr ebenfalls von dem insgesamt schwierigen Geschäftsumfeld betroffen. Zum Herbst haben u. a. die Folgen des starken Preisauftriebs bei Energie und Rohstoffen und die hohe Unsicherheit im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine das Konjunkturklima deutlich belastet. Gleichwohl kam es zu keinem Einbruch der Geschäfte und es gab noch einen Positivsaldo von 24 Punkten aus guten und schlechten Urteilen zur Geschäftslage, jedoch auf einem gegenüber 2019 schwächeren Niveau. Infolge der starken Geschäftsrisiken waren aber die Erwartungen spürbar ungünstiger und die prognostizierte Nachfrage fiel schwächer aus. Nur neun Prozent der Handwerksbetriebe erwarteten im Herbst letzten Jahres bessere Geschäfte, gegenüber 41 mit negativen Prognosen. Damit lag der Erwartungssaldo, nach einem Minus von 6 Punkten im Frühjahr 2022, mit 32 Punkten im negativen Bereich. Brüche z. B. in Form einer Gasmangellage sind im
Winterhalbjahr aber ausgeblieben und der Preisauftrieb hat sich nicht weiter zugespitzt. Der Auftragseinbruch für das Berliner Handwerk ist insgesamt betrachtet ausgeblieben. Damit ist auch die befürchtete negative konjunkturelle Entwicklung nicht eingetreten, womit sich die Lage aus Sicht der Betriebe weiterhin stabil und im Frühjahr 2023 wieder etwas besser darstellte.
Insgesamt bezeichneten 38 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als gut und 11 Prozent als schlecht. Der Positivsaldo lag mit 27 Punkten leicht über dem Niveau der Vorumfrage, vor allem haben sich aber die Erwartungen wieder verbessert und bewegten sich nur noch geringfügig mit 2 Punkten im negativen Bereich. Allerdings zeigte sich das Handwerk damit noch eher verhalten gegenüber der weiteren konjunkturellen Entwicklung und die hohen Preise, Lieferengpässe und der Fachkräftebedarf sind weiterhin belastende bzw. herausfordernde Faktoren. Dabei rücken die klimarelevanten Handwerksberufe im Zuge der Energiewende zunehmend in den Fokus. Die Beschäftigungspläne der Handwerksbetriebe sind indes insgesamt leicht aufwärtsgerichtet, jedoch nicht mehr so expansiv wie in der Vor-Corona-Zeit. 16 Prozent aller Betriebe planten im Frühjahr 2023 zusätzliche Stellen, gegenüber 10 Prozent mit rückläufigen Personalplänen. Rund drei Viertel der Handwerksbetriebe signalisierten
somit ein weiterhin stabiles Beschäftigungsniveau.
Berlin ist trotz des unsicheren konjunkturellen Umfelds auch 2022 ein starker Standort für Unternehmensgründungen geblieben. Mit 37.125 Neugründungen wurden die Werte aus 2021 (39.267) und 2019 vor der Pandemie (38.210) nicht ganz erreicht. Gleichwohl bewegen sich die Gründungszahlen auf einem überdurchschnittlichen und damit weiterhin hohen Niveau. Berlin hatte auch 2022 mit 100 Neugründungen pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner den höchsten Wert im Vergleich der Bundesländer; gefolgt von Hamburg (85) und Bremen (83). In Deutschland insgesamt wurde ein Wert von 66 erreicht. Was die Betriebsgründungen betrifft, deren Rechtsform und Beschäftigtenzahl auf eine größere wirtschaftliche Bedeutung schließen lassen, zeigte sich ebenfalls das hohe Niveau. Im Jahr 2022 entstanden in Berlin 9.596 neue Betriebe, gegenüber 10.172 im Vorjahr bzw. 9.100 in 2019 im Vorfeld der Pandemie. Damit belegte Berlin auch bei den Betriebsgründungen pro 10.000
Einwohnerinnen und Einwohner im Jahr 2022 mit 25,8 den Spitzenplatz; knapp vor Bremen (25,6) und Hamburg (23,9). Im Bundesdurchschnitt entstand ein Wert von 13,7. Die Gründungsaktivität ist in der Hauptstadt begleitet von einem starken Startup-Ökosystem. 2022 flossen nahezu 5 Mrd. Euro und damit knapp die Hälfte des bundesweit investierten Kapitals laut EY-Startup-Barometer an Startups aus Berlin. Speziell über IBB Ventures werden mit dem Impact-Fonds zudem ökologische, soziale und nachhaltige Startups gestärkt.
