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ARCHIV: Rundschreiben I Nr. 20/2005 über Tagespauschalen für Wohngemeinschaften mit an Demenz erkrankten Menschen

p(. vom 8. September 2005
Aufgehoben durch Rundschreiben Pflege Nr. 01/2019

1. Vorbemerkung

1.1 Entwicklung der Tagespauschalen

In Berlin entwickelte sich seit 1996 das Konzept der ambulant betreuten Wohngemeinschaften mit an Demenz erkrankten Menschen. Das zahlenmäßige Angebot dieser speziellen Betreuungs- und Versorgungsform wuchs seitdem mit z.T. erheblichen regionalen Unterschieden kontinuierlich an. Aufgrund der demografischen Veränderungen wird die Zahl Demenzkranker voraussichtlich deutlich ansteigen. Damit wird die Bedeutung der Wohngemeinschaften für die Versorgung von Menschen mit Demenz im ambulanten Bereich weiter zunehmen.

Vor diesem Hintergrund vereinbarten die Pflegekassen und Pflegekassenverbände in Berlin, der Träger der Sozialhilfe und die Vereinigungen der Träger der ambulanten Pflegeeinrichtungen, die Umstellung der Versorgung und Betreuung von an Demenz erkrankten Menschen in Wohngemeinschaften von einer Finanzierung über Einzelleistungskomplexe auf Tagespauschalen vorzunehmen.

Die Umstellung auf Tagespauschalen vereinfacht sowohl für die Kostenträger als auch für die ambulanten Pflegedienste das Verfahren, erzielt eine bessere Handhabbarkeit und Kalkulierbarkeit der finanziellen Aufwendungen und verbessert durch die Anzeigepflicht der Leistungsanbieter den Kenntnisstand zu Umfang und regionaler Verteilung des Leistungsangebots. Die Vereinbarung setzt den sozialrechtlich geforderten Grundsatz „ambulant vor stationär“ um, trägt dem Wunsch- und Wahlrecht der Betroffenen Rechnung und unterstützt die Konsolidierung der Wohngemeinschaften als eine bedürfnisgerechte ambulante Wohn- und Betreuungsform.

1.2 Betreuung in Wohngemeischaften für Menschen mit Demenz

Das Konzept der ambulant betreuten Wohngemeinschaften mit an Demenz erkrankten Menschen wurde entwickelt, um durch die koordinierte Inanspruchnahme von Diensten die ambulante Versorgung für diejenigen älteren Menschen mit Demenz zu ermöglichen, die nach längerer Betreuung zu Hause in einen Hilfebedarf hineingewachsen sind, der sich in der angestammten Häuslichkeit nicht mehr angemessen befriedigen lässt und der die ständige Präsenz von Betreuungspersonal erforderlich macht. Bei den einziehenden Personen handelt es sich in der Regel um Pflegebedürftige der Stufen II und höher gemäß § 15 Abs. 1 SGB XI. In begründeten Einzelfällen kann auch ein geringerer Pflegebedarf diese Betreuungsform erfordern.

Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz sind ein Ort der Gemeinschaft, in dem nicht die pflegerische Versorgung, sondern die Gestaltung des Alltags im Vordergrund steht. Ziel ist es, im partnerschaftlichen Zusammenwirken aller Beteiligten eine umfassende Versorgung zu sichern, die den individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten der betreuten Personen entspricht. Pflege und Versorgung werden hierfür auf der Basis biografieorientierter Konzepte organisiert.

Das Zusammenleben von an Demenz Erkrankten in einer Wohngemeinschaft dient der Schaffung einer sinnvollen Tagesstrukturierung und damit der Normalisierung des Tag-Nacht-Rhythmuses. Das Konzept der Tagesstrukturierung gibt einen Rahmen vor, mit dem individuell die erforderliche Anleitung, Begleitung und Beaufsichtigung bei den Verrichtungen des täglichen Lebens sowie Hilfestellung bei der Bewältigung des Alltags und die Anleitung zur sinnvollen Tagesgestaltung sichergestellt und die Selbstständigkeit erhalten und gestärkt sowie Eigen- und Fremdgefährdung ausgeschlossen werden können. Anleitung und Begleitung kommen hierbei erheblich größere Bedeutung zu als die Unterstützung bei der Durchführung oder die Übernahme von bestimmten pflegerischen Verrichtungen. In der Praxis wird der Tagesablauf nicht durch die Organisation der Pflege dominiert, sondern durch das Alltagsgeschehen, das dem Leben in einem Privathaushalt entspricht.

