570 Arten an einem heimischen Baum - der Fritz-Schloß-Park in Moabit als Hort der Artenvielfalt

Rundgang zur Biodiversitaet im Fritz-Schloss-Park und Umgebung

Uli Christmann vom Büro Landschaft planen + bauen führt die Gäste durch den Park

Das Bezirksamt Mitte lässt aktuell mit Mitteln aus dem Programm Nachhaltige Erneuerung die Artenvielfalt im Fritz-Schloß-Park und umliegenden Flächen untersuchen und verbessern. Welche gezielten, kostengünstigen Maßnahmen am besten dazu beitragen, wird zurzeit ermittelt und zwar gemeinsam mit Menschen aus dem Quartier. Das große Interesse am Thema bewies der Rundgang zum Thema Biodiversität am 11. Oktober. Rund 20 Anwohnerinnen und Anwohner trafen sich am Eingang Turmstraße mit Uli Christmann vom beauftragten Büro Landschaft planen + bauen Berlin, Margaretha Seels vom Fachbereich Stadtplanung im Stadtentwicklungsamt Mitte sowie Phil von Lueder von der Gebietsbeauftragten für die Nachhaltige Erneuerung, S.T.E.R.N. GmbH.

Nach der Begrüßung schritt man gleich zur Tat: Die Verantwortlichen hatten jede Menge Zwiebeln von Schneeglöckchen, Krokussen und Winterlingen mitgebracht, die gleich hier auf einer kleinen Bauminsel und in der Umgebung gesteckt wurden. Damit verband sich die Frage, welche Pflanzen aus dem Angebot der Berliner Gartenmärkte sich denn zur Förderung der Artenvielfalt eignen? Antwort: vor alle solche mit einfachen Blüten, denn gefüllte Blüten haben keine Staubblätter und Stempel und bieten Insekten keine Nahrung.

Rundgang zur Biodiversitaet im Fritz-Schloss-Park und Umgebung

Ein abgestorbener Baum bietet Wohnung und Nahrung für Insekten und sollte, wenn möglich, stehenbleiben

So konkret ging der Rundgang weiter: Uli Christmann gab sein großes Wissen und seine Erfahrungen aus zahlreichen Projekten sehr anschaulich an die Gäste weiter, die viele Fragen hatten. Nicht nur bei Menschen gebe es Wohnungsmangel in Berlin, auch Baumbrüter müssten schauen, wo sie bleiben. Deshalb empfiehlt der Ökologe, die Stämme abgestorbener Bäume in vier Meter Höhe zu kappen und zum Beispiel Spechten und nach einem Jahr deren Nachmietern sowie vielen verschiedenen Insekten Platz zu bieten.

Insekten sind ein großes Thema. An einem exotischen, in schönstem Gelb leuchtenden Gingkobaum hat man acht verschiedenen Arten gefunden. Preisfrage: Wie viele Arten zählt man durchschnittlich an einer heimischen Stieleiche? Die Schätzungen gingen weit daneben, denn es sind rund 570 Arten. Mit der Auswahl heimischer Arten für Neupflanzungen kann der Bezirk also schon jetzt etwas Gutes für unsere Enkel und Urenkel tun, so Uli Christmann.

Gutachten zur Biodiversitaet im Fritz-Schloss-Park und Umgebung

Staudenpflanzungen am Wegesrand sind attraktiv und nützlich

Etwas reduzieren möchte der Ökologe auch eine allen schon aus der Kindheit bekannte Art – die Schneebeere, besser bekannt als Knallerbse. Auch sie war hier ursprünglich nicht zu Hause, die Insekten können mit ihr wenig anfangen, im Gegensatz zu heimischen Sträuchern wie Schlehen oder Liguster. Statt der wuchernden Schneebeeren könnten nach den ersten Ideen des Büros und des Straßen- und Grünflächenamtes am Saum einiger Wegen und am Rand des Rodelhügels robuste Staudenpflanzungen angelegt werden, gut gepflegt, sind sie ein Element, das den Park noch attraktiver macht.

Gehölzsäume aus Dornensträuchern und Schichtholzhecken sollen dagegen an einigen Stellen den allzu leichten Zugang zu den Waldflächen versperren, denn Abkürzungen oder Spiele im Unterholz stören Vögel und Kleintiere und mindern den tierischen Nachwuchs. Wie viele Brutvogelarten es im Park gibt, wird im nächsten Frühjahr im Rahmen des Projekts ermittelt. Auch der Horst des Greifvogelpaars soll dabei geortet werden.

Rundgang zur Biodiversitaet im Fritz-Schloss-Park und Umgebung

Im nächsten Frühjahr sprießen am Poststadion Schneeglöckchen und Winterlinge

Auf dem vor zehn Jahren neu gestalteten Südplateau sieht man weniger attraktive ungemähte Bereiche, sogenannte Überwinterungsstreifen. Was unordentlich aussieht, ist wichtig für die Natur als Winterversteck für Insekten und Nahrungsquelle für Vögel. Schön wäre an den Ballfangzäunen der vielen Sportplätze wilder Wein, auch das ist eine der Ideen für mehr Artenvielfalt.
Die Studie wird die Grundlage für die Auswahl der kleinteiligen Maßnahmen bilden, die das Grünflächenamt in den kommenden fünf Jahren schrittweise umsetzen möchte, um die Biodiversität im Park zu erhöhen. Entsprechende Mittel sollen ab 2025 ebenfalls im Programm Nachhaltige Erneuerung bereit gestellt werden.

Die Sofortmaßnahme des Pflanzens von Frühblühern wird am Ende des Rundgangs fortgesetzt: Auf der 2022 aus Mitteln des Investitionspakts zur Förderung von Sportstätten angelegten Wildwiese mit Apfelbäumen stecken die Gäste des Rundgangs weitere Zwiebeln für weiße, gelbe und blaue Blütenteppiche in den Boden. Schon im nächsten Frühjahr, noch bevor die Vögel anfangen zu brüten, können wir uns vom Erfolg überzeugen.

Dann soll auch ein interaktiver Rundgang mit der App Actionbound mit Quizfragen, Infotexten und weiteren Elementen fertig sein. Schon jetzt kann man auf mein.berlin.de eigene Beobachtungen und Ideen zum Projekt beitragen.