Geschichtsgeflüster in der „Neuen Mitte Tempelhof“

Tag der Städtebauförderung Geschichtsgeflüster Tempelhof

Stele des Rundgangs "Geschichtsgeflüster" zum Thema Ausflugsziel Tempelhof

Im Fördergebiet Neue Mitte Tempelhof wird in den kommenden Jahren der Bereich zwischen Götz- und Albrechtstraße umgestaltet. Gebaut werden nicht nur neue Wohnungen, sondern auch eine Kita und eine Jugendfreizeiteinrichtung; die Polizeidirektion und das Stadtbad bekommen neue Gebäude. Auf dem Gelände der Bibliothek entsteht ein moderner Kultur- und Bildungscampus.

Bei so viel Veränderung ist es gut, auch für Orientierung und Erinnerung zu sorgen. Deshalb entstand genau in diesem Bereich ein Geschichtsparcours aus zehn Informationsstelen namens „Geschichtsgeflüster”, der am Tag der Städtebauförderung, dem 13. Mai 2023, feierlich eingeweiht wurde. Auf den Vorplatz der Bezirkszentralbibliothek von Tempelhof-Schöneberg waren zur Eröffnung drei Bezirksstadträte gekommen: Matthias Steuckardt, stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat für Bürgerdienste, Soziales und Senioren, Tobias Dollase, Bezirksstadtrat für Schule, Sport, Weiterbildung und Kultur, sowie Eva Majewski, Bezirksstadträtin für Stadtentwicklung.

Tag der Städtebauförderung Geschichtsgeflüster Tempelhof

Zahlreiche Gäste warten vor der Bibliothek auf den Beginn des ersten geführten Rundgangs

Tobias Dollase würdigte das Projekt als gelungene Verbindung von Stadtentwicklung und Kultur. Es stärke das Quartier und gebe zugleich dem Tourismus im Bezirk neue Impulse. Eva Majewski betonte, für den Bezirk sei es sowohl wichtig, neue Wohnungen zu bauen, als auch soziale Infrastruktur und kulturelle Angebote zu schaffen.

Der Geschichtsparcours wurde in Kooperation des Stadtplanungsamtes und des Kulturamtes mit dem Gestaltungsbüro „museeon“ entwickelt. Fördermittel von rund 185.000 Euro kamen aus dem Programm Nachhaltige Erneuerung.

Mit seinen zehn individuell gestalteten Infostelen macht er die Geschichte Tempelhofs nicht nur visuell erlebbar. In direkt an den Stelen abrufbaren Hörbeiträgen erzählen Menschen, die im Stadtteil leben und arbeiten, was sie mit den einzelnen Orten verbindet. Das interessierte auch Bewohnerinnen und Bewohner, die zu einem ersten Rundgang zusammenkamen, begleitet von Julia Tödt und Judith Bauernfeind, die mit „museeon“ an der Entwicklung beteiligt waren.

Tag der Städtebauförderung Geschichtsgeflüster Tempelhof

An der Station „Kreideweiß“ muss das Ohr gegen den vorbeifließenden Verkehr auf dem Tempelhofer Damm ankämpfen. Wer sich die Hörbeiträge in Ruhe anhören will, kann das auf der Webseite www.geschichtsgefluester.de nachholen. Dort gibt es die Informationen auch auf Englisch. Doch auch über die Texte und historischen Fotos erschließt sich, was sich hinter Kreideweiß verbirgt – es war vor über hundert Jahren ein beliebtes Ausflugslokal mit Tanzsaal und Kegelbahn.

Ein paar Straßen weiter hätte man zur gleichen Zeit nasse Füße bekommen. Am Ort des heutigen Reinhardtplatzes lag der Grundpfuhl, wahrscheinlich Teil eines Grabensystems, das den Sitz der Tempelritter nahe der Dorfkirche schützte. Am Infopunkt erfährt man auch, dass die letzte Eiszeit vor 24.000 Jahren zahlreiche Gewässer hinterließ, die fast alle mit dem Bau des Teltow-Kanals im Zuge der Industrialisierung wieder verschwanden.

Die Tafel „Rathaus Tempelhof“ informiert über die geplante Erweiterung des Verwaltungsgebäudes. Sie erinnert auch an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte: Das Rathaus erhielt erst 1969 einen Sitzungssaal – die Nationalsozialisten hatten es ursprünglich ohne Plenarsaal gebaut, das Volk sollte schließlich die Politik nicht mitbestimmen dürfen. Wie sich Geschichte ändert: An dieser Stelle erzählen junge Leute, wie sie sich im Kinder- und Jugendparlament von Tempelhof-Schöneberg einbringen.

Der Geschichtsparcours ist auch inklusiv: Die Infostelen sind so konstruiert, dass man auch aus dem Rollstuhl die Texte gut lesen und den QR-Code nutzen kann. Auf der Webseite sind die Hörbeiträge als Texte abrufbar und alle Infotexte sind allgemeinverständlich verfasst.

Regina Friedrich