Durch die gezielte Einbindung in die alltäglichen Abläufe – wie Mitarbeit bei anfallenden Arbeiten wie Einkaufen, Essen zubereiten, Reinigung, Wäscheversorgung, Blumenpflege, Bügeln, Haustiere versorgen, Feiern von Geburtstagen und anderen Festen – sollen motorische, soziale und kognitive Fähigkeiten gefördert und erhalten und, soweit dies möglich ist, verlorene Fähigkeiten zurück gewonnen sowie Tendenzen zu Rückzug, Apathie und Depression entgegengewirkt werden.

Die Vertragspartner haben sich verpflichtet, die ständige Präsenz von Betreuungspersonal zu gewährleisten. Jeder Bewohner verfügt über ein eigenes Zimmer. Die Wohnungen liegen üblicherweise im regulären Wohnbestand.

Der Einzug erfolgt in der Regel, weil die Versorgung in den “Einzelhaushalten” ohne den Umzug nicht mehr aufrecht zu erhalten ist und / oder weil man die Synergieeffekte, die die Versorgung in der Wohngemeinschaft ermöglicht, bewusst nutzen will. Überforderung der bisher pflegenden Angehörigen die ausschlaggebende Rolle. Die Betreuung und Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner erfolgt – gegebenenfalls unterstützt von Angehörigen / Vertretungsberechtigten – durch einen oder mehrere ambulante(n) Pflegedienst(e), die Vertragspartner der Kostenträger im Rahmen SGB XI, ggf. auch SGB V sind und den für sie verbindlichen gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen in der jeweils geltenden Fassung unterliegen (insbesondere §§ 72, 75, 80, 112ff. SGB XI). Jede ambulante Pflegeeinrichtung, die über einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI verfügt, kann die beiden neuen Leistungskomplexe erbringen und gegenüber den Kostenträgern abrechnen, sofern sie die Annahme der beiden neuen Leistungskomplexe erklärt hat und von den Bewohnerinnen und Bewohnern einer Wohngemeinschaft bzw. ihren Vertretungsberechtigten mit der Übernahme der Pflege in einer Wohngemeinschaft beauftragt wurde (siehe auch 7. – Abgrenzung zum Heimrecht).

Die Bewohnerinnen und Bewohner bzw. deren Vertretungsberechtigte planen mit dem / den Pflegedienst/en die individuelle Pflege und Betreuung und schließen einen Pflegevertrag gemäß § 120 SGB XI für jede einzelne Person ab. Der Pflegedienst arbeitet „Hand in Hand“ mit den Bewohnerinnen und Bewohnern bzw. den Vertretungsberechtigten und mit dem / den anderen Pflegediensten / sonstigen Dienstleistern, die in der Wohngemeinschaft aktiv sind. Das konkrete Miteinander muss im Einzelfall zwischen allen Beteiligten ausgehandelt und entschieden werden.

Die Träger der Pflegedienste sind gemäß § 112 Abs. 1 SGB XI für die Qualität der Leistungen ihrer Einrichtungen einschließlich der Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität verantwortlich. Sie sind verpflichtet, sich an Maßnahmen zur Qualitätssicherung (wie Fortbildung) zu beteiligen und haben dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder einem sonstigen von den Pflegekassen und Pflegekassenverbänden in Berlin bestellten Sachverständigen gemäß § 112 Abs. 3 SGB XI die Überprüfung der Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen zu ermöglichen.

Sofern sich Hinweise auf Qualitätsmängel oder vertragsrechtlich relevante Pflichtverletzungen des Pflegedienstes ergeben, sind diese zu dokumentieren und der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales mitzuteilen.