Das Insolvenzgeschehen ist im letzten Jahr stabil geblieben. Insgesamt gab es 2022 in Berlin 1.252 Unternehmensinsolvenzen. Dies waren etwa so viele wie 2021 (1.242) und 2020 (1.233), aber weniger als 2019 (1.382). In den ersten vier Monaten 2023 kam es zu 536 Unternehmensinsolvenzen, dies waren etwas mehr als im Vorjahr (451). Hinweise auf künftige Unternehmensinsolvenzen könnten die Anträge auf Eröffnung von Regelinsolvenzverfahren auf Basis der Statistik in Zivilsachen liefern (sog. ZP-Statistik). Deren Zahl lag im Mai (365) in Berlin zwar etwas über dem Wert vom Vorjahresmonat (337), hat sich gegenüber den Werten der Vormonate (April 355, März 388, Februar 337, Januar 390) aber nicht wesentlich verändert. Eine Insolvenzwelle ist damit weiterhin nicht absehbar. Allerdings stellen die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und die höheren Energiepreise zusätzliche Risiken für die Unternehmen dar, deren Auswirkungen auf das
Insolvenzgeschehen laut BMWK in den nächsten Monaten aber nur schwer abzuschätzen sind.
Durch Energiekrise, Lieferengpässe und die in der COVID-19-Pandemie häufig aufgebrauchten Reserven sind viele Unternehmen und Selbstständige weiterhin unter starkem wirtschaftlichem Druck. Vor diesem Hintergrund fördert die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe seit Dezember 2020 eine kostenfreie allgemeine Schuldnerberatung für Kleinstunternehmen beim Träger Berliner Stadtmission e.V. Die Schuldnerberatung arbeitet seit dem 1.1.2021 in vollständiger personeller Besetzung und hat in 2022 insgesamt 1.897 Beratungsgespräche mit 702 Klientinnen und Klienten geführt. Insgesamt wurden 56 Insolvenzverfahren eröffnet.
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: wirtschaftlicher Wohlstand und ökonomische Stabilität
Das Bruttoinlandsprodukt als Maßstab für die wirtschaftliche Entwicklung und Leistungsfähigkeit hat sich bis zur COVID-19-Pandemie in Berlin äußerst positiv entwickelt. Es erhöhte sich zwischen 2016 und 2019 um real 11,5 %. Im Corona-Jahr 2020 sank die Berliner Wirtschaftsleistung um 2,3 %; allerdings weniger stark als der Bund (-3,7 %). Dieser Rückgang wurde jedoch schon 2021 mit einem Wachstum von 3,2 % überkompensiert. Im Jahr 2022 zeigte sich die Berliner Wirtschaft besonders krisenresilient. Sie wuchs um 4,9 % und damit deutlich stärker als der Bund (+1,8 %). Konjunkturelle Treiber waren die Dienstleistungsbranchen und dabei insbesondere Information und Kommunikation sowie die Unternehmensdienstleistungen. Das Bruttoinlandsprodukt ist ein Indikator für die gesamtwirtschliche Leistung, allerdings nur ein unzureichendes Maß für die Wohlfahrt eines Staates oder das Glück und die Zufriedenheit ihrer Bürgerinnen und Bürger. Neben diesen Effekten werden auch Fragen
der Begrenztheit natürlicher Ressourcen nur unzureichend adressiert. Deshalb bedarf es neben dem BIP weiterer Indikatoren aus dem ökonomischen, sozialen und ökologischen Bereich, um den gesellschaftlichen Fortschritt in Richtung einer sozial-ökologisch nachhaltigen Wirtschaft adäquat abbilden zu können.
