Sie sind als Schöffin oder Schöffe geladen - was nun?

Wenn Sie einen Brief bekommen, in dem Sie aufgefordert werden, als Schöffin oder als Schöffe zu einer Verhandlung des Landgerichts Berlin I zu erscheinen, so ist Ihnen eine sehr wichtige Aufgabe übertragen worden: Sie sollen gemeinsam mit Richterinnen und Richtern des Landgerichts Berlin I über eine Strafsache entscheiden. Dabei haben Sie bei der Entscheidung des Gerichts dasselbe Stimmrecht wie die Berufsrichterinnen und Berufsrichter.

Wegen eines Grundsatzes unserer Verfassung – der sogenannten Garantie des gesetzlichen Richters, Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes – sind Sie als Schöffin oder Schöffe nicht ohne weiteres zu ersetzen. Es kann also nicht einfach jemand anderes an Ihrer Stelle das Schöffenamt wahrnehmen. Vielmehr sind nur Sie persönlich dazu berufen, als Schöffin oder Schöffe an der Verhandlung und Entscheidung der Strafsache mitzuwirken. Bitte nehmen Sie die Ladung als Schöffin oder Schöffe daher unbedingt ernst. Der Prozess kann ohne Sie nicht beginnen.

Aufgrund der großen Bedeutung des Schöffenamtes für die Wahrheitsfindung ist das Erscheinen zu dem vom Gericht bestimmten Termin außerdem eine gesetzliche Pflicht. Sie haben also keine Wahl und müssen pünktlich – am besten eine Viertelstunde früher – an dem Saal des Gerichts eintreffen, der in Ihrer Ladung angegeben ist.

Falls Sie zu dem Termin, zu dem Sie geladen wurden, aus zwingendem Grund auf keinen Fall erscheinen können, so teilen Sie das dem Gericht bitte sofort mit – möglichst noch am selben Tag, an dem Sie die Ladung erhalten, ansonsten sofort wenn Sie von Ihrer Verhinderung erfahren. Die Rufnummer der „Geschäftsstelle“, also des Sekretariats der zuständigen Kammer, finden Sie auf der Ladung. Als Entschuldigung werden jedoch wegen der großen Bedeutung gerade Ihrer persönlichen Mitwirkung nur wirklich zwingende Gründe akzeptiert, etwa eine schwere Krankheit oder einer bereits vorher fest gebuchten Auslandsreise. Berufliche Gründe hingegen sind in aller Regel nicht ausreichend; so hat der Bundesgerichtshof selbst den Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses nicht als genügende Entschuldigung angesehen (vgl. BGH 5 StR 191/10, Beschluss vom 20. Juli 2010).

Sie müssen in jedem Falle die Entscheidung des Gerichts abwarten, ob Sie von der Pflicht zum Erscheinen befreit werden. Falls Sie nicht ausdrücklich abgeladen werden, müssen Sie erscheinen! Die Ladung bleibt solange wirksam, bis das Gericht sie widerruft. Sie können also den Termin nicht einfach „absagen“ und dann fernbleiben. Die Entscheidung, ob Sie kommen müssen oder nicht, liegt allein beim Gericht.

Bitte rechnen Sie aufgrund der großen Bedeutung Ihrer persönlichen Mitwirkung als Schöffin bzw. als Schöffe damit, dass das Gericht von Ihnen schriftliche Nachweise verlangt, dass Sie tatsächlich aus zwingenden Gründen an der Mitwirkung gehindert waren. Dies dient dazu, späteren Rechtsmitteln gegen das Urteil aufgrund angeblich fehlerhafter Besetzung des Gerichts vorzubeugen, und ist nicht als Misstrauen des Gerichts gegen Sie zu verstehen.

Sollten Sie nicht zum Termin erscheinen, ohne dass das Gericht Sie von dieser Pflicht befreit hat, müssen Sie mit empfindlichen Folgen rechnen. Das Gericht kann gegen sie ein Ordnungsgeld (in der Regeln einige hundert Euro) anordnen. Außerdem haben Sie etwaige zusätzliche Verfahrenskosten zu tragen, etwa die Reisekosten von Angeklagten und Verteidigern. Auch diese Kosten können erheblich sein. Erscheinen Sie daher unbedingt, wenn Sie als Schöffin der als Schöffe geladen sind, sofern das Gericht Sie nicht wieder ablädt!

Hinweis zur Entschädigung als Schöffe oder Schöffin