Eine möglichst genaue Kenntnis des Oberflächenabflusses und der Versickerung bzw. der Grundwasserneubildung ist Voraussetzung für eine wasserwirtschaftliche Planung und Bewirtschaftung der Wasserressourcen, die sich an den Grundsätzen der Nachhaltigkeit orientiert. Gerade im Berliner Raum, der im Vergleich zu anderen Ballungsräumen über nur begrenzte Wasserressourcen verfügt, die in einem deutlichen Missverhältnis zur Zahl der Einwohner und ihrem Trink- und Brauchwasserbedarf und dem damit verbundenen Abwasseranfall stehen, ist die Bilanzierung der Komponenten des Wasserhaushaltes von besonderer Bedeutung.
Darüber hinaus ist es
- für den Gewässerschutz wichtig, die anfallende Menge Oberflächenwasser abschätzen zu können, die in die Gewässer eingeleitet wird, da mit dem Niederschlagswasser erhebliche Schadstofffrachten in die Gewässer gelangen,
- für den Grundwasserschutz wichtig, über Kenntnisse zur Versickerungsfähigkeit der Böden zu verfügen, da der Stofftransport aus kontaminierten Böden zum großen Teil über das Sickerwasser erfolgt,
- für Naturschutz und Landschaftspflege wichtig, die Wasserverfügbarkeit für die Vegetation aus Grundwasserneubildung und kapillarem Wasseraufstieg aus dem Grundwasser abzuschätzen.
Das durch Niederschläge einem Gebiet zugeführte Wasser wird in Abhängigkeit von klimatologischen Bedingungen und anderen Gebietseigenschaften mit unterschiedlichen Anteilen in die Wasserhaushaltsgrößen Verdunstung, oberirdischer Abfluss (Oberflächenabfluss), unterirdischer Abfluss (Versickerung bzw. Grundwasserneubildung) und Wasservorratsänderung aufgeteilt. Der zunächst zu ermittelnde Parameter ist der Gesamtabfluss als Summe des ober- und unterirdischen Abflusses.
Nach der allgemeinen Wasserhaushaltsgleichung entspricht der Gesamtabfluss der Differenz aus Niederschlag minus realer Verdunstung. Die Verdunstung ist bei dieser Berechnung die entscheidende Größe, die unter natürlichen Verhältnissen hauptsächlich durch die Vegetation, die klimatischen Bedingungen und die Bodenverhältnisse bestimmt wird.
In einem Stadtgebiet ist die reale Verdunstung gegenüber dem Umland jedoch stark modifiziert. Durch Bebauung und Versiegelung ist die Verdunstung in der Stadt deutlich geringer als auf den mit Vegetation bestandenen Flächen. Während die Pflanzen durch ihr Blätterwerk ständig transpirieren, verdunstet von Bauwerken und versiegelten Flächen nur das wenige Wasser, das auf den Oberflächen nach dem Regen haften geblieben ist. Der Gesamtabfluss ist also in urbanen Gebieten deutlich höher als in vegetationsreichen Gebieten.
In Berlin werden seit einigen Jahren vermehrt Dachbegrünungen als ein Element der Regenwasserbewirtschaftung eingesetzt. Damit werden der Ablauf von Regenwasser reduziert und Verdunstungsflächen geschaffen. Um diesen Effekt in den Wasserhaushaltskarten des Umweltatlas zu berücksichtigen, fließen seit der Ausgabe 2019 die Gründächer Berlins (vgl. 06.11 Gründächer, Ausgabe 2017) in die Berechnungen ein.