Mit dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf wird der durchschnittliche wirtschaftliche Wohlstand des Einzelnen und dessen Veränderung gemessen. Da die Entwicklung des Produktionsniveaus von der Bevölkerungsentwicklung und damit vom Arbeitskräftepotenzial abhängt, ist es beim Vergleich des Lebensstandards der einzelnen Bundesländer deshalb sinnvoll, einen Indikator zu nutzen, der auf die absolute Einwohnerzahl der Staaten normiert ist. Auch bei dieser Kennziffer zeigt sich die positive Entwicklung und der Aufholprozess Berlins. Seit 2018 übertrifft das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Berlin, erstmals seit dem Jahr 2000, wieder den Bundesdurchschnitt. Während der Corona-Pandemie 2020 sank die Wirtschaftsleistung pro Kopf um 0,5 % gegenüber dem Vorjahr, bevor sie dann 2021 und 2022 um 5,4 % bzw. 6,8 % auf schließlich 48.147 € zunahm.
Vor dem Hintergrund der digitalen und ökologischen Transformation sind erhebliche Investitionen zu tätigen. Die Bruttoanlageinvestitionen geben hierbei Aufschluss über die Erweiterung und den Ersatz von Produktionskapazitäten der betrieblichen und der öffentlichen Infrastruktur. Die Bruttoanlageinvestitionen stellen dabei den Wert der Anlagen dar, die von inländischen Wirtschaftseinheiten erworben werden, um sie länger als ein Jahr im Produktionsprozess einzusetzen. Aufgrund des langfristigen Charakters von Investitionen spielt bei Investitionsentscheidungen das Vertrauen der Wirtschaftsakteure in die künftige Entwicklung des Wirtschaftsstandortes eine wichtige Rolle. Investitionen in neue Anlagen bestehen aus den drei Teilbestandsgrößen Ausrüstungen (z. B. Maschinen und Geräte), Bauten (z. B. Bauleistungen an Wohn- und Nichtwohngebäuden) und sonstige Anlagen (z. B. Investitionen für Software und Datenbanken).
Die Bruttoanlageinvestitionen betrugen 2020 in Berlin insgesamt 30,0 Mrd. € (aktueller Datenstand gemäß Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen der Länder). Damit lag die Investitionsquote 2020 in Berlin ebenso wie im Vorjahr bei 19,1 %. Anschaffungen von neuen Anlagen wurden in Berlin mit anteilig 87,3 % hauptsächlich vom Dienstleistungssektor getätigt. Auf das Produzierende Gewerbe (Industrie, Energie, Bau) entfielen 12,7 % der neuen Anlagen. Grundlegend bleibt die Investitionsneigung in Berlin positiv ausgerichtet, d. h. der Saldo aus zunehmenden und abnehmenden Investitionsabsichten in den Konjunkturumfragen der Industrie- und Handelskammer bleibt positiv. Nach einer COVID-bedingten Phase schwächerer Investitionsneigungen haben sich die Investitionsabsichten Berliner Unternehmen bis zum Herbst 2021 wieder erholt. Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hat der konjunkturelle Gegenwind in Form von hoher Inflation, hohen Energiepreisen, weiterhin gestörten
Lieferketten und unsicheren Zukunftsaussichten, die Investitionsneigung der Unternehmen wieder zurückgehen lassen. Auch im Frühjahr 2023 bewegten sich die Investitionsabsichten der Berliner Unternehmen auf einem noch verhaltenen Niveau.
Ein zentraler Zukunftsfaktor sind außerdem die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE). Diese sind laut OECD Ausgaben für schöpferische und systematische Arbeit zur Erweiterung des Wissensstands und zur Entwicklung neuer Anwendungen auf Basis des vorhandenen Wissens.
Dadurch wird die technologische Grundlage für neue oder signifikant verbesserte Produkte und Prozesse in einem nationalen und internationalen Wettbewerbsumfeld gelegt. Je höher die FuE-Ausgaben sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für eine dynamische Entwicklung der Produktivität, ein stärkeres Wirtschaftswachstum und eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit.
