Die Pandemie führt auch zu arbeitsrechtlichen Fragen. Hierzu sind in unterschiedlichen Zusammenhang Entscheidungen der Arbeitsgerichtsbarkeit ergangen:
Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes
Das Arbeitsgericht Berlin hat in einem einstweiligen Verfügungsverfahren eine Pflicht zum Tragen eines vom Arbeitgeber bereitgestellten Mund-Nasen-Schutzes bestätigt. Eine Arbeitnehmerin hat geltend gemacht, bei ihrer Arbeit als Flugsicherheitsassistentin am Flughafen statt dieses Mund-Nasen-Schutzes einen Gesichtsschutzschirm zu tragen. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes abgewiesen. Den Arbeitgeber treffe die Pflicht, die Beschäftigten und das Publikum am Flughafen vor Infektionen zu schützen. Ein Gesichtsvisier sei für den Schutz Dritter weniger geeignet als der hier vorgeschriebene Mund-Nasen-Schutz. Dass ihr das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar sei, habe die Arbeitnehmerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht.
Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 15. Oktober 2020, Aktenzeichen 42 Ga 13034/20
Nebentätigkeit als Krankenpfleger in der Intensivpflege
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in einer beabsichtigten Tätigkeit als Krankenpfleger in der Intensivpflege keinen Grund für die Untersagung einer Nebentätigkeit gesehen und damit eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin bestätigt. Der klagende Arbeitnehmer war bei der Arbeitgeberin, einem großen Krankenhaus, langjährig als Krankenpfleger in der Intensivpflege eingesetzt. Zuletzt ist der Kläger als Patientenmanager mit regelmäßigen Arbeitszeiten von Montag bis Freitag tätig. Er teilte der Arbeitgeberin mit, er beabsichtigte für eine Zeitarbeitsfirma an Samstagen und Sonntagen als geringfügig beschäftigte Krankenpflegekraft auf Intensivstationen zu arbeiten. Die Arbeitgeberin lehnte dies ab und führte zur Begründung aus, es liege eine Wettbewerbssituation vor, der Kläger wolle seinen besonderen Erfahrungsschatz als Intensivpfleger anderweitig nutzen, zudem stehe die besondere Lage in der Pandemie mit Ansteckungsgefahren der Nebentätigkeit
entgegen. Sie habe dem Kläger angeboten, Dienste in ihrem Intensivbereich im Rahmen einer Nebenabrede wahrzunehmen.
Das Landesarbeitsgericht hat wie das Arbeitsgericht keinen Grund gesehen, die beabsichtigte Nebentätigkeit zu untersagen. Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, es liege keine unmittelbare Konkurrenzsituation vor, gesetzliche Ruhezeiten könnten eingehalten werden, sonstige nachteilige Folgen aufgrund der beabsichtigten anderweitigen Tätigkeit habe die Arbeitgeberin nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger könne sowohl im Rahmen seiner Tätigkeit für die Arbeitgeberin als auch im Rahmen der angestrebten Nebentätigkeit mit an Covid 19 erkrankten Patientinnen und Patienten in Kontakt kommen. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine fehlende Einhaltung der erforderlichen Schutzmaßnahmen in den Krankenhäusern, in denen der Kläger im Rahmen seiner Nebentätigkeit eingesetzt werde.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.09.2020, Aktenzeichen 16 Sa 2073/19
Betriebsbedingte Kündigungen
Betreffend betriebsbedingte Kündigungen hat das Arbeitsgericht Berlin in mehreren Entscheidungen festgestellt, dass allein ein Hinweis auf „Corona“ oder einen Umsatzrückgang aufgrund der Pandemie nicht ausreicht, um eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen.
Der Arbeitgeber muss vielmehr anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen, warum nicht nur eine kurzfristige Auftragsschwankung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist. Wird im Betrieb Kurzarbeit geleistet, spricht dies gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf.
Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 5. November 2020, Aktenzeichen 38 Ca 4569/20
Die Erklärung, es habe einen starken Umsatzrückgang gegeben und man habe nicht anders auf denselben reagieren können, als eine Anzahl von Kündigungen auszusprechen, ist keine ausreichende Begründung zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung.
Arbeitsgericht Berlin, Urteile vom 25. August 2020, Aktenzeichen 34 Ca 6664/20, 34 Ca 6667/20, 34 Ca 6668/20.
Auch wenn kein allgemeiner Anspruch auf eine Tätigkeit im Home-Office bestehe, könne die mögliche Arbeit von zu Hause aus bei vorhandenen technischen Voraussetzungen einer Änderungskündigung zur Zuweisung eines anderen Arbeitsortes entgegenstehen. Die stärkere Verbreitung des Arbeitens im Home-Office aufgrund der Pandemie zeige, dass Arbeiten von zuhause aus möglich sei.
Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 10. August 2020, Aktenzeichen 19 Ca 13189/19.
Gegen die Entscheidung wurde das Rechtsmittel der Berufung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.