Solvej Ziegler

Die Kursleiterin Frau Ziegler präsentiert die fertigen Brote und Brötchen
Die Kursleiterin Frau Ziegler im Gespäch mit einem Teilnehmer
  • Gesundheitsberaterin und Fastenleiterin

“Als ich das erste Mal das Buch “Unsere Nahrung, unser Schicksal” von Dr. Max Otto Bruker in der Hand hielt, war dies tatsächlich ein Wendepunkt in meinem Leben. Hier wurden die Ursachen der ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten und die Wirkung einer falschen Ernährung so klar und logisch beschrieben, dass ich nicht nur meine Ernährung auf vitalstoffreiche Vollwertkost umstellte, sondern mehr über dieses Thema erfahren wollte.
Nach Grund- Aufbau- und Praxiskurs bei der Gesellschaft für Gesundheitsberatung in Lahnstein (GGB) schloss ich meine Ausbildung zur ärztlich geprüften Gesundheitsberaterin GGB im April 2014 mit der Prüfung bei Dr. Jürgen Birmanns, dem ärztlichen Leiter des Brukerhauses in Lahnstein, ab.” (Auszug aus der Webseite www.fastenkultur.de)

Das Geheimnis eines gesunden Vollkornbrotes

Ein Gespräch mit Solvej Ziegler

Wie haben Sie begonnen, sich auf die Herstellung von gesundem Vollkornbrot zu spezialisieren? Gibt es eine besondere Motivation?
Noch bevor ich meine Ausbildung zur Gesundheitsberaterin bei der Gesellschaft für Gesundheitsberatung in Lahnstein (GGB) gemacht habe, interessierte ich mich sehr für die Gesundheit der Menschen. Es wurde für mich eine Herzensangelegenheit, gesunde Dinge herzustellen, wobei mich insbesondere die Brotherstellung fasziniert. Getreide ist seit ca. 12.000 Jahren eine Grundlage menschlicher Ernährung. Das Brotbacken wurde vor mehreren Tausend Jahren im alten Ägypten praktiziert.
Die deutsche Kultur ist eher eine Brotesserkultur, mit den heute weltweit meisten Sorten Brot. In der Brotherstellung haben wir uns, nach meiner Meinung, sehr von den gesunden Varianten entfernt. Vieles, was es in den Läden gibt, sind einfache Auszugsmehl-Produkte; die wenigsten Erzeugnisse dagegen echte Vollkornprodukte. Vollkornprodukte sind übrigens geschützt in der Benennung: Sie müssen aus mindestens 90 % Vollkornmehl bestehen. Aber was noch wichtiger ist: Vollkornmehl soll möglichst frisch verarbeitet werden, da mit der Vermahlung des Korns Zerfallsprozesse einsetzen und bereits nach 14 Tagen viele Stoffe, die unabdingbar für unsere Gesundheit sind – wie zum Beispiel Vitamin B1 – einfach verloren sind.
Die Qualität des Brotes darf sich nicht nur über Geschmack und z. B. das Geräusch beim Brechen der Kruste definieren, sondern primär darüber, wie viele Mikronährstoffe enthalten sind und wie gesundheitlich nahrhaft das Produkt ist, das man isst. Und genau das macht unsere Aufgabe als Gesundheitsberater:innen ein Stück größer, denn wir müssen die Menschen ja erstmal aufklären, weshalb ausgewählte Getreide, am besten frisch gemahlen, so vorteilhaft sind. Das ist natürlich für mich eine Riesenmotivation! Es kommt von innen und bestärkt mich im Handeln und macht mir damit auch Freude!

gebackene Brotvielfalt: Vollkornbrot, Brötchen, Partybrötchen auf einem Tisch zusammengestellt

Welche Zutaten verwenden Sie für Ihr vitales und nahrhaftes Brot?
In ein gutes Brot gehören wenige Dinge: gutes Vollgetreide, Wasser, Salz, Brotgewürz und Backtriebmittel wie Hefe, Sauerteig oder Backferment, die letztendlich den Teig auflockern. Und immer, immer das volle Korn vermahlen, damit wirklich alle Vitalstoffe erhalten bleiben. Backt man mit Auszugsmehl, wird nur der Stärkekern vom Korn benutzt, der faktisch nur Stärke und Eiweiß enthält. Besonders wichtig ist Vollgetreide als Lieferant des Vitamin-B-Komplex, neben Vitamin A, E und Mineralien. Der Vitamin-B-Komplex ist deshalb so wichtig, weil er unabdingbar für unser Nervensystem und viele Stoffwechselvorgänge im Körper ist.