Die FuE-Ausgaben haben in Berlin, nach einem kurzen Rücksetzer 2020, im Jahr 2021 wieder an ihren kontinuierlichen Wachstumstrend angeknüpft. Beim Anteil der Ausgaben für öffentliche FuE am Bruttoinlandsprodukt bildete Berlin mit 1,31 % im Jahr 2021 neben Bremen die Spitzengruppe unter den Bundesländern. Für Hochschulen wird in Berlin der länderweit höchste Anteil am BIP mit 0,88 % ausgewiesen. Die Ausgaben der Berliner Wirtschaft in FuE sind hingegen unterdurchschnittlich. Hier weisen industriestarke südliche Bundesländer hohe Werte auf.
Der Anteil aller Ausgaben für FuE am Bruttoinlandsprodukt inkl. der Wirtschaft und Hochschulen lag in Berlin 2021 bei 3,35 %. In Deutschland betrug dieser Wert 3,14 %. Die europäischen Länder haben sich bereits im Jahr 2000 das Ziel gesetzt, 3 % ihres Bruttoinlandsprodukts für FuE auszugeben. Für das Jahr 2025 hat sich die Bundesregierung zum 3,5 %-Ziel bekannt.
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: Soziale Gerechtigkeit
Maßzahlen für die ökonomische Leistungsfähigkeit und Produktion einer Volkswirtschaft sind wichtige Indikatoren für den materiellen Wohlstand einer Gesellschaft. Sie bilden aber darüberhinausgehende Konzepte wie die Wohlfahrt einer Gesellschaft oder die Zufriedenheit ihrer Bürgerinnen und Bürger nur unzureichend ab. Deshalb werden zusätzlich auch soziale Indikatoren ausgewertet, wenn die Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung charakterisiert werden soll.
Die soziale Dimension ist neben der ökonomischen und ökologischen eine gleichrangige und gleichgewichtige Säule des Nachhaltigkeitsbegriffs. Alle Menschen sollen die Möglichkeit haben, ihre Existenz nachhaltig zu sichern. Die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse wie Nahrung, Wohnung und Gesundheitsversorgung wird in Deutschland durch ein System der sozialen Sicherung garantiert. Nichtsdestotrotz kann nur bei einer hohen Erwerbsbeteiligung von einer breiten gesellschaftlichen Teilhabe an der wirtschaftlichen Entwicklung ausgegangen werden. Inklusion, Selbstbestimmung und Chancengleichheit von Minderheiten und benachteiligten Gruppen und somit eine breite Partizipation am gesellschaftlichen Leben wird also mittels einer hohen Erwerbsbeteiligung angestrebt. Dies dient dazu, den sozialen Zusammenhalt langfristig zu sichern.
Die Erwerbstätigenquote zeigt ergänzend zur Arbeitslosenquote den Anteil der Erwerbstätigen an der gesamten Wohnbevölkerung im beschäftigungsfähigen Alter. Erwerbstätige sind grundsätzlich alle Personen im Alter von mindestens 15 Jahren, die gegen Entgelt oder zur Gewinnerzielung im Bezugszeitraum mindestens eine Stunde gearbeitet haben sowie alle Personen, die nur vorübergehend von ihrer Arbeit abwesend sind (zum Beispiel aufgrund von Krankheit, Urlaub, Streik, Aus- oder Weiterbildungsmaßnahmen).
In Berlin nimmt die Erwerbstätigenquote, bezogen auf die Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren, im Trend zu und lag im Jahr 2019 bei 78,5 %, bevor sie bis 2021 auf 76,3 % sank. Im Jahr 2022 stieg sie wieder leicht auf 79,0 %. Damit befand sie sich nur noch um 1,7 Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt von 80,7 %, gegenüber 5,2 Punkten zehn Jahre zuvor. Ausdruck der starken Dynamik am Berliner Arbeitsmarkt ist auch, dass sich die Erwerbstätigenquote in den letzten zehn Jahren um 7,3 Prozentpunkte erhöht hat.
Eine volle Chancengleichheit von Frauen (z. B. auf eine Führungsposition) auf dem Arbeitsmarkt ist leider noch immer nicht gegeben. Frauen verdienen für gleiche Arbeit oft weniger als Männer. Die Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben hat in den letzten Jahren jedoch deutlich zugenommen. Dies leistet einen wichtigen Beitrag zur Geschlechtergleichstellung und sichert die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen. Allerdings verhindert eine mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch zu oft eine Vollzeitbeschäftigung.