1.3 Informationen über Wohngemeiscnaften für Menschen mit Demenz

Umfangreiche Informationen zum Angebot an Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz bietet der 1991 gegründete Verein „ Selbstbestimmtes Wohnen im Alter e.V.“ (SWA). Die Zimmerbörse , die der Verein in Kooperation mit der Koordinierungsstelle Rund-ums-Alter Neukölln unterhält,
  • berät Interessenten (Angehörige, Betreuer) über diese Wohnform und hilft bei der Suche nach einem freien Zimmer,
  • vermittelt an die Wohngemeinschaften, die neue Mitbewohner suchen,
  • unterstützt Angehörige und Betreuer von demenzkranken alten Menschen, die eine neue Wohngruppe gründen wollen und
  • informiert professionelle Helfer und Institutionen über diese Wohnform.
    Der SWA hat Qualitätskriterien zur Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz in Wohngemeinschaften entwickelt („Qualitätskriterien für ambulant betreute Wohngemeinschaften “ und „22 Punkte, auf die man vor Einzug in eine WG für Demenzkranke achten sollte “ erarbeitet. Die in den Qualitätskriterien erfolgten Empfehlungen bedürfen aus hiesiger Sicht noch der weiteren Diskussion, z.B. über die starke Betonung des pflegerischen Aspekts bei der Personalausstattung. Die „22 Punkte“ geben in knapper Form strukturierte Hilfestellungen zur Beurteilung des Leistungsangebots der Wohngemeinschaft. Die Broschüre „Qualitätskriterien“ bietet Angehörigen von Menschen mit Demenz bzw. ihren Vertretungsberechtigten Informationen und Orientierung, ist für Pflegeanbieter eine praxisorientierte Orientierungshilfe für Pflegeplanung und Organisation des Wohngemeinschaftsalltags und dient als Grundlage für die Selbstverpflichtung, die der SWA Pflegediensten abverlangt, die von der Zimmerbörse vermittelt werden wollen. Nach Angaben des SWA haben sich bislang ca. 30 Pflegedienste, die in ca. 50 Wohngemeinschaften pflegen, bereit erklärt, die Selbstverpflichtung umzusetzen. Die Pflegedienste verpflichten sich unter anderem dazu, die Qualitätskriterien jedem Angehörigen oder gesetzlichen Betreuer eines WG-Bewohners auszuhändigen und darüber zu informieren, dass der SWA mehrmals im Jahr Angehörigentreffen organisiert und eine Beschwerdestelle eingerichtet hat.

Der Verein unterhält gemeinsam mit der Alzheimergesellschaft Berlin und dem Berliner Service und Informationszentrum für Angehörigenarbeit BeSIZ eine Schlichtungsstelle, die bei Konflikten angerufen werden kann.

Neben dem SWA unterstützt der Verein “Freunde alter Menschen’ – les petits frères des Pauvres Weiterentwicklung und Qualitätssicherung der Wohn- und Betreuungsform ambulant betreute Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz, indem er

Die vorstehenden Hinweise sind nicht im Sinne einer abschließenden Darstellung zu verstehen.

2. Vereinbarungsgegenstand

Vereinbarungsgegenstand ist die ambulante Versorgung und Betreuung in Wohngemeinschaften von an Demenz erkrankten Menschen. Die Versorgung des Personenkreises erfolgt mit Wirkung zum 01. September 2005 auf der Basis von zwei neuen Leistungskomplexen – LK 19 und LK 38 -, die gemeinsam eine spezifische Tagespauschale ergeben und aneinander gekoppelt sind. Die im Rahmen der ambulanten Pflege bestehenden

Vereinbarungen gemäß § 89 SGB XI und § 93 Abs. 2 BSHG (neu § 75 Abs. 3 SGB XII) werden hierzu um zwei neue Leistungskomplexe ergänzt.

Dreiseitiger Bereich / Leistungskomplex 19:

Leistungsart Leistungsinhalte Punkte Punktwert
Versorgung und Betreuung in Wohngemeinschaften von an Demenz erkrankten Pflegebedürftigen Einzelfallbezogen alle Leistungen der Leistungskomplexe 1 – 16 für einen dementen Pflegebedürftigen mit anerkanntem Leistungsanspruch nach § 45 a SGB XI (Leistungen für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf) der Pflegestufen II und höher. Bei Pflegestufe I sind die Einzelleistungskomplexe 1-16 anstelle LK 19 wählbar. LK 17 ist für die Pflegestufen I-III nicht abrechenbar. 1.857
Versorgung und Betreuung in Wohngemeinschaften von an Demenz erkrankten Pflegebedürftigen Bei zeitweiser Abwesenheit des dementen Pflegebedürftigen von mehr als 6 Stunden ist der halbe Tagessatz abrechnungsfähig 928