Welche Techniken wenden Sie beim Brotbacken an, damit die Vitalstoffe erhalten bleiben?
Vollgetreide sollte möglichst frisch gemahlen sein. Idealerweise sollte es innerhalb von vier Stunden verbacken werden, damit die Vitalstoffe erhalten bleiben. Die spannendste Frage ist jedoch: Wie können die Vitalstoffe erhalten bleiben, wenn der Brotteig erhitzt wird? Einige Vitamine sind nicht besonders wärmeresistent. Vitamin B1 „stirbt“ ab 100 ° C. Es ist also eine kleine Diva. Aber, das Brot ist eine ganz tolle Erfindung der Menschen: Während des Backvorgangs bildet sich eine Kruste und diese schützt das Innere vor zu hohen Temperaturen. Wenn man beim Backen ein Bratenthermometer in das Brot stecken würde, würde man sehen, dass es im Innern immer unter 100 Grad bleibt und somit die meisten Vitamine erhalten bleiben. Teilnehmer:innen aus meinen Kursen haben das natürlich ausprobiert, um zu prüfen, ob Frau Ziegler recht hat. Und sie haben festgestellt, es stimmt!

Welche gesundheitlichen Vorteile bieten Ihre Vollkornbrote im Vergleich zu herkömmlichem Brot?
Viele, muss ich da sagen. In unserem Vollkornbrot aus frisch gemahlenem Vollgetreide sind viele Vitamine, Mineralien, essentielle Aminosäuren (Eiweiße) und Ballast- oder Faserstoffe zu finden. Ein richtiges Vollkornbrot hält den Menschen tatsächlich gesund und macht ihn auch sehr viel und länger satter. Warum? Die Blutzuckerkurve steigt deutlich gemäßigter an als bei der Verwertung von Auszugsmehlprodukten, in denen nur noch Stärke und Eiweiße enthalten sind. Der Insulinausstoß bleibt niedriger, d. h., die Bauchspeicheldrüse muss weniger arbeiten. Und was noch wichtiger ist: Auch der Abfall nach dem „High“ der Blutzuckerkurve fällt sehr viel geringer aus und das bedeutet, Sie bleiben länger satt.

Eine Kursteilnehmerin knetet mit den Händen einen Brotteilg

Bieten Sie glutenfreie Optionen an für Menschen mit Unverträglichkeiten? Wenn nein, welche Alternativen gibt es für sie?
Es ist schwierig, gesundheitlich wertvolle glutenfreie Brote zu backen. Am Gluten, dem Klebereiweiß, hängt letztendlich die Krume. Insofern biete ich keine Brote ohne Gluten an, sonst müsste ich mit sehr vielen Backzusätzen arbeiten. Es gibt heute über 1.000 Zusätze in der Backindustrie die benutzt werden, damit z. B. die glutenfreien Produkte dann doch aufgehen, aber das möchten wir natürlich als gesundheitsorientierte Menschen nicht machen. Wenn jemand Probleme mit Gluten hat, empfehle ich, sich dem Frischkorngericht zu nähern. Man kann auf die sogenannten Breigetreide zurückgreifen: Hafer, Gerste, Hirse. Oder man benutzt (z. B. bei Zöliakie) die Pseudogetreide Quinoa, Amaranth – oder noch besser – Buchweizen, weil er auch hier in Deutschland wächst.

