Entsorgung von Regen- und Abwasser 2017

Einleitung

Durch Niederschläge und Abwässer aus privaten Haushalten, öffentlichen Einrichtungen, Industrie und Gewerbe und Abflüssen von öffentlichem Straßenland fallen in Berlin große Mengen Regen- und Abwasser an, die abgeleitet und ggf. gereinigt werden müssen. In den Klärwerken wurden 2017 pro Tag rund 717.000 m3 Abwasser aus Haushalten, Gewerbe und Industrie, öffentlichen Einrichtungen sowie Regenwasser aus Berlin und dem Umland behandelt. Diese Menge entspricht gut 8 m3/s und damit etwa 15 % des Abflusses der Unterhavel unterhalb Berlins bei mittlerer Wasserführung. Mit dem in Berlin anfallenden Abwasser könnte der Große Wannsee in drei Wochen gefüllt werden.

Zur Abwasserableitung steht ein von den Berliner Wasserbetrieben (BWB) unterhaltenes Kanalnetz von insgesamt 9.725 km Länge zur Verfügung. Es wurde nach zwei verschiedenen Systemen, dem Misch- und dem Trennsystem, angelegt und besteht aus 4.403 km Schmutzwasser-, 1.928 km Mischwasser-, und 3.324 km Regenwasserkanälen sowie zahlreichen Sonderkanälen und Sonderbauwerken wie Regenüberläufen, Regenbecken und Dükeranlagen. Das dort gesammelte Abwasser wird mit Hilfe von 163 Pumpwerken über ein 1.183 km langes Abwasserdruckrohrnetz den Klärwerken zugeführt (Abgeordnetenhaus Berlin 2015).

Die Mischwasserkanalisation entstand 1873 nach einem Entwurf von James Hobrecht und entwässerte das gesamte Stadtgebiet des damaligen Berlins. Die bis 1920 selbständigen Städte und Gemeinden um Berlin legten ihre Kanalisation dagegen hauptsächlich nach dem Trennsystem an. Nach der Eingemeindung wurden die Anlagen zum heutigen System zusammengefasst. Die Entwässerungsgebiete sind nach Flussläufen und Schifffahrtskanälen ausgerichtet und folgen den unterschiedlichen Höhenverhältnissen. Die Grenzen der Entwässerungsgebiete verlaufen unabhängig von den Stadtbezirksgrenzen. Etwa vier Fünftel der kanalisierten Gebiete in Berlin werden nach dem Trennsystem und ein Fünftel nach dem Mischsystem entwässert.

Trennsystem

Im Trennsystem werden Schmutzwasser und Regenwasser in zwei voneinander getrennten Kanalisationsnetzen abgeleitet. In den Schmutzwasserkanälen gelangt das häusliche, gewerbliche und industrielle Abwasser zu den Pumpwerken. Von hier wird es über Druckrohrleitungen zu den Klärwerken Ruhleben, Münchehofe, Schönerlinde, Waßmannsdorf, Wansdorf und Stahnsdorf geleitet. Das gereinigte Abwasser der Klärwerke wird in die Gewässer eingeleitet.

An den Pumpwerken existieren zumeist Notauslässe, über die bei technischen Defekten das Abwasser in die Vorfluter abgeleitet wird. Von den 72 Notauslässen führen 26 zur Spree, 2 zur Dahme, 19 zur Havel und 18 zum Teltowkanal; 5 führen zu stehenden Oberflächengewässern und 2 Notauslässe führen über Schmutzwasserkanäle zu anderen Pumpwerken. Die Notauslasstätigkeit ist von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich.

Tab. 1: Gereinigte Abwassermenge und Aufnahmegewässer der Großkläranlagen Berlins und des Umlands 2017

Tab. 1: Gereinigte Abwassermenge und Aufnahmegewässer der Großkläranlagen Berlins und des Umlands 2017

Die Regenwasserkanäle nehmen Niederschläge von versiegelten Flächen sowie Kühlwasser aus Betrieben und Wasser aus Entwässerungsgräben auf und leiten dieses direkt in kleinere oder größere Oberflächengewässer. Sehr große Stadtflächen entwässern in zum Teil sehr kleine Aufnahmegewässer. Insgesamt werden durch das Trennentwässerungssystem rund 48 Mio. m3 Regenwasser pro Jahr in die Gewässer eingeleitet (SenStadtUm 2013). Das Regenwasser aus der Trennkanalisation ist durch Staub, Luftschadstoffe, Abrieb der Straßendecke und der Autoreifen, Ölverluste, Laub, Exkremente von Tieren, Streugut im Winter usw. stark verunreinigt. Besonders in kleinen stehenden Gewässern und Kanälen mit relativ geringem Wasservolumen kommt es nach stärkeren Regenfällen immer wieder zu Fischsterben. Verantwortlich hierfür sind Zehrungsprozesse durch den sofort einsetzenden Abbau der eingeschwemmten organischen Stoffe und dem damit verbundenen Sauerstoffverbrauch. Um die Belastung der Gewässer zu reduzieren, werden an den Haupteinleitungsstellen Regenbecken und Retentionsbodenfilter zur Reinigung des Regenwassers errichtet. Bis 2018 konnten 24 Anlagen zur Regenwasserreinigung von den Wasserbetrieben in Betrieb genommen werden, außerdem wurden mehr als 10 weitere Anlagen an den Autobahnen errichtet.