Eine Dokumentation zu den Anstrengungen des Landes Berlin zum bedarfsgerechten Ausbau des Kitaangebots findet sich im Berliner Familienbericht (2020). Die Frauenerwerbstätigenquote lag im Jahr 2022 in Berlin bei 75,6 % (Bund: 76,8 %). Damit gehen immer mehr Frauen im Alter zwischen 20 und 64 Jahren mittlerweile einer Erwerbstätigkeit nach. In den letzten zehn Jahren ist die Quote um 7,0 Prozentpunkte gestiegen, während im Bundesdurchschnitt ein Plus von 5,2 Prozentpunkten verzeichnet wurde. Die Erwerbstätigenquote der Männer lag 2022 in Berlin bei 82,4 % (Bund: 84,6 %).
Wird bspw. entsprechend der amtlichen Erwerbsstatistik die Altersgruppe der 55- bis 64-jährigen Frauen und Männer betrachtet, hat sich die Erwerbstätigenquote älterer Menschen in den letzten zehn Jahren kontinuierlich verbessert, bevor es 2020 zu einem Rückgang kam. Sie betrug 2019 in der gesamten Gruppe 71,7 % und sank 2020 und 2021 auf 68,2 % bzw. 67,9 %. Im Jahr 2022 stieg sie wieder auf 70,1 %. Im Vergleich zum Jahr 2012 erhöhte sie sich aber um 12,7 Prozentpunkte. Die Quote der Männer bewegte sich 2022 in dieser Altersgruppe bei 71,8 %; bei den Frauen lag sie bei 68,4 %.
Sowohl für die Chancen und Teilhabe jedes Einzelnen als auch als Basis für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft ist gute, inklusive und gleichberechtigte Bildung maßgeblich. Eine abgeschlossene Schulbildung oder eine Ausbildung sind dabei oft entscheidend für eine aktive Teilnahme am Arbeitsmarkt. So nehmen die Jobchancen mit einem mittleren Bildungsabschluss der Sekundarstufe II im Vergleich zur Sekundarstufe I deutlich zu.
Dies unterstreicht, dass ein Bildungs- bzw. Berufsabschluss die beste Investition in die individuelle Zukunft und oft die Voraussetzung für die Erzielung eines auskömmlichen Erwerbseinkommens ist. Die Länder der Europäischen Union haben es sich daher zum Ziel gesetzt, den Anteil der frühen Schulabgängerinnen und Schulabgänger1 unter den Wert von 10 % zu senken.
In Berlin lag der Anteil der frühen Schulabgängerinnen und Schulabgänger im Jahr 2022 bei 12,6 %. Bei einem niedrigen Bildungsgrad oder einer geringeren Qualifizierung sind Menschen überdurchschnittlich oft arbeitslos. So betrug die Differenz der Beschäftigungsquoten der 20- bis 64-Jährigen nach ihrem Bildungsstand zwischen maximal der Sekundarstufe I und dem Tertiären Bereich, der auf höhere berufliche Positionen vorbereitet, im Jahr 2022 in Berlin 33,5 Prozentpunkte. Berlin setzt im Rahmen des Europäischen Sozialfonds Plus einen Schwerpunkt auf Bildung. Bildungsungleichheiten sollen insbesondere beim Übergang von der Schule auf den Ausbildungsmarkt abgebaut werden (siehe dazu auch Kapitel III.7.5).
Ziel einer nachhaltigen Gesellschaft ist die gleichberechtigte Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen. Auch Menschen mit Behinderung sollen am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben in weitgehend selbstbestimmter Art und Weise teilhaben. Staatlich gesetzte Rahmenbedingungen2 sollen dabei den Übergang in den ersten Arbeitsmarkt erleichtern. Die Ist-Quote für die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen lag im Jahr 2021 in Berlin bei 5,2 % und damit in der Spitzengruppe der Bundesländer. Dazu hat vor allem der öffentliche Sektor mit einer Quote von 7,5 % beigetragen. Die Beschäftigtenzahl bei den schwerbehinderten Menschen ist zudem gestiegen und hat sich im Fünf-Jahres-Zeitraum zwischen 2016 und 2021 um 2,4 % erhöht.