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Zutaten und Lieferanten für Ihre „Bäckerei“ aus?
Ich sag mal so: Wir sitzen in Deutschland auf einer Insel der Glückseligen, weil wir wirklich noch die Möglichkeit haben, zu gutem (Bio-)Getreide zu kommen, und zwar in einer Sortenvielfalt, die es so im europäischen Ausland nicht mehr gibt. Man bekommt z. B. Einkorn, Emmer (Winteremmer, Schwarzer Emmer), Champagner-, Lichtkorn-, Waldstaudenroggen, Rotkorn- und Gelbmehlweizen, Kamut, aber natürlich auch Weich- und Hartweizen oder Roggen. Es gibt Landwirte, die all das noch anbauen, und das ist wirklich einzigartig in Deutschland.
Noch ein Wort zu Dinkel, weil viele Menschen gern damit backen. Dinkel gehört zur Weizenfamilie und enthält als Brotgetreide ebenfalls Gluten. Als ganzes Korn ist es allerdings oft nicht mehr keimfähig. Warum? Dinkel ist ein sogenanntes Spelzgetreide. Es hat eine nicht essbare Holzspelze, die nach der Ernte noch abgespalten werden muss. In den industriellen Verfahren wird dabei oft der Keimling beschädigt; die Keimfähigkeit und damit Vollwertigkeit ist dahin. Wer also mit Dinkel aus dem vollen Korn backen möchte, sollte in jedem Fall vorher eine Keimprobe machen.

Gibt es spezielle Brotsorten oder Rezepte, die besonders bei Ihren Kunden beliebt sind?
Ich kann von den Kursen der Volkshochschule sagen, dass Sauerteigbrot sehr beliebt ist. Sauerteigbrote sind bekömmlich, sehr lecker und ja, es macht einfach auch Spaß, sie herzustellen. Aber auch Hefebrote. Es gibt wunderbare Hefe-Rezepte mit Oliven oder Paprika zum Einbacken. Sie lassen sich schnell umsetzen – und am Ende haben Sie super leckere Brote.

Ein Kursteilnehmer schiebt den Brotteig in den Ofen

Warum dauern Ihre Brotbackkurse zwei Tage?
Weil ich den Menschen auch das Sauerteigbrot ans Herz lege und das braucht ein bisschen länger, eigentlich bis zu drei Gehtage, aber ich helfe ein bisschen nach (zwinkert). Wir beschäftigen uns mit Antworten auf viele Fragen: Was ist Sauerteig, wie stellt man ihn her, aus welchem Getreide wird er gemacht, was passiert überhaupt mit diesen Essigsäure- und Milchsäurebakterien, wann ist ein Sauerteig am besten, wie kann man den Sauerteig zu Hause gut aufbewahren, wie oft muss man backen? Außerdem gibt es zu Beginn einen Theorieteil, um zu erklären, was vitalstoffreich bedeutet, was der Unterschied zwischen dem alten Biogetreide und dem Industriegetreide ist und wie Ernährung und Gesundheit zusammenhängen. All das geht nur in einem Zwei-Tage-Kurs.

Welche Tipps haben Sie für Menschen, die zu Hause gesünderes Brot backen möchten?
Der erste Tipp, den ich gebe, hat drei Buchstaben: T U N. Tun, einfach tun. Ein gutes Vollkornbrot zu backen ist nicht schwierig, auch wenn man keine Mühle für das Mehl zu Hause hat. In den meisten Bioläden, in denen man Vollgetreide kaufen kann, kann man es mahlen lassen. Man kann auch Haushaltsmaschinen mit Mahlaufsätzen oder Schlagwerken benutzen, Schrot herstellen und daraus ein Schrotbrot backen. Hat man erst mal erkannt, wie schön und lecker so ein frisches Vollkornbrot ist, kann man eine Getreidemühle anschaffen. Die hält ein ganzes Leben lang. Wenn man mit Hefe backt, geht es auch ziemlich schnell. Im Kurs backen wir nach Rezepten, da ist das Brot innerhalb von einer Stunde fertig. Letztendlich kann jede:r Brot backen. Auf das Tun kommt es an! Und auf die Lust und die Liebe ;-)

Frau Ziegler, herzlichen Dank für das ausführliche Gespräch.