Dialogprozess Tempelhofer Feld

Schrägluftbild Tempelhofer Feld

Der Dialogprozess mit internationalem planerischen Ideenwettbewerb soll einen fachlichen und qualifizierten Beitrag zu einer stadtweiten Debatte leisten. Dieser transparente Dialog ist ein offener und wertschätzender Beitrag zur Frage einer möglichen Änderung des „ThF-Gesetzes“. In diesem Prozess wird keine Entscheidung über eine tatsächliche Randbebauung des Tempelhofer Feldes getroffen.

Das Tempelhofer Feld wird seit seiner Öffnung 2010 als Freizeitfläche genutzt und ist seit Juni 2014 durch das Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes („ThF-Gesetz“) vor Veränderungen geschützt. Der Senat würdigt ausdrücklich, dass dieses Gesetz durch einen Volksentscheid zustande gekommen ist.

Der Senat sieht jedoch angesichts des angespannten Wohnungsmarkts sowie des dringenden Bedarfs an sozialen Einrichtungen wie Schulen, Kitas und Jugendfreizeiteinrichtungen die Notwendigkeit, einen stadtweiten Dialog zur Zukunft des Tempelhofer Felds zu führen. Darin soll es um folgende Fragen gehen: Welchen Bedarf gibt es stadtweit für den Neubau von Wohnungen? Wie müssen neue Quartiere geplant und gebaut werden, wenn man die großen Herausforderungen wie Klimawandel und Verkehrswende meistern will? Welchen Beitrag könnte hierzu das Tempelhofer Feld leisten? Wie könnte eine behutsame Randbebauung aussehen und welche Rahmenbedingungen wären dabei zu beachten?

Dialogprozess Tempelhofer Feld

Der Dialogprozess besteht aus drei Dialogwerkstätten und einem internationalen planerischen Ideenwettbewerb gemäß der Richtlinie für Planungswettbewerbe – RPW 2013. In den ersten zwei Dialogwerkstätten sollen sich etwa 250 aus 20.000 Zufallsstichprobe ausgewählten Menschen über das Tempelhofer Feld und seine Entwicklungsperspektiven austauschen. Die erarbeiteten Entwicklungsperspektiven werden im anschließenden Ideenwettbewerb durch Stadtplanungs-, Architektur- und Landschaftsarchitektur-Büros zu Vorschlägen für das Tempelhofer Feld herausgearbeitet. Es ist beabsichtigt, dass eine begrenzte Zahl an Teilnehmenden der Dialogwerkstätten im Preisgericht mitwirken kann. Nach Abschluss des Ideenwettbewerbs soll in einer letzten Dialogwerkstatt über die Ergebnisse gesprochen und Empfehlungen an das Abgeordnetenhaus formuliert werden.

Fragen und Antworten

  • Warum wird ein Dialogprozess durchgeführt?

    Angesichts der Komplexität, aber auch der Konfliktträchtigkeit des Themas, möchte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, gemäß Senatsbeschluss Nr. S-624/2023 vom 5. Dezember 2023, die öffentliche Debatte mit einer „Dialogwerkstatt“ anstoßen. Anstatt die verschiedenen Interessengruppen (inklusive der Verwaltungen selbst) in eine öffentliche Auseinandersetzung um „die richtige Lösung“ aufeinander treffen zu lassen, soll sich zunächst eine Gruppe von etwa 250 per Zufallsstichprobe ausgewählten Einwohnerinnen und Einwohnern mit ihren Erwartungen und Vorstellungen für das Tempelhofer Feld äußern. Die Teilnehmenden werden dabei nach repräsentativen Kriterien ausgewählt, um eine weitmögliche Annäherung an die vielfältige Berliner Gesellschaft zu ermöglichen.

  • Was steht in den „Richtlinien zur Regierungspolitik 2023 – 2026“ zum Tempelhofer Feld?

