Ursachen – Rechtsfolgen – Beratungsmöglichkeiten
Immer häufiger ist zu beobachten, dass Personen ein Gewerbe anmelden, ohne dass tatsächlich die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit angestrebt wird. Vielmehr dient die nur zum Schein angezeigte Gewerbetätigkeit dazu, ein abhängiges und sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu verschleiern.
Worauf müssen Sie achten?
Zwischen einer Tätigkeit als selbstständige/r Gewerbetreibende/r und der Ausübung einer Beschäftigung als Arbeitnehmer/in besteht nach deutschem Recht ein großer Unterschied. Melden Sie nur dann ein Gewerbe an oder unterschreiben Sie nur dann einen Vertrag, in dem Sie sich verpflichten, eine Arbeit als selbstständige/r Gewerbetreibende/r zu erbringen, wenn Sie sicher sind, dass auch wirklich eine selbstständige gewerbliche Tätigkeit vorliegt.
Was ist der Unterschied zwischen einer Tätigkeit als selbstständige/r Gewerbetreibende/r oder als Arbeitnehmer/in?
Selbstständige Gewerbetreibende müssen frei darüber entscheiden können, ob sie einen Auftrag annehmen wollen oder nicht. Sie müssen für mehrere Auftraggeber/innen tätig sein dürfen und es ist ihnen nicht verwehrt, um neue Auftraggeber/innen zu werben. Sie müssen einen Auftrag nicht selbst ausführen, sondern können ihn z.B. durch eigene Beschäftigte erledigen lassen, die bei ihnen angestellt sind. Selbstständige verfügen zumeist über eine Betriebsstätte und die notwendigen Arbeitsmittel (Maschinen, Fahrzeuge), um den Auftrag eigenständig zu erfüllen.
Arbeitnehmer/innen besitzen die Freiheiten selbstständiger Gewerbetreibender nicht. Sie sind in den Betrieb des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin eingegliedert und ihnen werden durch den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin Vorgaben und Weisungen erteilt, die Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit bestimmen. Es ist ihnen entweder vom Arbeitgeber/der Arbeitgeberin verboten oder aufgrund der für ihn/sie zu erbringenden langen Arbeitszeiten rein praktisch nicht möglich, noch für andere Arbeitgeber/innen tätig zu sein.
Was ist, wenn ich einen Vertrag als Selbstständige/r Gewerbetreibende/r habe, aber vom Auftraggeber/von der Auftraggeberin wie ein/e Arbeitnehmer/in behandelt werde?
Nicht maßgeblich ist, wie die Vertragsparteien den Vertrag bezeichnen oder ob Sie sich wünschen, dass eine Tätigkeit als gewerblich anzusehen ist. Entscheidend ist immer die tatsächliche Durchführung. Erfolgt die Erledigung der Arbeitsaufgabe in einer für eine/n Arbeitnehmer/in typischen Weise nach den Vorgaben des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin, sind auch Personen als Arbeitnehmer/in anzusehen, die ein selbstständiges Gewerbe angemeldet haben. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Scheinselbstständigkeit, da nur zum Schein eine selbstständige Gewerbeausübung behauptet wird, die Personen jedoch in Wahrheit als Arbeitnehmer/in beschäftigt werden.
Was sind die Konsequenzen bei Scheinselbstständigkeit?
Eine „Scheinselbstständigkeit“ ist rechtlich so zu behandeln, als hätte von Anfang an keine gewerbliche Tätigkeit, sondern eine Tätigkeit als Arbeitnehmer/in vorgelegen.
Dies bedeutet: Auf das Arbeitsverhältnis mit den „scheinselbstständig“ Beschäftigten findet das gesamte Arbeitsrecht mit all seinen Schutzrechten Anwendung (z.B. ggf. Anspruch auf Tariflohn, auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit und an Feiertagen, Anspruch auf bezahlten Urlaub, Geltung von Arbeitsschutzvorschriften über Höchstarbeitszeiten, Pausen und Anspruch auf arbeitsfreie Sonntage). Diese Ansprüche können von „Scheinselbstständigen“ eingefordert und gerichtlich geltend gemacht werden.
Dies bedeutet aber auch: Stellt sich eine unzutreffend als selbstständig bezeichnete Tätigkeit als ein Arbeitsverhältnis heraus, kann u. a. ein Verstoß gegen die Pflicht zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen vorliegen. Diese können nachgefordert und es können gegen Arbeitgeber/innen und Beschäftigte Bußgelder bzw. Geld- und/oder Freiheitsstrafen verhängt werden.