Die gute konjunkturelle Lage sowie die arbeitsunterstützenden Maßnahmen hatten die Langzeitarbeitslosigkeit vor Beginn der Corona-Pandemie in Berlin deutlich sinken lassen. Infolge der Corona-Pandemie kam es allerdings wieder zu einem spürbaren Anstieg der Langzeitarbeitslosen. Waren 2010 noch 83.500 Menschen langzeitarbeitslos, war diese Zahl bis 2019 auf 38.200 gesunken und hatte sich damit mehr als halbiert. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen nahm daraufhin wieder zu und erreichte 2021 ihren zwischenzeitlichen Höhepunkt mit 74.200 Langzeitarbeitslosen. Mit dem Abklingen der Corona-Pandemie ist 2022 auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen auf 65.500 zurückgegangen.
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: ökologische Wirtschaftsentwicklung
In den Blick einer nachhaltigen Entwicklung muss neben einer gerechten intragenerationellen Ressourcenverteilung auch die intergenerationelle Verteilung genommen werden. Eine Generation soll dabei nicht auf Kosten der nachkommenden Generationen leben. Nachhaltig ist eine Entwicklung also dann, „wenn sie den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen“ (Brundtland-Report der Vereinten Nationen 1987). Dies schließt auch den Erhalt natürlicher Ressourcen mit ein, da diese die materielle, energetische und räumliche Grundlage des heutigen und zukünftigen Lebensstandards bilden. Da die Inanspruchnahme von Ressourcen über die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet immer mit Belastungen der Umwelt verbunden ist, ist es das Ziel einer nachhaltigen Wirtschaftsweise, das Wirtschaftswachstum möglichst weitgehend vom Ressourceneinsatz zu entkoppeln und somit die Zukunfts-
und Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Wirtschaft zu stärken.
Aus den aktuell vorliegenden Daten wird ersichtlich: Trotz starken Wachstums ist Berlin mit einem langfristig positiven Trend zur ökologischen Nachhaltigkeit auf dem richtigen Weg. Die konsequente Ausrichtung auf Klimaschutz zahlt sich aus.
Die Rohstoffproduktivität ist ein Indikator, wie effizient die Rohstoffe in einer Volkswirtschaft eingesetzt werden. Sie gibt an, welche volkswirtschaftliche Gesamtleistung durch den Einsatz einer Einheit nicht erneuerbarer Rohstoffe erzeugt wird. Dazu wird das reale Bruttoinlandsprodukt ins Verhältnis zur Inanspruchnahme abiotischer (nicht-erneuerbarer) Rohstoffe gesetzt. Die abiotischen Materialien umfassen inländische Rohstoffentnahmen und importierte Materialien (abiotischer direkter Materialeinsatz). Die Rohstoffproduktivität gilt deshalb als Indikator, inwieweit sich das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppelt hat. Zwischen 2000 und 2020 hat sich die Rohstoffproduktivität in Berlin um 85 Prozentpunkte erhöht. Dazu haben ein sinkender Rohstoffverbrauch und ein steigendes Bruttoinlandsprodukt beigetragen.
Der Primärenergieverbrauch (PEV), der die Energie angibt, die mit den ursprünglich vorkommenden Energieformen oder Energiequellen zur Verfügung steht, ist 2021 nach vorläufigen Ergebnissen im Vergleich zum Basisjahr 1990 um 33,4 % gesunken. Der Steinkohleverbrauch verringerte sich in diesem Zeitraum um 74,3 %; der Braunkohleverbrauch ging fast vollständig um 98,8 % zurück. In der aktuellen Bilanz decken diese beiden Energieträger nur noch 9,2 % des Gesamtprimärenergieverbrauchs ab (1990: 36,7 %). Erneuerbare Energien gewinnen daneben in Berlin stetig an Bedeutung. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch stieg von 0,7 % im Jahr 2000 auf 5,9 % in 2021.