Zweiseitiger Bereich / Leistungskomplex 38:

Leistungsart Leistungsinhalte Punkte Punktwert
Hilfe in Wohngemeinschaften für demente Pflegebedürftige Ergänzende Tagespauschale bei Gewährung des LK 19 durch die Pflegekassen, nur für Pflegebedürftige mit Pflegestufe II und höher. Eine parallele Bewilligung der LK 31-35 und 37 ist ausgeschlossen. 425

Der dreiseitig vereinbarte Leistungskomplex 19 „Versorgung und Betreuung in Wohngemeinschaften von an Demenz erkrankten Pflegebedürftigen“ (siehe Anlage 1a) hat die Versorgung und Betreuung von an Demenz erkrankten Pflegebedürftigen mit Pflegestufe II und höher in Wohngemeinschaften zum Gegenstand. Er deckt den Bedarf an Grundpflege inklusive der Beaufsichtigung und Anleitung sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung, der sich aus den Verrichtungen nach § 14 Abs. 4 SGB XI ergibt, in Gänze ab.

Die bestehende Anlage 1 zur Vereinbarung gemäß § 89 SGB XI über die Vergütung ambulanter Pflegeleistungen wird mit der Anlage 1a , die den neuen Leistungskomplex 19 enthält, ergänzt.

Der zweiseitig vereinbarte Leistungskomplex 38 „Hilfe in Wohngemeinschaften für demente Pflegebedürftige“ (siehe Anlage 1b ) beinhaltet alle Einzelleistungen, die über LK 19 hinaus zur angemessenen Versorgung des Personenkreises im Rahmen der zweiseitigen Vereinbarung erforderlich sind.

Eine parallele Bewilligung der LK 31-35 und 37 ist ausgeschlossen. Der Sozialhilfeträger ist bei Inanspruchnahme des LK 19 gebunden, ergänzend den LK 38 zu gewähren.

Die Leistungen nach § 45b SGB XI werden gem. § 13 Abs. 3a SGB XI bei der Gewährung von Fürsorgeleistungen zur Pflege nach SGB XII nicht berücksichtigt. Bei der Bedarfsfeststellung bleiben daher die Leistungen nach § 45b SGB XI außer Betracht.

Auf die im Rundschreiben I Nr. 4/2005 aufgeführten weiteren Hinweise zur Leistungsgewährung nach Leistungskomplexen wird verwiesen.

3. Abrechenbare Punktzahl

Der Leistungskomplex 19 inklusive Einsatzpauschale ist mit 1.857 Punkten, der Leistungskomplex 38 mit 425 Punkten abrechenbar. Dies entspricht z.B. bei einem Punktwert von 0,0412
  • 76,51 Euro für LK 19 und
  • 17,51 Euro für LK 38,
  • zusammen 94,02 Euro.
    Die Leistungskomplexe 19 und 38 sind täglich an allen Anwesenheitstagen abrechenbar.

Bei zeitweiser Abwesenheit des dementen Pflegebedürftigen von mehr als 6 Stunden ist bei LK 19 nur die halbe Tagespauschale abrechnungsfähig (928 Punkte). LK 38 ist in diesem Fall weiterhin mit 425 Punkten abrechenbar.

An einer Integration der für den jeweiligen Pflegedienst zutreffenden Tagespauschale LK19 LK 38 in die „Heimdatei“ von ProSoz wird gearbeitet.

4. Leistungsberechtigter Personenkreis

Die LK 19 und 38 beziehen sich allein auf die Betreuung und Versorgung von an Demenz erkrankten Personen in Wohngemeinschaften. Pflegebedürftige, die nicht unter den o.g. Personenkreis fallen, z.B. rein somatisch beeinträchtigte Pflegebedürftige, erhalten weiterhin die Bewilligung von einzelnen LK, auch wenn sie in der gleichen Wohngemeinschaft betreut und versorgt werden.

