KREISE ZIEHEN. Großsiedlungen und die Produktion von Bildern ihrer selbst - Teil 4: Berlin-Märkisches Viertel

"Das Fest" im Märkischen Viertel

Pressemitteilung vom 17.08.2020

Vom Sonntag, dem 12. Juli, bis Sonntag, dem 13. September 2020, ist die Ausstellung “KREISE ZIEHEN. Großsiedlungen und die Produktion von Bildern ihrer selbst, Teil 4: Berlin-Märkisches Viertel / Litauen, Schottland, Ungarn vom AG Spielclub / Marija Nemčenko & Anna Tüdős” im öffentlichen Raum am Place Internationale, Grünfläche am U-Bhf Cottbusser Platz (U5), Maxie-Wander-Straße/Ecke Carola-Neher-Straße, 12619 Berlin, zu sehen.

Termine auf dem Place Internationale:

Samstag, 22 August 2020, 18:00 Uhr (de / en)
“Das Fest im Märkischen Viertel, 1971”. Gespräch über das Kindertheaterfestival von 1971 und über die Aktivitäten der AG Spielklub (1969-71), mit Valeria Fahrenkrog (AG Spielclub 2019-20).

1969 gründete sich in der neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (nGbK) die “Arbeitsgruppe Spielklub”. In dieser Gruppe trafen sich Erzieher und Erzieherinnen, Eltern, Künstler und Künstlerinnen, um gemeinsam über Kinderspielzeug und Spielräume für Kinder zu sprechen. Sie wollten gern mit Kindern zusammenarbeiten. Im Oktober 1970 wurde in einer Fabriketage der “Spielklub” im Kulmer Kiez in Schöneberg eröffnet, wo Kinder und Jugendliche ihre freien Nachmittage verbringen konnten. Im Winter 1970/71 wurde dort eine Spielstadt gebaut. Es gab eine Bank, ein Theater, ein Hotel, ein Tapetengeschäft, eine Waffelbäckerei und eine Arbeitsvermittlung. Dann wurde Geld gedruckt mit dem Namen “Kulmer Mark”. Damit konnten die Kinder in der Spielstadt Himbeersirup und Waffeln kaufen. Die Kinder freuten sich und nannten den Spielklub fortan “das Fest”. Jedes Kind und jede erwachsene Person hatte in der Spielstadt eine Rolle. Die Erwachsenen machten sich viele Notizen über die Rollenspiele, die gespielt wurden. Gemeinsam mit den Kindern stellten sie Fotos, Fernsehbeiträge und auch Zeitungen her, die vom Geschehen im Spielklub berichteten.
Die Kinder und die Künstler und Künstlerinnen des Spielklubs wurden zu einem Theaterfestival eingeladen. Dieses fand im Märkischen Viertel statt, einem Stadtteil mit vielen Hochhäusern im Norden von Berlin. Die Kinder aus Schöneberg, Kinder aus dem Märkischen Viertel und die Erwachsenen bauten dort auf einem Bauspielplatz erneut eine Spielstadt. Das Spiel, das dort zehn Tage gespielt werden sollte, hieß “das Fest”. Wiederum gab es eine Bank, eine Arbeitsvermittlung, Geld und auch das “Fort Monopol” – eine Art Burg. Der Kommandant des Fort Monopols versuchte Boss in der Spielstadt zu werden. Deshalb wurde am Ende der zehn Spieltage das Fort gestürmt.

Samstag, 29. August 2020
11:00 bis 14:00 Uhr “Cricket für Mädels”. Schnupperstunde für Frauen und Mädchen
14:00 bis 18:00 Uhr “Cricket Fest”. Turnier mit Berliner Cricket-Mannschaften

18:00 bis 20:00 Uhr “BRUT Boredom” von Marija Nemčenko & Anna Tüdős. Gespräch mit Marija Nemčenko (Künstlerin, Kaunas und Glasgow) und Anna Tüdős (Budapest und Glasgow) über ihre künstlerische Forschung zu Großsiedlungen, Langeweile, Leere und Spiel). (de / en)

“BRUT” ist ein vielfältiges Projekt, das sich aus Kunstwerken, öffentlichen Vorträgen, Workshops und einer Publikation zusammensetzt. Es erkundet aus gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Perspektiven die utopischen Momente des sogenannten “Brutalismus” – einem Baustil der internationalen Modeme. Auseinandersetzungen mit Themen wie Stigmatisierung, Abriss, Ästhetisierung, persönlichen Identitäten, öffentlichen Einrichtungen und Spielplätzen haben eines gemeinsam: Sie werden im Zusammenhang mit Großwohnsiedlungen in der ganzen Welt geführt. “Wir sind überzeugt, dass der Austausch über die jeweiligen Geschichten, Kämpfe und Erfolge es uns ermöglicht, unsere eigene direkte Umgebung mit frischem Blick und mit einem starken Gefühl der Solidarität zu betrachten”. www.brutcollective.com

Ausstellungsreihe “KREISE ZIEHEN” seit Mai 2018
Ein Feld der Auseinandersetzung der letzten Jahre sind Großsiedlungen der 1960er bis 1990er Jahre. Sie haben Dimensionen, die der Größe einer Kleinstadt entsprechen. Zentrale Funktionen einer Stadt wie etwa die Künste und das Kulturleben werden jedoch weiterhin im Zentrum verortet. Die Großsiedlungen bleiben deswegen vielen Menschen einer Stadt merkwürdig fremd.

Das Ausstellungsprojekt KREISE ZIEHEN in Berlin-Hellersdorf schlägt Brücken innerhalb und auch jenseits der Stadtgrenzen mit Partnersiedlungen. Wie entstehen Stereotypen von Orten, wie werden sie von außen gesetzt und von innen angenommen und weitergeführt? Wie können Bilder in der Peripherie entstehen, die nicht von außen ein “Image” überstülpen, sondern von den Bewohnern und Bewohnerinnen mit Eigensinn erarbeitet wurden?

nGbK-Projektgruppe station urbaner kulturen
Jochen Becker, Fabian Bovens, Eva Hertzsch, Margarete Kiss, Constanze Musterer und Adam Page

Informationen unter www.ngbk.de