Der Endenergieverbrauch gibt Auskunft über die Verwendung der Energieträger in bestimmten Verbrauchergruppen, soweit sie unmittelbar der Erzeugung von Nutzenergie dienen. Der Endenergieverbrauch im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt wiederum zeigt die tatsächlich verwendete Energie zur Erzeugung der Wirtschaftsleistung an. Der Endenergieverbrauch ist dabei geringer als der Primärenergieverbrauch, da es durch die Umwandlung und den Transport von Energie zu Verlusten kommt. Auch der Endenergieverbrauch geht im Trend zurück. Seit 1990 ist der Endenergieverbrauch von 261 Petajoule (PJ) auf 207 PJ in 2021 gesunken, worin sich v. a. der gesunkene Verbrauch an Kohle und Mineralöl widerspiegelt.
Der Bruttostromverbrauch ist ein wichtiger Bestandteil des Verbrauches von Endenergie. Erhöht sich der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch, werden fossile Brennstoffe eingespart und weniger Treibhausgase ausgestoßen. Den Anteil erneuerbarer Energien zu erhöhen, ist daher ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und hilft zudem, fossile Ressourcen zu schonen. Der Ausbau erneuerbarer Energien senkt auch die Abhängigkeit von Rohstoffimporten. Der Anteil des in Berlin erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energieträgern hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht. Im Jahr 2019 erreichte der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Berlin den bisherigen Höchstwert von 6,0 %. Der Schwerpunkt beim Ausbau erneuerbarer Energien liegt auf der Solarenergie. Durch die Umsetzung des 2020 vom Senat beschlossenen Maßnahmenkatalogs des Masterplans Solarcity konnte der Ausbau der Solarenergie deutlich beschleunigt werden
und befindet sich mit neu-installierter Photovoltaik-Leistung in Höhe von fast 18,5 Megawatt in 2020 und über 24 Megawatt im Jahr 2021 auf einem Rekordhoch.
Infolge steigender Energieeffizienz und -produktivität der Wirtschaft ist Berlin trotz starken wirtschaftlichen Wachstums auch bei den Treibhausgasemissionen auf einem guten Weg. Dabei verfolgt Berlin das Ziel, die Treibhausgasemissionen von 1990 bis 2020 um 40 % und bis 2030 um 70 % zu senken. Gegenüber dem Basisjahr 1990 sind die CO2-Emissionen (Verursacherbilanz) 2021 um 48,4 % zurückgegangen. Bereits 2019 – also noch vor der Corona-Pandemie – wurde das 40 %-Klimaziel erreicht. Dass es gelungen ist, die CO2-Emissionen weiter zu senken, ist insbesondere dem vom Senat eingeleiteten Kohleausstieg und dem im Jahr 2018 beschlossenen Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) geschuldet. Im Jahr 2021 gab es gegenüber 2017 einen Rückgang um 20,0 %; verglichen mit 2019 gab es um 12,4 % verringerte CO2-Emissionen. Auch an den CO2-Emissionen je Einwohnerin und Einwohner, die stark zurückgegangen sind, zeigt sich die konsequente Ausrichtung auf den Klimaschutz.
Während pro Kopf im Jahr 1990 noch durchschnittlich 8,5 t CO2-Emissionen verursacht wurden, waren es gemäß Verursacherbilanz im Jahr 2020 noch 4,0 t und damit 53,1 % weniger.
Bei der Energieintensität als Maßzahl für die Energieeffizienz, also dem Primärenergieverbrauch (233 Petajoule in 2020) im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, wird die für eine bestimmte Einheit an Wirtschaftsleistung benötigte Energie angezeigt. Im Jahr 2000 waren in Berlin noch 3,9 Gigajoule zur Erzeugung von 1.000 € des Bruttoinlandsprodukts notwendig. Dieser Wert ging bis 2020 auf nur noch 1,5 Gigajoule zurück. Die Energieintensität ist also im Zeitverlauf deutlich gesunken. Auch für Deutschland ging die Energieintensität in den letzten Jahren zurück, obwohl sie 2020 noch bei 3,5 Gigajoule je 1.000 € lag.
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