Leistungsberechtigte Personen bei LK 19 sind Demenzkranke, für die die Zuordnung durch den MDK zum Personenkreis nach § 45a SGB XI sowie eine Einstufung mindestens nach Stufe II entsprechend § 15 Abs. 1 SGB XI vorliegt. Alle dementen Bewohner/innen einer WG mit Pflegestufe II und höher sind verpflichtet, die Tagespauschale des Leistungskomplexes 19 in Anspruch zu nehmen. Eine wahlweise Abrechnung nach Leistungskomplexen ist für sie nicht zulässig. Der Sozialhilfeträger ist bei Bewilligung des LK 19 gebunden, ergänzend den LK 38 zu gewähren.

Bei Pflegestufe I hingegen ist anstelle LK 19 vom Pflegebedürftigen / Vertretungsberechtigten die Abrechnung über Einzelleistungskomplexe wählbar. In diesem Fall ist LK 38 nicht zwingend anzuwenden. Bei Abrechnung über Einzelleistungskomplexe sind allerdings die o.g. Punktwertsummen (1.857 Punkte für LK 19 und 425 Punkte für LK 38) als Obergrenzen bei der Bedarfsbemessung heranzuziehen.

Es war den Vertragspartnern bewusst, dass leistungsberechtigte Personen bei LK 19 / 38 in erster Linie Demenzkranke sind, für die eine Einstufung mindestens nach Stufe II entsprechend § 15 Abs. 1 SGB XI sowie die Zuordnung durch den MDK zum Personenkreis nach § 45a SGB XI vorliegt. Gleichzeitig sollte der Angebotstyp Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz nicht grundsätzlich Personen mit Pflegestufe I verschlossen sein. Bei dieser Personengruppe ist im Einzelfall zu entscheiden, ob die Bewilligung einzelner Leistungskomplexe ausreicht oder die Besonderheiten des Einzelfalls die Bewilligung der Leistungskomplexe 19 und 38 geraten erscheinen lassen.

5. Gewährung von Leistungskomplex 17 (Einsatzpauschale) in Wohngemeinschaften mit an Demenz erkrankten Pflegebedürftigen

Der Leistungskomplex 17 wird modifiziert: Die Änderungen sind durch Fettdruck gekennzeichnet.

Leistungsart Leistungsinhalte
Einsatzpauschale a) Montags bis Freitags zwischen 6 und 22 Uhr (nicht in Zeiten von 17b)
Einsatzpauschale b) Montags bis Freitags zwischen 6 und 22 Uhr, an Wochenenden sowie an gesetzlichen Feiertagen (nicht in Zeiten von 17a) Die Einsatzpauschale ist bei jedem Einsatz, mit Ausnahme von LK 18 und LK 19, abrechenbar. Bei zeitgleicher Versorgung von zwei oder mehreren Pflegebedürftigen in einem Haushalt bzw. in einer Wohngemeinschaft ist die Einsatzpauschale (außer in Wohngemeinschaften für Demente) jeweils anteilig, unabhängig vom Kostenträger, nach der Anzahl der zu versorgenden Anspruchsberechtigten zu berechnen. Bei Einsätzen in Wohnhäusern, Wohngemeinschaften sowie in Seniorenresidenzen, Seniorenwohnanlagen oder Ähnlichem ist die Einsatzpauschale nicht abrechnungsfähig, wenn der Pflegedienst am gleichen Standort Räumlichkeiten nutzt. Ein gleicher Standort liegt vor, wenn der Haushalt des Pflegebedürftigen (Leistungsort) dieselbe Postanschrift hat und sich in demselben Gebäude befindet. Bei der Versorgung und Betreuung in Wohngemeinschaften von an Demenz erkrankten Pflegebedürftigen ist die Einsatzpauschale unabhängig davon, ob die Versorgung im Rahmen von Leistungskomplex 19 oder über Einzelleistungskomplexe ( bei Pflegestufe I) erfolgt, nicht abrechnungsfähig.

Der Leistungskomplex 17 ist in Wohngemeinschaften mit an Demenz erkrankten Menschen nicht abrechenbar, unabhängig davon, ob die Versorgung im Rahmen vom Leistungskomplex 19 oder über Einzelleistungskomplexe (bei Pflegestufe I) erfolgt.