    Die bei der Wiederholungswahl im Jahr 2023 gewählte Regierungskoalition aus CDU und SPD hat in ihrem „Richtlinien der Regierungspolitik 2023 – 2026“ zur Zukunft des Tempelhofer Felds vereinbart:

    „Es bedarf angesichts der zugespitzten Wohnungsnot seit dem Volksentscheid 2014 einer neuen Debatte über die Zukunft des Tempelhofer Feldes. Mit einem internationalen städtebaulichen Wettbewerb wird der Senat die Möglichkeiten einer behutsamen Randbebauung in begrenzten Teilen der Fläche ausloten. Der weit überwiegende Teil der Freifläche bleibt bei einer klimagerechten Gesamtgestaltung für Erholung, Freizeit, Sport und Kultur gesichert. Das Feld soll einen wichtigen Beitrag zur Klimaneutralität Berlins leisten. Mit der Randbebauung sollen Wohnquartiere mit breiten sozialen Angeboten für die neuen Bewohnerinnen und Bewohner und die Stadtgesellschaft geschaffen werden. Der Wohnungsbau soll den LWU sowie gemeinwohlorientierten Genossenschaften vorbehalten und im Betrieb klimaneutral sein. Die Nutzung dezentraler und stadtverträglicher erneuerbarer Energien und die Begrünung werden einen zusätzlichen Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Zu dieser Frage gesamtstädtischer Bedeutung ist für den Senat die Neubewertung durch die Berlinerinnen und Berliner maßgeblich.“

    Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat die vorgelegten Richtlinien der Regierungspolitik mit Drucksache 19/0980 vom 17.05.2023 in seiner Sitzung am 25.05.2023 gebilligt.

  • Wie werden die Teilnehmenden des Dialogprozesses ausgewählt?

    Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen (SenStadt) hat den Dienstleister ISR Innovative Stadt- und Raumplanung GmbH (ISR) mit einer Zufallsauswahl von Einwohnerinnen und Einwohner für den Dialogprozess beauftragt.

    Hierfür werden im ersten Schritt zunächst 20.000 Personen ab 16 Jahre mit Erstwohnsitz in Berlin zufällig aus dem Einwohnermelderegister ausgewählt. Diese erhalten ein Anschreiben und können sich bei ISR für den Dialogprozess anmelden. Hierzu müssen sie innerhalb von zwei Wochen Angaben zur Herkunft und dem höchsten Bildungsabschluss machen. Wer sich nicht anmelden möchte, kann das Schreiben einfach unbeantwortet lassen. ISR erhält die Daten aus dem Einwohnermelderegister direkt vom Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten.

    Aus allen eingegangenen Anmeldungen werden im zweiten Schritt mindestens 250 zufällig ausgewählt. Der Dienstleister ISR achtet darauf, dass dabei eine Verteilung nach Geschlecht und Alter eingehalten wird, die in etwa der des Landes Berlin entspricht. Weiterhin wird sichergestellt, dass Personen aus den Nachbarkiezen des Tempelhofer Feldes (Schillerkiez, Fliegerviertel und Tempelhofer Vorstadt) unter den Ausgelosten sind. Die so ermittelten Personen erhalten eine Bestätigung, dass sie zu den Teilnehmenden des Dialogprozesses gehören. Aus Kostengründen erhalten alle anderen Bewerberinnen und Bewerber kein gesondertes Absageschreiben.

    An die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen werden am Ende nur die Angaben der mindestens 250 ausgelosten Personen übermittelt. Sie nutzt diese, um den eigentlichen Dialogprozess durchzuführen. Die Senatsverwaltung ist am Losverfahren und der Auswahl der Teilnehmenden nicht beteiligt. Alle weiteren personenbezogenen Daten werden nach Abschluss des Auswahlverfahrens gelöscht.

  • Was passiert in den Dialogwerkstätten?

    Die Dialogwerkstatt bildet das „Herzstück“ der Beteiligung. 250 zufällig ausgeloste Einwohnerinnen und Einwohner mit Erstwohnsitz in Berlin sollen an insgesamt drei Wochenenden (7.– 8. und 21. – 22.  eptember 2024 sowie 12. – 13. Juli 2025) zu einer vertieften Beschäftigung mit dem Tempelhofer Feld und der Frage einer möglichen Änderung des ThF-Gesetzes zusammengebracht werden.

