Pflegekinder

Mutter mit kleinen Kindern

Manchmal sind Eltern mit der Verantwortung für ihr Kind überfordert. Die Gründe dafür können etwa psychische Probleme sein oder eine Suchterkrankung. Die Eltern haben dann Anspruch auf Unterstützung durch das Jugendamt (Hilfen zur Erziehung). Ist das Kindeswohl gefährdet, kann das Kind vorübergehend zu Pflegeeltern gegeben werden. Die leiblichen Eltern werden aber soweit wie möglich in alle Entscheidungen eingebunden.

Unter dem Motto “Pflegekinder bringen Lebendigkeit in die Familie” wirbt Berlin für neue Pflegefamilien. Denn jährlich suchen die Jugendämter in Berlin für ca. 700 Kinder befristet oder dauerhaft ein neues Zuhause in einer Pflegefamilie. Als Pflegeeltern kommen viele unterschiedliche Paare und Singles in Frage: verheiratete und unverheiratete Paare mit und ohne eigene Kinder, gleichgeschlechtliche Paare, alleinstehende und alleinerziehende Mütter und Väter, Patchwork-Familien und Familien mit Migrationshintergrund.
Könnten Sie sich vorstellen, ein Pflegekind bei sich aufzunehmen? Dann lassen Sie sich beraten!

Weitere Informationen unter www.pflegekinder-berlin.de und beim Jugendamt Ihres Bezirks.

Unterschied zur Adoption

Ein Pflegekind ist kein Adoptivkind. Es wohnt zwar bei den Pflegeeltern, die leiblichen Eltern sind aber weiterhin sorgeberechtigt und unterhaltsverpflichtet. Ist ein Kind oder Jugendlicher gefährdet, kann das Familiengericht das elterliche Sorgerecht einschränken oder entziehen und einer Pflegerin oder einem Vormund übertragen. Auch Pflegeeltern können Pfleger oder Vormund werden. In der Regel üben Pflegepersonen stellvertretend für die Eltern das Sorgerecht aus. Hierzu gehören insbesondere die Erziehung, Versorgung und Beaufsichtigung des Pflegekindes sowie die Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens. Das Kind hat für die Zeit der Pflegeunterbringung praktisch zwei Familien. Grundlegende Entscheidungen, wie zum Beispiel die Auswahl der Schulform oder Wahl der Berufsausbildung und das Aufenthaltsbestimmungsrecht gehören nicht zu den Vollmachten der Pflegeeltern.

Ziel einer Pflege ist, dass das Kind anschließend wieder bei seinen leiblichen Eltern wohnen kann. Bessert sich die Situation in der Herkunftsfamilie aber nicht, kommt es oft zu einer Adoption durch die Pflegeeltern.

Lebt das Kind seit längerer Zeit in der Pflegefamilie, und die Herkunftseltern wollen es aus dieser wieder herausnehmen, so kann dies – auch auf Antrag der Pflegeeltern – vom Familiengericht verhindert werden, sofern dies im Interesse des Pflegekindes ist. Pflegepersonen haben Anhörungs- und Beschwerderechte. Kinder sind vor dem Gericht anzuhören und mit Vollendung des 14. Lebensjahres haben auch Jugendliche ein eigenes Beschwerderecht.

Wer kann Pflegeeltern werden?

Wenn Sie ein Kind zur Pflege aufnehmen möchten, wenden Sie sich an das Jugendamt Ihres Wohnbezirkes. Pflegeeltern müssen nicht verheiratet sein. Wichtig ist, dass Sie genug Zeit für das Kind aufwenden können und finanziell nicht auf das Pflegegeld angewiesen sind. Geht es um eine dauerhafte Unterbringung, sollte der Altersabstand zwischen Ihnen und dem Pflegekind 45 Jahre nicht übersteigen.