Weiterhin existieren am Innenstadtrand einige Gebiete, die, ursprünglich mit Mischkanalisation ausgestattet, nachträglich mit einer Regenwasserkanalisation versehen wurden (modifiziertes Mischsystem). Das Regenwasser wird dort in die Regenüberlaufkanäle der Mischkanalisation eingeleitet.

Mischsystem

Dieses System entwässert nahezu vollständig die alten Stadtkerne von Berlin und Spandau sowie das Gebiet des Inneren S-Bahnringes. In der Mischwasserkanalisation werden häusliches, gewerbliches und industrielles Schmutzwasser sowie Regenwasser gemeinsam in einem Kanal gesammelt und zur nächsten Pumpstation geleitet. Von hier aus nimmt das Mischwasser in der Regel den gleichen Weg wie das Schmutzwasser der Trennkanalisation. Im Mischsystem befinden sich neben Regenentlastungsanlagen auch Stauraumkanäle und Regenüberlaufbecken, die bei Niederschlägen das Mischwasser speichern und zeitverzögert dem Klärwerk zuleiten. 2017 waren 18 solcher Anlagen in Betrieb. Bei kurzen Starkregenfällen sind sie in der Lage, das übergelaufene Mischwasser vollständig aufzufangen. Ausnahmen gibt es bei länger anhaltenden, intensiven Regenereignissen. Wenn das Wasser dann eine bestimmte Höhe in der Kanalisation erreicht, oder wenn die Pumpwerke das anfallende Wasser nicht mehr bewältigen können, fließt das Mischwasser, das bei Starkregen überwiegend aus Regenwasser besteht (Verhältnis Schmutz- zu Regenwasser ca. 1:9), über die Regenüberlaufkanäle ungereinigt in die Gewässer.

Mischwasserüberläufe sind witterungsabhängig. Die Jahresauswertungen zeigen, wie stark Mischwasserüberläufe schwanken. In dem Zeitraum 2007 bis 2017 schwankte die Anzahl der Tage mit registriertem Mischwasserüberlauf zwischen 33 und 60 Tagen pro Jahr und die Überlaufmenge zwischen 2,1 und 7,5 Mio. m3 pro Jahr.

Bei der Bewertung der Tage mit registriertem Mischwasserüberlauf ist zu beachten, dass Regenereignisse häufig lokal auftreten und daher Mischwasserüberläufe räumlich und zeitlich begrenzt sind.

Um die Umweltziele nach Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen sowie die Auflagen der wasserbehördlichen Erlaubnis für die Einleitung von Mischwasser in die Berliner Gewässer zu erfüllen, besteht ein Bauprogramm der BWB und des Senates zur Schaffung von insgesamt 300.000 m3 Stauraumkapazität (bisher gibt es etwa 235.000 m3 Speichervolumen) bis zum Jahr 2024 in der innerstädtischen Mischkanalisation. Dies wird Überlaufhäufigkeiten und –mengen von Mischwasser in das Berliner Gewässernetz deutlich verringern.

Gebiete ohne Regenwasserkanalisation

In den Außenbereichen der Stadt existieren Gebiete mit Schmutzwasserkanalisation, die aber nicht regenwasserkanalisiert sind. Das Regenwasser versickert in diesen Gebieten in den Untergrund.

Gebiete ohne Schmutzwasserkanalisation

Trotz erheblicher Anstrengungen der Berliner Wasserbetriebe sind noch nicht alle Siedlungsgebiete an die Schmutzwasserkanalisation angeschlossen. In den bebauten, aber nicht kanalisierten Siedlungsbebieten Berlins wird das Schmutzwasser in abflusslosen Sammelbehältern gesammelt und durch zugelassene Abfuhrunternehmen über die Klärwerke entsorgt.

Zur Dokumentation der Entwässerungssituation hinsichtlich der Ableitung von Regenwasser in die Gewässer wurde eine getrennte Karte erarbeitet, die die Einzugsgebiete der Regenwasserkanalisation zeigt (02.09.2). In dieser Karte ist jeder baulich genutzten und an die Regenwasserkanalisation angeschlossenen Fläche das Gewässer zugeordnet, in das das Regenwasser abgeleitet wird.