    Die Dialogwerkstatt ist bewusst als geschlossenes Format konzipiert, an dem die 250 gelosten Personen teilnehmen. Es soll ein geschützter Diskursraum geschaffen werden, der maßgeblich von den Teilnehmenden in ihrer Rolle als Einwohnerin oder Einwohner Berlins gestaltet werden kann. Dieser Diskursraum soll die fortlaufende öffentliche Debatte über das Tempelhofer Feld nicht ersetzen. Sie ist vielmehr als Ergänzung zu verstehen, die den vorherrschenden medial vermittelten Diskurs der organisierten Interessen ergänzt.

    Die Dialogwerkstatt ist nicht vom laufenden Diskurs abgeschottet. Fachliche Expertise zu den stadtentwicklungspolitischen Fragestellungen über das Tempelhofer Feld, aber auch die in zehn Jahren mit dem Tempelhofer Feld gesammelten Erfahrungen sollen in die Dialogwerkstatt einfließen. Dort sollen alle Sichtweisen, Einschätzungen und Erfahrungen in einer sortierten, zielgerichteten, inklusiven, von Respekt und Wertschätzung geprägten Atmosphäre diskutiert werden können.

    Die zentrale Fragestellung für die Dialogwerkstatt ist, welche gesamtstädtischen Bedarfe bestehen und ob das geltende ThF-Gesetz mit Blick auf diese ggf. geändert werden soll oder nicht. Hierzu sollen vor dem Hintergrund:

    • der aktuellen Nutzungsentwicklung,
    • der prognostizierten gesamtstädtischen Bedarfe sowie diejenigen der Nachbarschaften für bauliche Nutzungen, der Flächenpotenziale für den Wohnungsbau und einer integrierten Quartiersentwicklung, darunter auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Nutzungen,
    • der unmittelbaren Verknüpfung von Flughafengebäude (inkl. umgebender Flächen) und Flugfeld als historisches Gesamtensemble und den gegenseitigen Auswirkungen und Abhängigkeiten von Entwicklung und Nutzung,
    • grundlegender Rahmenbedingungen wie Klimawandel und Verkehrswende und ihre Auswirkungen auch auf die angrenzenden Nachbarschaften,
    • sowie der Bedarfe und Nutzungswünsche der Teilnehmenden selbst (in Stellvertretung einer gesamtstädtischen Öffentlichkeit)

    verschiedene, fachlich-sachlich gestützte Thesen für eine zukünftige Entwicklung aufgestellt werden. Diese Thesen sollen geclustert und verschiedene, in sich schlüssige Entwicklungsperspektiven daraus abgeleitet werden. Die Ergebnisse der ersten Dialogwerkstätten sollen in die Aufgabenstellung des sich anschließenden internationalen planerischen Ideenwettbewerb einfließen.

  • Werden Wissens- und Erfahrungsträger in den Dialogprozess eingebunden?

    Die verschiedenen Akteure rund um das Tempelhofer Feld werden eingeladen, sich in diesen Prozess als Wissens- und Erfahrungsträger einzubringen. Fachkundige und Vertreterinnen und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen sollen in die Dialogwerkstatt eingebunden werden. Sie sollen den Teilnehmenden fundiertes Wissen und gesammelte Erfahrungen zum und mit dem Tempelhofer Feld vermitteln und bei Bedarf die Flächen-, Ziel- und Programmdiskussion unterstützen.

  • Wie ist der Volksentscheid ausgegangen?

    Seit Juni 2014 gilt das Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes („ThF-Gesetz“).

    Das aus dem Volksbegehren „100 % Tempelhofer Feld“ hervorgegangene Gesetz sieht ein vollständiges Bauverbot für das ehemalige 304 Hektar große Flugfeld vor. Der Gesetzentwurf wurde am 25. Mai 2014 von fast 740.000 Menschen befürwortet, das waren 68,2 % der Abstimmenden und 29,7 % der Stimmberechtigten. Die vom Abgeordnetenhaus von Berlin zur Alternative gestellte Vorlage sah eine moderate Randbebauung und den Schutz der 230 Hektar großen zentralen Grünflächen des inneren Feldes vor. Diese Vorlage wurde von etwa 468.000 Abstimmenden unterstützt, das waren 44,3 % der abgegebenen Stimmen beziehungsweise 18,8 % der Stimmberechtigten.