Als Pflegepersonen kommen Menschen aus unterschiedlichen Lebens- und Familienformen in Frage, zum Beispiel auch unverheiratete, alleinstehende, gleichgeschlechtliche Pflegepersonen oder Paare und Pflegefamilien mit Migrationsgeschichte.

Auch wenn Sie mit dem Kind verwandt sind, können Sie Pflegeeltern werden. Einen Pflegevertrag (mit daraus resultierenden finanziellen Leistungen) schließt das Jugendamt mit den verwandten Pflegepersonen dann ab, wenn die Voraussetzungen gegeben sind – wie bei jedem anderen Pflegeverhältnis auch.

Das “fremde” Kind bereichert nicht nur, es fordert auch: Es verändert entscheidend das Leben der Pflegefamilie. Daher sollten Sie als Pflegeperson bereit und in der Lage sein,

  • mit dem Jugendamt und anderen sozialen Diensten zusammenzuarbeiten,
  • Verbindung zu den leiblichen Eltern zu halten und
  • den Bildungsgang Ihres Pflegekindes zu fördern.

Wesentlich ist, dass Sie sich auf die Bedürfnisse und Eigenarten des Kindes oder Jugendlichen und auf seine Bindungen zur Herkunftsfamilie einlassen können. Nehmen Sie zum ersten Mal ein Kind in Vollzeitpflege auf, müssen Sie zudem an einer halbjährigen Pflegeelternschulung teilnehmen.

Kurzzeit oder unbefristet

Kurzzeit-Pflegekinder leben etwa drei bis sechs Monate in der Pflegefamilie. Bei der unbefristeten Vollzeitpflege lebt das Kind in der Regel bis zum 18. Lebensjahr in der Pflegefamilie. Es kehrt nur dann vorher in seine Herkunftsfamilie zurück, wenn sich die Verhältnisse dort deutlich verbessert haben.

Befristete Vollzeitpflege

Die Befristete Vollzeitpflege ist für Kinder oder Jugendliche vorgesehen, deren Erziehung und Betreuung für einen gewissen Zeitraum von den leiblichen Eltern nicht sichergestellt werden kann, wobei eine Rückkehr aber möglich erscheint. Hintergrund für befristete Unterbringungen sind fast immer akute familiäre Belastungs- und Krisensituationen.

Ziel ist es, während dieser Zeit die familiären Rahmenbedingungen zu verändern, damit das Kind schnellstmöglich in die eigene Familie zurückkehren kann. Für das Pflegekind soll in dieser Zeit die Erziehung und Versorgung gesichert sein. Das soziale Umfeld und der Kontakt zu den leiblichen Eltern bleibt dabei erhalten.

Vollzeitpflege

Die Vollzeitpflege, in die meist jüngere Kinder, aber auch Jugendliche, auf längere Zeit oder auf Dauer vermittelt werden, stellt die bekannteste Form dar. Sie ist bestimmt für Pflegekinder, bei denen die Erziehung in ihrer Herkunftsfamilie vorübergehend oder dauerhaft nicht ausreichend gewährleistet ist und andere Arten der Hilfe zur Erziehung nicht geeignet sind.

Vermittlung und Vorbereitung

Interessierte Personen oder Familien werden durch eine Pflegeelternschulung auf ihre Aufgabe vorbereitet. Zuerst lernen sich die Pflegeeltern und die leiblichen Eltern kennen. Ist die Grundlage für eine Zusammenarbeit gegeben, findet ein Treffen mit dem Kind statt. Die Zeitspanne vom ersten Infoabend bis zur Aufnahme eines Pflegekindes beträgt in Berlin rund neun Monate.

Der Pflegevertrag

Das Jugendamt und die zukünftigen Pflegeeltern schließen nach einem Prozess der Hilfeplanung einen schriftlichen Pflegevertrag ab, der die Pflichten und Rechte der Pflegeeltern und des Jugendamtes regelt.

Ansprechpartner Jugendamt

Die Fachkräfte des Jugendamtes bzw. vom Jugendamt beauftragte freie Träger beteiligen im Rahmen der Hilfeplanung in allen Phasen die leiblichen Eltern, Kinder und Jugendlichen und die (vorgesehenen) Pflegeeltern.