Eher selten, z.B. in einer Übergangsphase, wird es in der Praxis zu der Fallkonstellation kommen, dass die Versorgung eines Pflegebedürftigen durch einen anderen Pflegedienst als den die Wohngemeinschaft überwiegend betreuenden Pflegedienst(en) erfolgt, um die Kontinuität der bisher pflegenden Personen zu sichern. In dieser Fallkonstellation lebt der Pflegebedürftige zwar räumlich in der Wohngemeinschaft, nimmt aber an der gemeinschaftlichen Versorgung / Haushaltsführung der die anderen Wohngemeinschaftsbewohner versorgenden Pflegedienste nicht teil. Die Versorgung ist dann im Leistungskomplexsystem 1- 17 möglich. Bei einer solchen isolierten Versorgung eines Wohngemeinschaftsbewohners durch einen Pflegedienst und Anwendung der LK 1-16 ist LK 17 abrechenbar.

6. Zeitliche Befristung der Einführung und Abrechnung der LK 19 und 38

Die Einführung und Abrechnung der LK 19 und 38 erfolgt zum 01. September 2005 und ist bis zum 30. Juni 2006 befristet. Über die Verfahrenspraxis über den 30. Juni 2006 hinaus werden sich die Pflegekassen und Pflegekassenverbände in Berlin, der Träger der Sozialhilfe und die Vereinigungen der Träger der ambulanten Pflegeeinrichtungen erneut verständigen. Ungekündigt läuft die Vereinbarung (LK 1 – 18) gemäß § 89 SGB XI in Verbindung mit § 85 Abs. 6 Satz 3 SGB XI weiter. Dies betrifft ebenfalls die Vereinbarung nach § 75 SGB XII.

7. Abgrenzung zum Heimgesetz

Die Leistungskomplexe 19 und 38 enthalten keine Regelungen, die für sich genommen zu einer Bewertung einer Wohngemeinschaft als Heim führen.

Die Heimaufsicht ist gesetzlich verpflichtet, bei Vorliegen konkreter Hinweise im Einzelfall zu prüfen, ob der Sachverhalt der Umgehung des Heimgesetzes erfüllt ist und die entsprechende Wohngemeinschaft als Heim zu werten ist und damit den Bestimmungen des Heimgesetzes unterliegt. Zur Beurteilung, ob es sich um eine heimmäßige Unterbringung handelt, wird sie die Gesamtheit der vertraglichen und tatsächlichen Verhältnisse in einer Wohngemeinschaft heranziehen.

Das Heimgesetz greift dann, wenn Wahlfreiheit nicht gegeben ist. Dies betrifft insbesondere die eigenverantwortliche Entscheidung über die das Zusammenleben regelnden Fragen, die Wahl der Dienstleister und damit insbesondere des/der Pflegedienste/s, sowie das Vorliegen eines von den anderen Dienstleistungsverträgen (insbesondere des Pflegevertrags) real unabhängigen selbstständig bestehenden Mietvertrags. Dem steht nicht entgegen, dass die Wahlfreiheit des Einzelnen in einer Wohngemeinschaft dadurch eingeschränkt ist, dass er sich für eine gemeinschaftliche Organisation des Zusammenlebens mit den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern der Wohngemeinschaft entschieden hat. Mit dem Einzug in die Wohngemeinschaft ist es unabdingbar, sich über viele Aspekte zu verständigen. Wenn in einer Wohngemeinschaften nur ein oder zwei Pflegedienste tätig sind, so ist dies als Ergebnis der Abstimmung der Bewohnerinnen und Bewohner und ihrer Vertretungsberechtigten zu werten und als gemeinsame Willensäußerung und Ausübung des Wahlrechts zu akzeptieren. Maßgeblich ist hier, dass die Bewohnerinnen und Bewohner einer Wohngemeinschaft bzw. deren Vertretungsberechtigte bei der Wahl des/der Pflegedienste(s) nicht den Entscheidungen Dritter unterworfen sind, wie dies bei Wohnformen, auf die das Heimgesetz anzuwenden ist, der Fall ist.

Anlagen

Anlage 1a
LK 19 :Ambulante Versorgung und Betreuung in Wohngemeinschaften von an Demenz erkrankten Menschen (Ergänzung zur aktuell gültigen Vergütungsvereinbarung gem. § 89 SGB XI)

Anlage 1b
LK 38 : Hilfe in Wohngemeinschaften für demente Pflegebedürftige; (Ergänzende Tagespauschale des Trägers der Sozialhilfe bei Gewährung des LK 19 durch die Pflegekassen)

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