Wichtigste Partner für Pflegepersonen sowie Bewerber sind die zuständigen Mitarbeiter der bezirklichen Jugendämter. Die Fachkräfte der Jugendämter kümmern sich um die Vermittlung. Sie informieren die Pflegeeltern und bereiten sie auf ihre Aufgabe vor, beraten (einzeln oder in Gruppen) und organisieren Fortbildungen. In einigen Bezirken haben die Jugendämter für diese Aufgaben auch freie Träger beauftragt.

Die Pflegeelternschulung

Die Pflegeelternschulung ist eine wichtige Vorbereitung und Unterstützung. Hinzu kommen vielfältige Fortbildungsangebote, die vom Kinder- und Jugendhilfeverbund und dem Sozialpädagogischen Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg für Pflegeeltern, Bewerber und Fachkräfte angeboten werden. Bei der Vermittlung werden die Jugendämter auch von Trägern der freien Jugendhilfe unterstützt. Diese geben fachkundige Auskunft und bieten Beratung und Betreuung in pädagogischen, psychologischen, medizinischen, rechtlichen und materiellen Fragen.

Finanzielle Unterstützung

Als Pflegeeltern sind Sie gegenüber Ihrem Pflegekind nicht unterhaltsverpflichtet. Für den Unterhalt kommt das Jugendamt auf. Das Jugendamt zahlt Ihnen unabhängig von Ihrem Einkommen ein monatliches Pflegegeld, das den Lebensunterhalt Ihres Pflegekindes und Erziehungskosten abdeckt. Die leiblichen Eltern zahlen – im Rahmen ihres Einkommens – an das Jugendamt einen Kostenbeitrag.

Das Pflegegeld setzt sich folgendermaßen zusammen:

  • Pauschale zum Lebensunterhalt für das Kind,
  • Beihilfen für das Kind und
  • Kosten zur Erziehung für die Pflegeperson.

Bei einer dauerhaften Pflege besteht Anspruch auf Kindergeld, das anteilig auf das Pflegegeld angerechnet wird.

Vollzeitpflege mit erweitertem Förderbedarf

Ein erweiterter Förderbedarf liegt immer dann vor, wenn das Pflegekind aufgrund seiner schweren emotionalen, psychischen, geistigen oder körperlichen Beeinträchtigung gravierende Auffälligkeiten zeigt und das Jugendamt im Rahmen der Hilfeplanung besondere Anforderungen an die Pflegeeltern stellt. Wird ein erweiterter Förderbedarf vermutet, holt das Jugendamt eine gutachterliche Stellungnahme ein.

Für diesen Fall sind besondere persönliche und soziale Kompetenzen der Pflegeperson erforderlich. Die Einleitung und Unterstützung notwendiger besonderer pädagogischer, psychologischer oder therapeutischer Hilfen muss sichergestellt sein. Am Anfang wird von den Pflegeeltern besonders im Umgang mit behinderten und schwer entwicklungsbeeinträchtigten Kindern und Jugendlichen Einfühlsamkeit, Geduld, Durchhaltevermögen und viel Zeit benötigt.

Pflegekinderdienste

Rechtsgrundlagen

  • Junge Menschen in Pflegefamilien – Kinderrechte stärken: Ausgangslage und Handlungsempfehlungen

    Abschlussbericht der PKD-Studie 2021

    PDF-Dokument (2.2 MB)

  • Ausführungsvorschrift über Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege und teilstationärer Familienpflege

    AV Pflege

    PDF-Dokument (63.3 kB)

  • Ausführungsvorschrift zur Änderung der Ausführungsvorschriften zur "Rahmenkonzeption Pflegekinderdienst Berliner Jugendämter"

    AV PKD

    PDF-Dokument (163.3 kB)

Weitere Jugendhilfeleistungen